Renzo Piano
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Renzo Piano – Architekt des Lichts

Renzo Piano DVD
„Renzo Piano – Architekt des Lichts“ // Deutschland-Start: 4. April 2019 (Kino) // 15. November 2019 (DVD)

Die beste Architektur ist diese, welche nicht auffällt, aber dennoch unser Leben prägt. Im Bild der Öffentlichkeit erregen neue Bauvorhaben – man erinnere sich an die Diskussion rund um die Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 – immer wieder großes Unbehagen, erst recht, wenn sie stark in das Bild einer Stadt eingreifen. Der Schritt, vor allem die lange andauernden Baumaßnahmen, erscheinen alleine schon durch ihren anhaltenden Lärm eben jenes Vorurteil zu bestätigen, was sich bisweilen beruhigt, sobald eben jene neue Struktur sich in das Aussehen der Stadt eingegliedert hat. Darüber hinaus wird die Diskussion über solche Bauvorhaben oft zu einem Politikum, einer Betonung der Kluft zwischen Politik und Bürger, die in besonders heiklen Fällen den öffentlichen Diskurs vergiftet.

In seiner Dokumentation Renzo Piano – Architekt des Lichts begleitet der spanische Regisseur Carlos Saura (Argentina, Liebeszauber, Goya) die Entstehung eines solchen Projekts bis zur Fertigstellung. Hierbei handelt es sich um das Botín Center, welches am Hafen der spanischen Stadt Santander entstand und vom italienischen Architekten Renzo Piano geplant wurde. Dieser ist unter anderem der kreative Kopf hinter Bauten wie The Shard in London oder dem Centre Pompidou in Paris. Angefangen von ersten Presskonferenzen des Bürgermeisters sowie Vertretern der Baufirma und Renzo selbst bis zur Eröffnung gibt er Einblick in den Prozess der Planung und Durchführung eines solchen Projektes, aber auch die Philosophie eines Menschen wie Piano, an der er sich in seinem Schaffensprozess orientiert.

Öffentlichkeit und Kunst
Von der Anlage her verfolgt Saura mit seiner Dokumentation zwei Erzählstränge. Vor allem in den Interviews mit Piano und seinem Team versucht er die Frage des Zusammenhangs von Kunst und Gesellschaft zu erörtern, während der zweite Aspekt die administrative sowie die gesellschaftliche Ebene eines solchen Projekts am Beispiels des Botín Centers verfolgt. Durch Zusammenschnitte von Pressekonferenzen sowie Gesprächen mit Bürgern oder Vertretern der Stadt und der Baufirma versucht sich Saura an einem Gesamtbild eines solchen Projekts, was ihm nur zum Teil gelingt. Gerade die Berücksichtigung der Bedenken vieler Bürger, vertreten unter anderem durch den Kulturschutzverein Santanders, finden bestenfalls am Rande statt und erscheinen im Gesamtkontext des Films fast schon vernachlässigbar.

So bleiben am Ende viele der Aspekte, die Saura berührt, unbestimmt und abstrakt. Natürlich ist es nicht seine Aufgabe, alle Fragen des Zuschauers zu beantworten, wenn der Film jedoch sein zentrales Thema mit einer Art metaphorischem Achselzucken abfertigt, ist dies in der Tat sehr unbefriedigend.

Schönheit und die Besserung des Menschen
Der zentrale Charakter, Renzo Piano, erscheint im Film als eine Art Utopist. Ähnlich wie Friedrich Schiller, der an die moralische Besserung des Menschen durch die Kunst glaubte, ist Piano überzeugt von der Nachhaltigkeit der Architektur, deren Fähigkeit eines besseren, einen interessanteren und neugierigeren Menschen zu erschaffen, wie er es gegenüber Saura sagt. Piano ist Träumer aus Überzeugung: Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als an diesen Aspekt in seinem Schaffen zu glauben, gerade wenn sich das Endergebnis in einem öffentlichen Raum befindet.

Wenn Piano dann seine Arbeit anhand eines Modells erklärt, den Übergang von Grün- zu Betonflächen erläutert oder das notwendige Zusammenspiel von Licht und Meer, bekommt man eine Ahnung davon, was für eine Art Motor dieser Glaube für seine Arbeit ist. Wie aber bereits erwähnt, bleibt der Film eine essentielle Sichtweise, die der Bürger, welche nun tagtäglich das Botín Center sehen und dessen Anlagen nutzen schuldig. Das Schöne an einer Utopie ist bekanntlich, dass man sie nicht dem kalten Licht der Realität aussetzen muss, letztlich machen es die USA mit ihrem American Dream auch nicht. Vielleicht ist das auch besser so.



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„Renzo Piano – Architekt des Lichts“ ist eine solide Dokumentation über den Zusammenhang von Kunst und Leben, über Architektur und wie sie die Leben der Menschen berührt oder berühren kann. Carlos Sauras Film bleibt stets abstrakt und unbestimmt, schreckt vor der Überprüfung der Utopie eines Renzo Pianos zurück und feiert stattdessen lieber dessen Kunst. So bleibt dem Zuschauer nichts weiter übrig, als dieses Bauwerk am Schluss zu bewundern, aber begreifen kann man es deswegen immer noch nicht.