Spinning Man
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Spinning Man – Im Dunkel der Seele

Spinning Man
„Spinning Man“ // Deutschland-Start: 28. Februar 2019 (DVD/Blu-ray)

Evan Birch (Guy Pearce) hat ein Problem. Dass der Philosophieprofessor die Finger nicht von seinen Collegestudentinnen lassen kann, ist zwar auch nicht schön, besonders für seine Frau (Minnie Driver) nicht. Aber es ist etwas beziehungsweise jemand anderes, der ihm Unbehagen bereitet: Malloy. Robert Malloy. Detective Robert Malloy (Pierce Brosnan). Der Ermittler sitzt Birch nämlich im Nacken, da eine der besagten Studentinnen als vermisst gilt. Ein Auto, das Evans Wagen sehr ähnlich sieht, wurde in der Nähe des Sees beobachtet, gerade zu der Zeit als Joyce (Odeay Rush) das letzte Mal gesehen wurde. Da sich der Dozent keiner Schuld bewusst ist, verweigert er die Kooperation mit der Polizei, was ihn in deren Augen und jenen seiner Frau erst recht verdächtig erscheinen lässt. Als er sich schließlich doch bereit erklärt, die Untersuchung zu unterstützen, wird bald klar, dass es nicht nur um die Wahrheit geht, sondern auch darum, was Wahrheit überhaupt ist.

Der Einstieg von Spinning Man – Im Dunkel der Seele lässt Regisseur Simon Kaijser wie einen Paukenspieler wirken, der ein Konzert mit einem gewaltigen Paukenschlag eröffnen will, um beim Publikum Eindruck zu schinden und es in seinen Bann zu ziehen. Dabei ist die Freude auf seinen Einsatz jedoch so groß, dass er sich vor lauter Nervosität verkalkuliert und der Schlägel das Instrument nicht richtig trifft, wodurch der Aufprall viel von seiner Wirkung einbüßt.

Mehr gewollt als nötig
Birch taumelt sichtlich verstört in Malloys Büro – beide sind dem Zuschauer zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht bekannt – und erfragt mit einiger Dringlichkeit eine private Unterredung, woraufhin Malloy seinen Partner rausschickt. Die Kameraführung ist gezielt darauf ausgelegt, die Szene mysteriös wirken zu lassen, was nicht nur an den betont düsteren Bildbearbeitung liegt. Eindeutig sollen Fragen evoziert werden wie „Was ist hier los?“ und „Wie geht es weiter?“, was in den ersten Sekunden durchaus noch funktioniert. Ein harter Schnitt und die Einblendung „fünf Monate früher“, gefolgt von übersaturierten Bildern, die mehr nach Werbung als nach Film aussehen, zerstören die gerade erst aufkommende Stimmung jedoch rasch. Die Handlung hätte gerne direkt vor jenen fünf Monaten einsetzen dürfen.

Die Erzählweise in Spinning Man, alternativ als Mörderischer Zweifel bekannt, ist generell problembehaftet. Die ganze Zeit über ist Birch der einzige Verdächtige, die Frage ist also nicht „Wer ist der Täter?“, sondern „Hat er es getan oder nicht?“, wobei die Antwort auf diese Frage im Prinzip irrelevant ist. Von Anfang an ist der Film dazu verdammt, dass die Auflösung, wie sie nun auch immer aussehen mag, keinerlei Überraschung bieten kann. Spinning Man scheint dem Zuschauer Denksportaufgaben stellen zu wollen und vergisst dabei, das Ganze dann auch tatsächlich rätselhaft zu gestalten. Wer noch nie mit simpler Schulphilosophie in Berührung gekommen ist, für den mag der Film durchaus wie eine Offenbarung wirken, was nicht heißen soll, dass er banal wäre.

Tolle Schauspieler mit viel vergeudetem Potenzial
Wer Memento (ebenfalls mit Pearce) gesehen hab, wird ebenfalls Abstriche machen müssen, wurden die Grundthematiken dort doch wesentlich gekonnter ausgelotet. Das Skript ist nicht so miserabel, wie es nun den Anschein haben mag. Der größte Makel ist schlicht, dass durchgehend links und rechts das Potenzial mit vollen Händen zum Fenster rausgeschmissen wird. Einige interessante Ideen werden lediglich angeschnitten und führen manchmal auch nirgendwo hin. Teilweise wird auch der Holzhammer ausgepackt, am prominentesten bei den immer wiederkehrenden, metapherartig eingesetzten Mausefallen. Das Ende funktioniert zwar in gewisser Weise auf einer philosophischen Ebene, als Film aber kaum, was den Zuschauer eventuell verärgert zurücklassen könnte.

Wenn die Handlung auch nicht jeden zu packen vermag, wenn vieles auch vorhersehbar oder nicht ausgearbeitet genug ist ein überzeugendes Argument für eine Sichtung hat Spinning Man auf jeden Fall in petto: das Schauspiel. Brosnan hat in The Foreigner viele Leute überrascht und wahrscheinlich die Performance seines Lebens abgeliefert; auch diesmal beweist er wieder eindrucksvoll, was für ein Mime in ihm stecken kann. Pearce auf der anderen Seite geht selbst vollends in seiner Rolle auf. Zusammen haben die beiden eine unglaubliche Chemie, was den Wunsch nach weiteren gemeinsamen Projekten weckt (Pierce und Pearce, die beiden gehören einfach zusammen!). Minnie Driver (The Wilde Wedding) holt das Beste aus ihrer etwas farblosen Rolle heraus und auch die Nebenrollen stecken voller Spielfreude. Ärgerlich ist da eigentlich nur, dass die Auftritte von Clark Gregg (Marvel’s The Avengers) als Evans Anwalt viel zu selten und kurz sind.



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Thriller trifft Philosophie für Dummies: Wenn in „Spinning Man – Das Dunkel der Seele“ ein Collegeprofessor unter Verdacht steht, bewegt sich das teilweise in altgewohnten Bahnen und teilweise auf unzureichend erschlossenen Pfaden. Das überaus überzeugende Schauspiel macht es dem Zuschauer jedoch leicht, über Unzulänglichkeiten hinwegzusehen.
6
von 10