Draussen in meinem Kopf
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Draußen in meinem Kopf

Draussen in meinem Kopf DVD
„Draußen in meinem Kopf“ // Deutschland-Start: 26. April 2019 (Kino) // 26. Oktober 2019 (DVD)

Voller Enthusiasmus startet Christoph (Nils Hohenhövel) in sein Freiwilliges Soziales Jahr, schließlich will er den Menschen helfen! Dumm nur, wenn die das gar nicht wollen. So zumindest ergeht es ihm, als er dem 28-jährigen Sven (Samuel Koch) zugeteilt wird. Der leidet an Muskeldystrophie und wird nicht mehr lange leben, so die Prognose der Ärzte. Und er lässt Christoph vom ersten Moment an spüren, dass er nicht willkommen ist. Doch nach und nach nähern sich die beiden jungen Männer an, öffnen sich einander und werden mit der Zeit gute Freunde – während die Zeit Sven immer schneller davonläuft.

Ein querschnittsgelähmter Mann ohne großen Lebenswillen bekommt einen neuen Pfleger, der nach einer schwierigen Anfangszeit zu seinem besten Freund wird, da werden schnell Erinnerungen an Ziemlich beste Freunde war. Mit dem französischen Sensationserfolg hat die deutsche Produktion Draußen in meinem Kopf jedoch wenig zu tun, trotz einer vergleichbaren Situation und des Verweises auf eine zugrundeliegende wahre Geschichte. Denn im Gegensatz zu dem Kollegen will dieses Drama hier keine Wohlfühlunterhaltung bieten, setzt mehr auf die Figuren als auf lustige Situationen.

Kaputt und besonders
Ganz ohne Humor ist der Film nicht. Das liegt aber mehr an Sven, der sich gerne ein wenig hinter Galgenhumor versteckt, dafür bei anderen kein sonderliches Distanzgefühl an den Tag liegt. Er löchert Christoph aus, will alles über diese Welt da draußen erfahren, die ihm selbst verwehrt bleibt. Was in ihm selbst vorgeht, das verweigert er jedoch den anderen. Zumindest in der Hinsicht ähnelt er seinem neuen Pfleger, der ebenfalls einiges in sich herumträgt, was nicht nach außen dringen soll. Im Gegensatz zum recht offensiven Bettlägerigen gerät Christoph jedoch schnell in die Defensive, ist so eingeschüchtert, dass selbst der Gang zum Getränkeautomaten zu einem Abenteuer wird.

Aus diesen beiden Figuren, die auf den ersten Blick so wenig gemeinsam haben, beide aber auf ihre Weise gebrochen sind, bastelte Regisseurin und Co-Autorin Eibe Maleen Krebs ein sehr intensives Drama über eine besondere Freundschaft. Es ist eine Freundschaft, die sich aus naheliegenden Gründen nicht an gemeinsamen Aktivitäten aufhängt – nicht einmal der Musikgeschmack ist ähnlich. Auch bei den Gesprächen scheinen sie nie auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, leben in zu unterschiedlichen Welten. Warum die beiden Freunde werden, lässt sich daher nur erahnen, vieles spielt sich hier im Nicht-Verbalen ab.

Das Geheimnis einer Freundschaft
Insgesamt ist Draußen in meinem Kopf, das beim Max Ophüls Preis 2018 Premiere hatte, eine sehr elliptische Angelegenheit. Der Film besteht aus vielen Einzelszenen, die zwar chronologisch aufeinander aufbauen, jedoch nicht zwangsweise inhaltlich. Nur selten wird auf etwas Bezug genommen, das vorher geschehen ist. Es gibt auch keine eindeutige Entwicklung, vielmehr springen sowohl die Geschichte wie auch die Beziehungen unter den Figuren mitunter ziemlich hin und her. Was im einen Moment noch wichtig erscheint und Teil eines Handlungsstrangs werden könnte, ist im nächsten schon wieder vergessen. Diese inhaltliche wie emotionale Wankelmütigkeit machen das Drama etwas schwerer zugänglich, umso mehr, da es nahezu die gesamte Zeit über immer im selben Zimmer spielt. Ein Massenpublikum zieht man auf diese Weise nicht an.

Aber das wollte Krebs mit ihrem Spielfilmdebüt vermutlich auch gar nicht. Gemeinsam mit Kamerafrau Judith Kaufmann (Nur eine Frau, Der Junge muss an die frische Luft) hat sie einen eindrücklichen Film geschaffen, der sehr viel mit Distanz und Nähe spielt. Das beengende Zimmer, aus dem es kein Entkommen gibt, dabei die Sehnsucht nach einem woanders, einem anderen Leben. Immer wieder rückt das Drama den Figuren auf die Pelle, sucht auch andere Perspektiven, im Zimmer, bei den Menschen. Selbst wenn sich Draußen in meinem Kopf manchmal wie ein Theaterstück anfühlt – und anhört –, rein optisch ist doch erstaunlich viel Abwechslung drin. Da auch das Hauptdarstellerduo überzeugend mitspielt und viele Zwischentöne in die Sprachlosigkeit packt, ist der Film allen zu empfehlen, die sich gerne mit komplexen und manchmal schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen auseinandersetzen.



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„Draußen in meinem Kopf“ erzählt die Geschichte von einem Querschnittsgelähmten, der sich nach einem schwierigen Einstieg mit einem jungen Mann im Freiwilligen Sozialen Jahr anfreundet. Der Film spielt knapp anderthalb Stunden nur in einem Zimmer, was auch dazu beiträgt, dass diese etwas andere Freundschaft ein ganz eigenes Verhältnis von Nähe und Distanz aufbaut und vieles nur unterschwellig erzählt.
7
von 10