Esto no es Berlín This Is Not Berlin
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This Is Not Berlin

Esto no es Berlín This Is Not Berlin
„This Is Not Berlin“ // Deutschland-Start: 27. Februar 2020 (Kino)

Der 17 Jahre alte Carlos (Xabiani Ponce de León) lebt in Mexiko City, wo er nicht weiß, wohin er gehört. Seine Familie ist ihm zuwider und auch mit den Freunden in der Schule, die mehr auf Schlägereien aus sind, kann er sich nur schwer identifizieren. Mit Gera (José Antonio Toledano), seinem besten Freund, versucht er sich dennoch die Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Sein Onkel Esteban (Hari Sama) versucht derweil Carlos davon zu überzeugen, ebenfalls Automechaniker zu werden. So seine Zukunft bereits zu besiegeln. Wie es der Zufall will, kann er mit bereits erlerntem technischem Verständnis der Band von Geras Schwester Rita (Ximena Romo) aushelfen, indem er deren Synthesizer repariert. Als Dank werden die beiden Jugendlichen einen Abend mit in den Nachtclub Azteka mitgenommen. Und der übt eine ungeahnte Faszination auf die Jungs aus und wird ihr Leben und Weltanschauung noch gewaltig umkrempeln.

Die Achtziger gelten als ein Jahrzehnt, in der sich die Jugend neu entdeckt, rebelliert. Punk, Elektro und Anarchie ziehen ein in eine Generation, die sich dem Alten entledigt und sich komplett neu erfinden will. Diese Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs beeinflusst auch maßgeblich die sich neu bildende Kunstszene. In Berlin entstand dabei eine regelrechte Subkultur in heimischen Kellern, mit schrillen Partys und viel Punk und neuer elektronischer Musik.

Ausflug in die eigene Vergangenheit
Dass This Is Not Berlin aber, wie der Title bereits vorweg nimmt, gar nicht in der deutschen Hauptstadt spielt, lässt sich musikalisch und optisch zunächst nicht unbedingt erahnen. Denn wenn uns allzu vertraute Musik aus dem Auto entgegen schallt, wird es doch irgendwie schnell nostalgisch. Dass  Regisseur Hari Sama mit diesem Film ein ziemlich authentisches Abbild der damaligen Punkszene in Mexiko City erschafft, liegt maßgeblich daran, dass das Werk zum größten Teil autobiografisch ist. Er bedient sich dabei an Bildern, die auch immer wieder für die Berliner Szene beschrieben werden. Dunkle Keller, in denen die Punk und Wave Partys steigen. Bands die sich in der neu entdeckten Musik ausprobieren oder wo auf dem Hinterhof auch schon mal ein Auto zertrümmert wird zum Zwecke der Darstellenden Kunst.

Auf den Weg der Selbst- und Neuerfindung schickt Sama seine beiden Hauptdarsteller Carlos und Gera. Vornehmlich Carlos ist derjenige, der nicht weiß, wo er hingehört. Aufgewachsen in einer konservativen, aber zerbrochenen Familie  sucht er nach Zugehörigkeit und letztendlich aber auch sich selbst. Wer will er sein, wer kann er sein? Schnell wird der Club Azteka in Mexiko City zu seiner Anlaufstelle. Die scheinbare Freiheit, die alle dort zelebrieren und dabei aber auch mit ihrer Kunst gegen das System rebellieren, übt auf Carlos eine faszinierende Anziehungskraft aus und erscheint ihm als echte Alternative zu dem Leben in dem er gerade feststeckt. Und damit wird aus dem Drama This Is Not Berlin mal eben auch ein schöner Coming-of-Age Film.

Xabiani Ponce de León, der zum ersten Mal in einem Langfilm zu sehen ist, porträtiert den charakterlichen Werdegang des Carlos unglaublich überzeugend. Ist er anfangs noch zurückhaltend, fast schüchtern und unscheinbar, so entwickelt er sich im Laufe des Films zu einem selbstbewussten, coolen jungen Mann mit voller Neugier auf das Leben. Ganz unschuldig an dieser Veränderung ist sein bester Freund Gera nicht, schließlich war es der, ebenso fasziniert von der gesellschaftlichen Mischung, Carlos nochmal überreden konnte, den Club zu besuchen. Entgegen Carlos ist Gera aber eher davon angetan, dass sich hier alles tummelt, ob hetero oder schwul – auch das darf alles und eröffnet ebenfalls eine ganz neue Perspektive für den Jugendlichen.

Gelungene Bilder und Musik
Aber auch unabhängig von den tollen Charakteren, die Sama hier spielen lässt, hat er ein gutes Auge für Ästhetik und fängt zum einen das Gefühl vom Suchen und Verloren sein mit ruhigen Farben ein. Sobald Carlos seinen Weg zu finden scheint, nähert sich die Kamera immer öfter dem Jungen und Schwarz wird oft zur starken, rebellischen Farbe.

Auch erweist sich die Musikauswahl als gelungenes Merkmal. So sind die Songs nie zu dominant, bilden aber mit dem Songtext eine hervorragende Ergänzung zu den jeweiligen Situationen, in denen sie eingesetzt werden und sorgen regelrecht für eine vertraute Atmosphäre. Sei es nun ob man damit an eigene Erfahrungen erinnert wird oder einfach nur das bunte Berlin wiedererkennt, das irgendwie immer noch ein wenig für den Punk steht und die Rebellion, nicht das sein zu wollen, was andere von einem erwarten.



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„This is not Berlin“ ist ein gelungener Mix aus Drama und Coming-of-Age Film, der nicht nur nostalgisch auf die 80er zurückblickt, sondern auch viel Wiedererkennungswert in den Charakteren bietet. Herausragende Jungdarsteller kombiniert mit viel Feingefühl für die Gestaltung machen den Film durchaus sehenswert.
7
von 10