Memories of Murder

Memories of Murder

Memories of Murder
„Memories of Murder“ // Deutschland-Start: 23. Juni 2004 (Kino) // 30. Januar 2006 (DVD)

Eigentlich war es hier immer sehr ruhig gewesen, bis auf ein paar kleinere Zwischenfälle hatte die Polizei nie wirklich viel zu tun. Umso größer ist der Schock, als in einem Feld eine Frau gefunden wird, die zuerst vergewaltigt und anschließend ermordet wurde. Doo-man Park (Kang-ho Song) und Yong-koo Cho (Roi-ha Kim), die gemeinsam an dem Fall ermitteln, sind dann auch schnell am Ende mit ihrer Weisheit – obwohl sie keinerlei Skrupel dabei haben, Geständnisse aus ihren Verdächtigen zu prügeln. Und so wird den beiden der erfahrenere Seouler Kollege Tae-yoon Seo (Sang-kyung Kim) zur Seite gestellt. Doch trotz der Verstärkung kommen die Ermittlungen nur mühsam voran, der Druck auf die Polizei wird immer höher – zumal es nicht bei dieser einen Leiche bleibt.

Sein Debütfilm Hunde, die bellen, beißen nicht über einen hundemordenden Dozenten wurde zwar recht wohlwollend von den Kritikern aufgenommen. Doch es sollte erst der zweite Film sein, mit dem sich Joon-ho Bong bei einem größeren Publikum einen Namen machte. Mehr als fünf Millionen Besucher lockte Memories of Murder seinerzeit in die südkoreanischen Kinos, kein anderer Film schaffte 2003 mehr. Aber auch international machte die Geschichte um zwei Polizisten, die auf der Jagd nach einem rätselhaften Killer sind, von sich reden, genießt bei vielen Kultstatus.

Ein bisschen Spaß muss sein
Dabei ist der Film eigentlich so gar kein Crowdpleaser. Er hält sich auch nicht an die Regeln, die Genrebeiträge normalerweise zu erfüllen haben. Wie wir es bei den späteren Werken von Bong noch viel häufiger sehen durften, so bricht auch Memories of Murder immer wieder mit Traditionen, durchbricht Genregrenzen, als hätte es sie nie gegeben. Vor allem die Neigung des Südkoreaners, komische Momente einzubauen, wurde zu einem Markenzeichen. So ist gerade Park anfangs nicht mehr als eine Witzfigur, die mit kuriosen Methoden und einem durch nichts gerechtfertigten Selbstbewusstsein durch den Fall stolpert. An anderen Stellen bleibt einem das Lachen aber auch schon mal im Halse stecken, denn der Humor kann hier schon schwarz sein. Sehr schwarz.

Das bringt einen immer wieder aus der Fassung und passt doch zu einem Film, der sich gerne ein wenig in den Abgründen suhlt. Gut und Böse sind hier nur schwer voneinander zu unterscheiden. Wir sind an Polizisten gekettet, die leicht zu verabscheuen sind, und doch unsere einzige Hoffnung, den Täter zu fassen. Anfeuern oder nicht, das ist hier die Frage. Und natürlich ist auch das Drumherum schön duster gehalten. Viele Szenen spielen nachts, gern auch bei Regen. Selbst wenn wir drinnen sind, im Warmen, freundlich wird es dabei nie. So als hätte jemand sämtliche Farbe und Freude herausgenommen, aus den Menschen, aus den Gebäuden, aus der Natur.

Universell und doch sehr speziell
Nun sind düstere Filme keine alleinige Spezialität der Südkoreaner. Auch Filmemacher aus anderen Bereichen der Welt lassen uns schnell mal den Glauben an die Menschheit verlieren. Was Memories of Murder jedoch von vergleichbaren Werken unterscheidet, ist die Verankerung in einer sehr spezifischen Zeit des fernöstlichen Landes. 1986, als die dem Film zugrundeliegende Mordserie begann, war Südkorea noch von der Militärdiktatur bestimmt. Und diese Stimmung, der Druck von oben, die Annahme, alles ließe sich erzwingen, die ist hier allgegenwärtig – obwohl der Film rund 15 Jahre nach dem Ende der Diktatur gedreht wurde.

Das Ergebnis ist ein sehr ungewöhnlicher Krimi, ein manchmal auch frustrierender obendrein. Gerade weil die Polizisten an der eigenen Inkompetenz und anderen störenden Faktoren scheitern, kommen die Ermittlungen nie wirklich in Gang. Manchmal gibt es plötzliche Erleuchtungen, wodurch wieder etwas Schwung in die Sache kommt. Oft dreht sich das alles aber ziemlich im Kreis, was in Kombination mit dem gemächlichen Tempo Memories of Murder zu einem kleinen Geduldsspiel macht. Bongs Hit ist kein Film, den man sich anschaut, um selbst mitzurätseln oder weil man sich eine überraschende Auflösung erhofft. Überraschend ist das Ende sicherlich, aber nicht auf die Weise, die man vorher erwarten dürfte. Spannung wird hier nicht dadurch generiert, dass so viel geschieht, sondern weil man sich einen Ausweg aus der bedrückenden Situation erhofft. Aber selbst wenn dieser auf sich warten lässt, die dichte Atmosphäre und der starke Fokus auf die ermittelnden Polizisten entschädigen für so manchen Tiefschlag.



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„Memories of Murder“ beginnt wie ein herkömmlicher Krimi, geht später aber ganz eigene Wege. Die verzweifelte Suche nach einem Mörder geht einher mit einem Zeitporträt des Südkoreas während der Militärdiktatur, die bedrückende, unheilvolle Stimmung wird durch Humor immer wieder durchbrochen. Das ist manchmal irritierend, wird für andere auch nicht befriedigend sein, ist aber allein schon für die düstere Atmosphäre und den Fokus auf die kaputten Polizisten sehenswert.
7
von 10