Amateurs
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„Amateurs“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Die Nachricht löst in Lafors wahre Begeisterungsstürme aus: Ausgerechnet in dem schwedischen Kaff will die deutsche Einzelhandelskette Superbilly ein neues Standbein aufbauen! Ein bisschen Überzeugungsarbeit braucht es aber noch, schließlich sind auch andere Gemeinden an dem zahlungskräftigen Konzern interessiert. Also soll ein kleiner Imagefilm dabei helfen, auch die letzten Zweifel der Deutschen auszusortieren. Erst heißt es dabei, dass die einfache Bevölkerung ihr Leben zeigen soll, so wie es ist. Nachdem eine erste Fassung nicht den erwünschten Effekt erzielt, nimmt es Musse (Fredrik Dahl) selbst in die Hand und beauftragt eine professionelle Agentur. Die beiden Teens Aida (Zahraa Aldoujaili) und Dana (Yara Ebrahim Aliadotter) lassen sich davon aber nicht abhalten und beginnen, eine eigene Version zu drehen.

Manchmal kann es so einfach sein. Amateurs handelt nicht nur von Leuten, die einen Film drehen wollen, ohne eine Ahnung zu haben. Regisseurin und Co-Autorin Gabriela Pichler versammelt auch vor der Kamera lauter Leute, die bislang keinen Bezug zu dem Medium hatten. Das passiert schon mal, viele Filmemacher vertrauen auf weniger bis gar nicht erfahrene Darsteller, um auf diese Weise die Authentizität zu erhöhen. Meistens geht es dabei um Sozialdramen, die dem Publikum zeigen wollen, wie es wirklich um die Verlierer dieser Welt gestellt ist. Es geht aber auch anders, wie Pichler beweist.

Am Leben und der Absicht vorbei
Wobei es schon dramatisch ist, was sich da vorne abspielt, wenn die Jugendlichen ihre selbstgedrehten Filme zeigen. Dramatisch schlecht. Und dramatisch komisch, wenn die Eigenvideos so völlig an dem vorbeigehen, was in dem Moment nötig gewesen wäre. Anders gesagt: Anstatt wirklich Werbung für die kleine Gemeinde zu machen, dürften sie auch noch den letzten vergraulen, der sich in diese Einöde verirrt – trotz der Unmengen an Süßkram, die hier vor verputzt werden.

Auch später wird Pichler immer mal wieder humorvolle Szenen einbauen, wenn sie das Kamerateam losschickt, um Lafors von seiner besten Seite zu zeigen. Denn irgendwie will das nie so recht klappen, immer funken andere Leute dazwischen. Amateurs ist dann auch ein Film, der ganz gerne mit Kontrasten und Konflikten arbeitet. Auf der einen Seite der formelhafte Imagekitsch, der auf Klischees und perfekt durchkomponierte Bilder setzt. Auf der anderen Seite das wahre Lafors, in dem vieles nicht so wirklich klappt, das mit Problemen zu kämpfen hat, die niemand gerne zeigen mag.

Einmal rund ums Leben
Auch wenn Amateurs sich nie zu weit in die Abgründe wagt und manche Themen eher an der Oberfläche bleiben: Zu sagen hat der Film jede Menge. Die reichen von persönlichen Aspekten wie einer Form der Altersdemenz bis zu Integrationsschwierigkeiten, die sich erst auf den zweiten Blick zeigen. Musse zum Beispiel wähnte sich trotz seines Migrationshintergrundes als kompletter Schwede – bis der filmische Blick hinter die Kulissen enthüllt, dass das alles nicht so einfach und ideal ist. Und auch für ein bisschen Konsum- und Gesellschaftskritik ist noch Platz.

Manches davon ist eher auf Schweden gemünzt, anderes ist universeller Natur, mit dem jeder etwas anfangen kann. Es ist daher kein Wunder, wenn die kleine Produktion gern gesehener Gast auf Festivals ist – Deutschlandpremiere war beispielsweise beim Filmfest München. Perfekt ist Amateurs natürlich nicht, wäre in dem Fall auch unpassend. So zerfällt der Film manchmal in einzelne Episoden, Aida und Dana kommen zudem ein bisschen zu kurz. Aber es ist eine sympathische Tragikomödie, zwischen skurril und wahrhaftig, betont unspektakulär und dabei doch auf ihre Weise bedeutend.



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Wenn eine schwedische Kleinstadt versucht, sich mittels eines eigen gedrehten Films für Investoren hübscher zu machen, dann wird es schnell komisch. „Amateurs“ hat dabei jedoch eine Menge zu erzählen, ist mal persönlich, dann wieder gesellschaftlich relevant, typisch schwedisch-skurril und doch auch universell.
7
von 10