Venom
© Sony Pictures
Venom
„Venom“ // Deutschland-Start: 3. Oktober 2018 (Kino)

Leicht macht es Eddie Brock (Tom Hardy) anderen Menschen sicher nicht. Nicht seiner Freundin Anne (Michelle Williams), die er regelmäßig in den Wahnsinn treibt. Nicht seinem Arbeitgeber, wenn er sich mal wieder an keine Abmachungen hält. Und ganz sicher nicht Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed), dessen pharmazeutisches Unternehmen Eddie schon länger suspekt sind. Dabei stimmt die Intuition des Reporters, Drake hat tatsächlich einige Leichen im Keller versteckt. Wortwörtlich. Als er auch noch beginnt, Experimente mit einer außerirdischen Lebensform durchzuführen und Eddie durch einen Tipp der Konzern-Insiderin (Jenny Slate) ermittelt, kommt er selbst mit dem seltsamen Wesen in Berührung – und ist im Anschluss nicht mehr derselbe.

Ist ja klar! Venom ist einer dieser Filme, bei denen sich schon im Vorfeld alle darauf geeinigt haben, dass er ganz furchtbar sein muss, so schlecht, dass er schon wieder gut ist, das fertige Endergebnis nur aus Pflichtbewusstsein angeschaut wird, bevor das offizielle Urteil erfolgt. Er hat es einem aber auch recht leicht gemacht in der Hinsicht. Wenn an einem Film zehn Jahre gearbeitet wird, in den verschiedensten Zusammenhängen, Schauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren ausgetauscht werden, dann ist das immer ein schlechtes Zeichen. Gerade auch für eine Comic-Adaption. Verhöhnt wurde zudem die Idee, aus Spider-Man ein ganzes Cinematic Universe zu machen, im Stil der Haupt-Marvel-Reihe. Als dann auch noch bekannt wurde, dass aus rechtlichen Gründen der Spinnenheld hier gar nicht auftauchen wird und der Film eine vergleichsweise niedrige Altersfreigabe erhielt, da war es dann endgültig aus.

Zwischen Langeweile und Wahnsinn
Ähnlich zu Fantastic Four sind die Reaktionen auf Venom dann auch erwartbar maßlos übertrieben. Das soll nicht heißen, dass der erste Solo-Auftritt des Bösewichts aus Spider-Man 3 gut wäre. Das ist er nicht. Er ist aber auch kein Verbrechen an der Filmwelt. Vielmehr ist die Comic-Adaption über weite Strecken in erster Linie schrecklich gewöhnlich, sammelt viele Klischees an und weiß nicht so recht, was sie denn nun mit der Titelfigur anfangen soll. Oder auch was sie denn eigentlich sein will.

Zunächst fällt Venom dadurch auf, dass er zunächst recht düster und frei von Humor ist, er den Fox-Marvel-Filmen also nähersteht als denen von Disney. Das ist durchaus passend für einen Film, der ja an und für sich über einen Schurken geht. Später darf dann aber doch gescherzt werden, in erster Linie durch die Verbindung von Eddie und dem außerirdischen Parasiten, der ihn zur finsteren Kreatur mit dem großen Appetit macht. Denn wenn der eigene Körper auf einmal seltsame Dinge mit dir macht, du keinen Einfluss mehr über ihn hast, dann bedeutet das entweder Body Horror (siehe etwa Blue My Mind) oder eben Komödie. Das Drehbuchkonglomerat hier hat sich für die zweite Variante entschieden, befeuert durch zahlreiche Selbstgespräche mit dem inneren Schweinemörder.

Was zur Hölle macht der da?
Das darf man bedauern, da der eigentlich für Horror und Schrecken prädestinierte Film recht albern wird dadurch. Er keine konstante Linie fährt. Aber er wird eben auch unterhaltsam. Venom steht und fällt damit, wie viel Spaß man an einem überdrehten Tom Hardy (Mad Max: Fury Road) hat. Schon vorher ist Eddie nicht unbedingt das, was man einen ausbalancierten, in sich ruhenden Menschen nennen würde. Durch den Kontakt mit dem Titelmonster wird er aber völlig entfesselt: Er schreit, lacht und rennt durch die Gegend, als sei er völlig irre geworden, als bräuchte er eine Zwangsjacke, keinen schwarzen CGI-Anzug. Das ist oft komisch, manchmal etwas verstörend. So oder so, einige Momente davon gehören zu den sehenswertesten, die das Marvel-Universum in den letzten Jahren hervorgebracht hat, unabhängig von welchem Studio.

Nur: Das Drumherum bleibt ziemlich langweilig. Für andere Figuren interessierte sich das Drehbuchteam schlichtweg nicht, weder für den Katalog-Bösewicht Drake, noch für Anne, die der mehrfach oscarnominierten Michelle Williams (Manchester by the Sea) so gar keinen Raum zur Entfaltung gibt. Leider tragen auch die Actionszenen nicht dazu bei, dass Venom sich von seinem 08/15-Script lösen könnte. Die meisten bestehen lediglich daraus, dass sich dunkler Schlamm vor dunklen Kulissen streckt und dehnt. Darunter leidet besonders das Ende, das nicht unbedingt dazu beiträgt, den Film in positiver Erinnerung zu behalten. Dennoch ist der Auftritt von Hardy so erfrischend seltsam innerhalb des sehr auf Konformität bedachten Comic-Universums, und eben auch lustig, dass es schade wäre, wenn die geplante Reihe jetzt schon eingestellt würde. Denn da wäre doch noch einiges mehr rauszuholen.



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Was lange währt, wird endlich … seltsam. Auf der einen Seite ist „Venom“ ein furchtbar gewöhnlicher Comicfilm, der lauter Klischees abarbeitet, sich nicht für seine Figuren interessiert und nicht einmal während der Actionszenen eine gute Figur abgibt. Doch all das wird ausgeglichen durch einen entfesselt auftretenden Tom Hardy, der ein ebenso unterhaltsamer wie faszinierender Fremdkörper in der konformen Heldenmasse darstellt.
5
von 10