Castle Rock Stephen King
© 2018 Warner Bros.

Castle Rock – Staffel 1

Castle Rock Staffel 1
„Castle Rock – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 30. Oktober 2019 (DVD/Blu-ray)

Für die Einwohner von Castle Rock war der Schock groß: Dale Lacy, der frühere Leiter des Shawshank Gefängnisses hat Selbstmord begangen, ausgerechnet jetzt, als seine Pensionierung anstand. Doch der noch größere Schock wartet im Keller des Gefängnisses, wo bei einer Inspektion ein Mann (Bill Skarsgård) gefunden wird, eingesperrt in einen Käfig. Wer er ist, weiß kein Mensch, auch nicht, warum er alleine da unten war. Als der Fremde doch noch den Mund aufmacht, wird die Geschichte kein bisschen weniger rätselhaft, verlangt er doch nach Henry Matthew Deaver (André Holland). Der hat früher selbst in Castle Rock gelebt und arbeitet nun als Verteidiger für zum Tode verurteilte Verbrecher. Welche Verbindung könnte es zwischen den beiden geben? Und was hatte Lacy mit der ganzen Sache zu tun?

Seit dem enormen Erfolg von Es vor zwei Jahren gab es nicht gerade einen Mangel an Versuchen, von dem neuen Run auf Stephen King zu profitieren. On nun im Kino (Friedhof der Kuscheltiere, Doctor Sleeps Erwachen) oder auf Netflix (Im hohen Gras), dieses Jahr hat einige neue Filme gesehen, diverse weitere sind in der Mache. Aber auch im Bereich der Serien hat sich einiges getan. Mr. Mercedes ging dieses Jahr bereits in die dritte Runde, Creepshow setzte die Filme aus den 80ern fort, an Titeln wie The Stand wird bereits gearbeitet. Und vielleicht erleben wir doch noch die Serienfassung von The Dark Tower, die den enttäuschenden Film von 2017 vergessen machen soll.

Kennen wir uns nicht irgendwo her?
Einer der zuvor am meisten herbeigesehnten Titel dürfte jedoch Castle Rock gewesen sein. Anders als die obigen Kollegen, welche alle auf einem Roman, einer Reihe oder einer Novelle basierten, gibt es für diese Serie keine konkrete Vorlage. Vielmehr sollte hiermit eine Anthologie erschaffen werden, bei der jede Staffel eine eigenständige Geschichte erzählt, die lediglich Elemente aus King-Büchern verwendet. Eine Art Best of, wenn man so will. Anspielungen und Verweise gibt es hier dann auch einige, jedoch in einer recht moderaten Form. So werden Fans des King of Horror natürlich das Gefängnis wiedererkennen, das bereits in Die Verurteilten Schauplatz war. Die Figur des Alan Pangborn kennen wir aus Stark – The Dark Half und Needful Things. Gegen Ende gibt es auch eine Szene, die sehr an Shining erinnert.

Aber das sind alles mehr oder weniger Easter Eggs, anders als etwa beim Marvel Cinematic Universe braucht es diese Querverbindungen überhaupt nicht. Wobei auch die Geschichte, obwohl nicht von King geschrieben, klassisches King-Material ist. Wieder einmal geht in einer amerikanischen Kleinstadt etwas sehr seltsames vor. Es gibt viele Rätsel und übernatürliche Elemente, die mit einem alltäglichen Horror verbunden werden – Rassismus und Korruption zum Beispiel. Undurchsichtige Gestalten, die gleichzeitig unheimlich sind. Castle Rock ist ein Ort, der fernab der Realität ist und doch einiges über die Menschen zu sagen hat.

Also, das will ich jetzt schon genauer wissen …
Das ist ausgesprochen atmosphärisch, füttert das Publikum mit genügend mysteriösen Ereignissen, damit die Neugierde siegt. Die sind mal von integraler Wichtigkeit wie der eingesperrte Mann, den niemand kennt. Andere Elemente wie die telepathischen Fähigkeiten von Henrys Kindheitsfreundin Molly Strand (Melanie Lynskey) wirken hingegen eher etwas aufgesetzt. Leider ist Castle Rock zudem geschickter darin, diese Fragen auszuwerfen, als dafür befriedigende Antworten zu finden. Vor allem zum Ende hin muss es nach dem eher gemächlichen Tempo der Serie so schnell gehen, als würde man auch das Image Kings imitieren wollen, wonach der Autor nicht in der Lage ist, vernünftige Enden zu schreiben.

Aber auch wenn die Geschichte am Ende nicht alles hält, was sie verspricht, ein paar Punkte irgendwie mittendrin verschwinden, so gibt es doch mehr als genug, um zumindest King-Fans bei Laune zu halten. Die großen Schockmomente sollte jedoch niemand erwarten, es geht hier mehr um ein grundsätzliches Unwohlsein, weniger um blanken Horror. Das funktioniert gerade in den leisen Momenten gut. Bill Skarsgård, einem größeren Publikum als Killer-Clown Pennywise bekannt, lässt einen schon durch seinen durchdringenden Blick auf dem Sofa hin und her rutschen. Aber auch Leinwandlegende Sissy Spacek hat als demenzkranke Mutter Henrys einige Glanzauftritte, die sogar zu Herzen gehen. Bleibt nur zu hoffen, dass die in den USA bereits angelaufene zweite Staffel möglichst bald ihren Weg zu uns findet.



(Anzeige)

„Castle Rock“ mag auf keiner direkten Vorlage von Stephen King basieren, ahmt ihn aber so gut nach, dass man auch so gern vorbeischaut. Vor allem die gelungene Atmosphäre und diverse schauspielerische Glanzpunkte sorgen dafür, dass die Serie nicht nur für Fans sehenswert ist, selbst wenn die Geschichte nicht auf alle aufgeworfene Fragen eine passende Antwort hat.
7
von 10