Die Wunderübung
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Die Wunderübung

Die Wunderuebung DVD
„Die Wunderübung“ // Deutschland-Start: 28. Juni 2018 (Kino) // 1. November 2018 (DVD)

Es gab sicher einmal eine Zeit, da waren Joana (Aglaia Szyszkowitz) und Valentin (Devid Striesow) glücklich miteinander. Aber das ist so lange her, dass sie sich kaum mehr daran erinnern. Kaum mehr daran erinnern wollen. So ganz wollen sie ihre Ehe dann aber doch noch nicht aufgeben, ein Paartherapeut (Jürgen Tarrach) soll ihnen dabei helfen, ihre Probleme zu überwinden. Und Probleme haben die beiden genug, kein Bereich ihres gemeinsamen Lebens funktioniert noch so, wie er sollte. Vor allem sind sie sehr streitsüchtig, wie sich bald herausstellt: Was auch immer der Therapeut versucht, es geht schnell in den lautstarken Auseinandersetzungen unter.

Theaterstücke für die Leinwand adaptieren zu wollen, das ist ja immer so eine Sache. Zwar gibt es immer mal wieder Fälle, wie die Möglichkeiten des Films eine Bereicherung der Inszenierung bedeuten – siehe etwa Ghost Stories, dessen Wendungen noch etwas besser zur Geltung kommen. In den meisten Fällen aber hat das Medium der Geschichte nicht wirklich etwas hinzuzufügen. Mehr noch: Wo das begrenzte Bühnenbild im Theater mangels Alternativen normalerweise nicht stört, fällt das bei einem Film doch schon mehr auf.

Ein Zimmer als Zelle
Das gilt auch für das neueste Werk von Regisseur Michael Kreihsl. Am Anfang und am Ende dürfen wir noch kleine Details von der Welt da draußen aufnehmen. Ansonsten aber spielt Die Wunderübung ausschließlich in dem Therapiezimmer. Dem Österreicher gelingt es nicht, die Bühnenherkunft zu verstecken. Vermutlich interessiert es ihn aber auch nicht, so sehr ist von dem Inhalt von Daniel Glattauers Stück überzeugt. Kein Wunder, hat er es doch vorher schon auf der Bühne inszeniert, so wie einige andere Werke seines Landsmanns.

Und tatsächlich: Dass Die Wunderübung relativ statisch ist, wird bald zur Nebensache. Im Mittelpunkt steht nicht das Bild, nicht Kameraeinstellung oder Schnitt. Es sind Aglaia Szyszkowitz und Devid Striesow (Ich bin dann mal weg), die sich eine Gemeinheit nach der anderen an den Kopf werfen. Sie warten auch nicht lange darauf. Sie nutzen jede Gelegenheit, dem anderen in die Parade zu fahren, mal offen zu beschimpfen oder nur kleine Pfeile abzuschießen. Letzteres geht immer, da muss man nicht einmal darauf warten, dass der andere ausgesprochen hat.

Einfach mal richtig schön draufhauen
Das lebt von der Spielfreude der beiden Darsteller, die ganz gern mal mit etwas Theatralik verbunden ist. Denn auch bei der Sprache orientiert sich Kreihsl, der das Drehbuch schrieb, an der Welt des Theaters. Worte fallen jede Menge, mal sind sie etwas plump, dann wieder feingeschliffener. Richtig viel gesagt wird dabei jedoch nicht. Wo beispielsweise Der Gott des Gemetzels einen eskalierenden Streit dazu nutzte, um die gutbürgerliche Fassade zu sezieren, da findet sich hinter den Gefechten hier nichts. Weder erfahren wir hier mehr über das Zusammenspiel von Mann und Frau, noch über die Fallstricke einer langen Beziehung. Wenn sich die Auseinandersetzungen um Vernachlässigung und mangelndes Interesse drehen, dann ist das so allgemeingültig, dass keine wirkliche Geschichte daraus wird.

Aber nicht jeder Film muss die Welt verändern oder sie uns erklären können. Es braucht auch nicht zwangsweise unvorhersehbare Wendungen. Manchmal reicht es, sich zurückzulehnen und genüsslich mitanzusehen, wie sich zwei Leute da zerfleischen, mal der eine, mal der andere die Oberhand hat. Die Wunderübung, das ist so etwas wie eine Nachmittags-Talk-Show, mit dem Unterschied, dass hier tatsächlich begabte Schauspieler im Dreck wühlen.



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Die Sprache ist theatralisch, der Schauplatz begrenzt: „Die Wunderübung“ versucht nicht einmal so zu tun, als wäre es keine Theaterstückadaption. Die Komödie um ein sich beim Therapeuten zerfleischendes Paar hat letztendlich auch nicht so viel zu erzählen, macht aber doch Spaß dank der spielfreudigen Hauptdarsteller und vieler gemeiner Dialoge.
7
von 10