Cold Blood Legacy
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Cold Blood Legacy

Cold Blood Legacy
„Cold Blood Legacy“ // Deutschland-Start: 18. Oktober 2019 (DVD/Blu-ray)

Der ehemalige Auftragskiller Henry (Jean Reno) ist im Ruhestand. Diesen genießt er alleine und weitab der Zivilisation in einer Waldhütte. Begeistert ist er deshalb nicht gerade, als er eines Tages beinahe wortwörtlich über Melody (Sarah Lind) stolpert – die junge Frau liegt nach einem Unfall schwerstverletzt im Schnee. Henry nimmt sie widerwillig bei sich auf und pflegt sie gesund. Bald schon allerdings wird äußerst fraglich, ob das Zusammentreffen wirklich reiner Zufall war …

Cold Blood Legacy ist ein Film, der es Kritikern überaus leicht macht, ihn zu verreißen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es sich hier im Grunde um eine uninspirierte (oder anders betrachtet überaus inspirierte) Mischung aus Léon – Der Profi und Polar handelt. Auch wenn einige Parallelen zu letzterem Film unübersehbar sind, scheint Regiedebütant Frédéric Petitjean mit seinem dritten Drehbuch hauptsächlich auf den Spuren von Luc Besson wandeln zu wollen.

Ein alter Bekannter
Reno als Auftragskiller – das dürften auch Gelegenheitszuschauer beinahe instinktiv mit Léon verbinden. Die Besson-„Hommage“ endet aber nicht bei Hauptrolle oder Skript, Petitjean hat die Verantwortung der Bildgestaltung in die Hände von Thierry Arbogast gelegt – Bessons Haus- und Hofkameramann (u.a. Nikita, Das fünfte Element, Lucy, Valerian – Die Stadt der tausend Planeten). Sonderlich originell ist also kaum etwas an Cold Blood Legacy. Für ein Erstlingswerk ist es jedoch keine schlechte Idee, sich in sicheren Gewässern zu bewegen, bevor zu neuen Ufern aufgebrochen wird. Das Skript von Cold Blood Legacy krankt aber leider an mehr als nur mangelnder Originalität. Die Twists, die es bereithält, sind alles andere als überraschend. Wer mehr als fünf Filme in seinem Leben gesehen hat, wird sich den Ausgang bereits nach fünfzig bis sechzig Minuten vollends ausgemalt haben.

Schlimmer sind allerdings die Ungereimtheiten. Das fängt schon damit an, dass Reno sich nach seinem letzten Auftrag tief in einen einsamen Wald zurückzieht, wohl um dort in einer Hütte seinen Lebensabend zu verbringen. Henrys pekuniäre Belohnung wirft die Frage auf, wieso er die Abgeschiedenheit wählt, wenn er bis zum Ende aller Tage in irgendeinem Luxusresort verweilen könnte. Wenn er sich aus derlei Tand allerdings nichts macht und die Wildnis vorzieht, wieso dann überhaupt noch einen Auftrag annehmen? Mit dem Geld kann er in seiner Hütte rein gar nichts anfangen. Das mag zuerst wie ein vernachlässigbares Detail erscheinen, aber würde er nicht im Wald leben, wäre die ganze Geschichte nicht zustandegekommen, weshalb dieser Punkt störend ins Gewicht fällt. Er hätte gänzlich vermieden werden können, wenn die Belohnung schlicht nicht gezeigt worden wäre.

Die Stärke der Einfachheit
Die Einführung von Renos Charakter ist dafür gelungen. Aber machen wir uns nichts vor: Reno würde man den eiskalten Serienkiller auch abnehmen, wenn er mysteriös in der Ecke stünde und gar nichts täte. Durch die Ausführung seines letzten Auftrags werden dem Zuschauer jedoch die wichtigsten Charaktereigenschaften vor Augen geführt, Henry ist bedacht und geht methodisch vor. Wenn es nicht gerade darum ginge, ein Menschenleben auszulöschen, könnte man sein Vorgehen eventuell sogar wunderschön nennen. Simpel und effektiv, wie es von einer intelligenten Person zu erwarten ist. Zu oft führen vorgeblich clevere Charaktere, die von nicht so cleveren Schreibern erschaffen wurden, überkomplexe und teilweise absurde Pläne aus, um ihr Ziel zu erreichen, wenn es auch viel schneller, einfacher und schlauer ginge.

Reno ist dann auch eines der stärksten Argumente, die der Film ins Feld führen kann. Die stoische Art, die er an den Tag legt, wird sich eher von seiner Lustlosigkeit ableiten (denn so richtig Spaß scheint ihm das Projekt nicht gemacht zu haben), passt allerdings hervorragend zum Charakter. Reno ist zudem einer dieser Schauspieler, die noch auf Stand-by besser sind als so manch anderer Kollege, der sich alle Mühe gibt. Das zweite und leider schon letzte starke Argument für den Film ist die Kameraarbeit Arbogasts, dem die verschneiten Landschaften zugutekommen und die er hervorragend in Szene zu setzen weiß.



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„Cold Blood Legacy“ kann als akzeptables Regiedebüt durchgewunken werden, eine Sichtung lässt sich allerdings nur durch Jean Reno und die hervorragenden Bilder rechtfertigen. Bisweilen vermögen diese sogar über den unausgearbeiteten Plot hinwegzutäuschen, scheitern aber häufiger an dieser Aufgabe.
5
von 10