Weitermachen Sanssouci
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Weitermachen Sanssouci

Weitermachen Sanssouci
„Weitermachen Sanssouci“ // Deutschland-Start: 24. Oktober 2019 (Kino) // 26. Juni 2020 (DVD)

Eigentlich waren sich alle einig. Fast alle zumindest. Die Erde ist eine Kugel, so haben es uns unsere Vorfahren gelehrt. Eigentlich ist sie aber mehr eine Kartoffel. Kein Wunder also, dass da so vieles nicht wirklich rund läuft, von wegen Klimakatastrophe und so. Aber wie sieht so ein Klimawandel eigentlich aus? Die Antwort soll eine Simulation von Brenda Berger (Sophie Rois) liefern, die das Institut für Kybernetik leitet. Helfen soll ihr dabei die Klimaforscherin Phoebe Phaidon (Sarah Ralfs), auch andere werden eingespannt. Dabei geht es um viel. Vielleicht nicht das Ende der Welt, dafür aber das Ende des Instituts, das schon seit Längerem im Raum steht. Und dann gibt es auch noch eine interne Konkurrenz, die plötzlich viel Aufmerksamkeit auf sich zieht …

Wenn die Gesellschaft etwas umtreibt, dann folgen über kurz oder lang auch irgendwelche Filme, die diese Themen aufgreifen. Eine Zeit lang gab es kein Entkommen vor Werken, die sich mit der Flüchtlingsproblematik auseinandersetzen, sei es im fiktiven oder dem dokumentarischen. Das nächste große Thema müsste da eigentlich der Klimawandel oder der Klimaschutz sein. Schließlich übertreffen sich die großen Parteien mit Versprechungen, die Grünen sind plötzlich Volkspartei, eine unscheinbare Teenagerin aus Schweden wird zur Medienikone. Das muss man doch irgendwie auch im Kino nutzen können? Sieht man aber einmal von diversen Katastrophenszenarios ab, die es in dem Bereich schon immer gegeben hat, ist da bislang aber wenig zu holen.

Komischer Quasi-Klimawandel
Mit Weitermachen Sanssouci kommt nun tatsächlich mal eine Komödie daher, die sich in diesem thematischen Umfeld aufhält. Wobei es den Klimawandel hier nur als Simulation gibt. Oder geben sollte, wenn das denn alles mal funktionieren würde. Tut es aber nicht, wie so vieles an der Berliner Uni nicht funktioniert. Regisseur und Co-Autor Max Linz befasst sich dann auch weniger mit dem Klima an sich. Phaidon mag darüber forschen. Wichtiger ist der Uni aber, dass das Ganze auch irgendwie Geld bringt. Relevant sind nicht die Themen, sondern der Ertrag, das oberste Ziel ist es, irgendwelche Investoren zu überzeugen, möglichst einzusteigen und das Projekt zu finanzieren.

Zu diesem Zweck darf dann auch eine Unternehmensberaterin mitreden und die üblichen Floskeln herumwedeln. Forschung ist ja nett. Das ist dann natürlich etwas übertrieben, soll es auch sein. Weitermachen Sanssouci versteht sich in erster Linie als Satire auf den Universitätsbetrieb, der zunehmend kommerziellen Zwängen unterworfen ist. Dass eine rein zweckgebundene Lehre mindestens fragwürdig ist, das dürfte den meisten klar sein. Und falls es doch noch Zweifel gibt, so sind die hier nach anderthalb Stunden ausgeräumt. Der Versuch der Wissenschaftler und Angestellten, ihre Themen mit Gewinn zu verkaufen, der ist ebenso vergeblich wie komisch, ein Scheitern auf mehreren Ebenen.

Ist das euer Ernst?
Linz wählt hierfür den Weg des Absurden. Schon nach wenigen Minuten wird das Geschehen so wirr, dass man sich fragt, inwiefern diese Leute tatsächlich die geistige Elite des Landes sein können. Jeder macht irgendwie was, ohne es genauer zu wissen, Nachdenken wird kritisch hinterfragt, dafür die Idiotie lauthals besungen. Das ist sicherlich nicht der feinsinnigste Humor, der da zum Einsatz kommen. Einem Stiftungsprofessor den Namen Alfons Abstract-Wege, das ist ebenso dreist wie die grenzdebile Nudging-Bewegung, die auf einmal alles durcheinanderbringt. Das Absonderliche wird hier nicht einfach angedeutet oder irgendwo hineingeschmuggelt, sondern mit einem dicken Hammer ins Publikum geprügelt.

Das ist manchmal etwas anstrengend, von verwirrend ganz zu schweigen, der Beitrag der Berlinale 2019 fordert viel Aufmerksamkeit, um dem Nichts in die labyrinthartigen Gänge der Universität zu folgen. Gänge, in denen man sehr viel findet und trotzdem ein bisschen ärmer wieder herauskommt. Zumindest ärmer an Hoffnung, denn ein Ausweg aus dem irren Treiben scheint es keinen zu geben. Es gibt auch zu wenig Leute, die dagegen ankämpfen würden. Wie im Titel angedeutet, heißt es bei Weitermachen Sanssouci einfach weitermachen, irgendwie, irgendwo, am Ende wird schon jemand wissen, wofür es gut war. Oder auch nicht gut war. Denn dafür haben wir Konsortien und Unternehmensberater, Meta-Forscher, die das Wesentliche im Auge haben, selbst wenn keiner genau sagen kann, was das war.



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In „Weitermachen Sanssouci“ folgen wir einem Institut an einer Uni, das durch Simulationen neues Geld holen will, aber auf keinen grünen Zweig kommt. Der Film ist dabei absurde Satire auf die von Finanzinteressen geprägte Wissenschaft, die schon gar nicht mehr weiß, was sie da tut und wozu das alles gut sein soll.
6
von 10