All the Gods in the Sky Tous les dieux du ciel
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All the Gods in the Sky

All the Gods in the Sky Tous les dieux du ciel
„All the Gods in the Sky“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Sie hatten nur ein wenig mit der Waffe des Vaters spielen wollen, so wie Kinder nun mal sind. Doch dann ging ein Schuss los, der das Leben der beiden für immer verändern wird. Inzwischen sind sie erwachsen, die Eltern sind schon lange gestorben. Nun liegt es daher an Simon (Jean-Luc Couchard), sich um seine bettlägerige und entstellte Schwester Estelle (Melanie Gaydos) zu kümmern. Das tut er, so gut er es kann, so gut es seine psychischen Probleme auch zulassen oder auch seine begrenzten finanziellen Mittel. Aber bald hat er das ja hinter sich, denn schon seit Langem arbeitet er darauf hin, dass er und Estelle von ihrem Schicksal erlöst werden – mit ein bisschen Hilfe von oben …

Bevor das Screening von All the Gods in the Sky beim Fantasy Filmfest 2019 begann, sprach Regisseur und Drehbuchautor Quarxx in einem Video davon, dass man seinen Film entweder lieben oder hassen wird. Dass er überhaupt kein Interesse daran hat, irgendwo dazwischen zu landen. Dieser Gegensatz ist meistens ein wenig bemüht. Viele basteln sich da eine kleine Kontroverse zurecht, um irgendwie aus dem Meer der Mittelmäßigkeit hervorzustechen und sich den Hauch des Besonderen zu geben. Der Einspieler weckt daher vielleicht nicht die größten Erwartungen. Und auch wenn die Einschätzung der zwangsläufig starken Emotionen, die er für sich in Anspruch nimmt, vielleicht etwas übertrieben sind, kalt lässt einen sein Film sicher nicht.

Verloren zwischen den Genres
Wobei zunächst ja ein bisschen Verwirrung die häufigste Reaktion sein dürfte. Was genau ist All the Gods in the Sky eigentlich? Welche Geschichte wird da erzählt? Dass der Film es einem nicht ganz leicht macht, einen klaren Kopf zu bewahren, liegt auch an den zahlreichen Genre-Versatzstücken. Da wird viel mit Science-Fiction-Elementen gearbeitet, wenn Simon fest von der Existenz von Außerirdischen überzeugt ist. An manchen Stellen meint man, einen Thriller vor sich zu haben, wenn unterschwellig immer das Gefühl einer Bedrohung mitschwingt. Selbst Horror wäre nicht verkehrt, vor allem in den doch äußerst surrealen Momenten, die immer wieder eingebaut werden.

Doch trotz angeblicher Götter, die der Titel impliziert, oder außerirdischer Besucher, von denen geträumt wird: Die Geschichte selbst äußerst bodenständig. Und sie ist sehr traurig. Im Mittelpunkt steht das Geschwisterpaar, das durch einen unachtsamen Moment in der Kindheit für immer aneinandergeschweißt wurde und ein sehr eigenartiges Verhältnis pflegt. Zärtlichkeit und Abscheu scheinen dort Hand in Hand zu gehen, unbedingte Opferungsbereitschaft, aber auch eine unheimliche Abhängigkeit. Die stärksten Momente sind dann auch nicht die, wenn die Hölle loszubrechen droht, sondern wenn es nur die beiden gibt. Denn auch das ist schon schlimm genug.

Und wozu war das jetzt?
All the Gods in the Sky bewegt sich dabei oft an der Grenze zur Zumutung, im positiven wie im negativen Sinn. So fordert der Film doch ziemlich viel Geduld, wenn über lange Zeit zwar mit ominösen Zeichen und finsteren Gefühlen gespielt wird, dabei aber nichts Konkretes rausspringt. Es ist noch nicht einmal so, dass das unbedingt alles immer auf etwas hinauslaufen würde. Einige Themen und Figuren lässt Quarxx mittendrin einfach fallen, was recht frustrierend ist, zumal der Film mit 110 Minuten nicht gerade kurz ist. Wenn dann nicht alles auf befriedigende Weise einen Abschluss findet, ist das schon etwas ärgerlich. Dass das hier ein Debütfilm ist, merkt man an manchen holprigen Stellen dann schon.

Aber es ist eben auch ein bemerkenswerter Debütfilm, der streckenweise fasziniert, mal erschreckt und manchmal nur todtraurig ist. Der auch fantastisch besetzt ist. Melanie Gaydos genießt bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad, da die mit einem seltenen Gendefekt geborene US-Amerikanerin als Model Erfolge feierte. Ihr gelingt auch eine punktuell intensive Darstellung, obwohl das Drehbuch ihr nur wenig Entfaltungsspielraum lässt. Doch der Film gehört über weite Teile ohnehin Jean-Luc Couchard, der sich als gequälter und traumatisierter Bruder ins Gedächtnis spielt und dort so bald nicht wieder herauskommen wird. Die Geschichte eines Mannes, der aufgrund eines einschneidenden Erlebnisses aus der Gesellschaft gefallen ist und dem jetzt der Zugang zum Menschlichen fehlt, ist ebenso brutal wie tragisch und irgendwie sehenswert, selbst wenn man nicht genau sagen kann, ob man das nun hat sehen wollen oder nicht.



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In „All the Gods in the Sky“ lernen wir einen Mann kennen, der sich um seine bettlägerige, entstellte Schwester kümmern muss. Das ist trotz Sci-Fi- und Horroranleihen in erster Linie ein Drama, das fasziniert und bewegt, teilweise aber auch frustriert, wenn vieles hier auf der Stelle tritt, ziellos umherirrt und manchmal auch einfach fallengelassen wird.
7
von 10