Grenzenlos 2017
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Grenzenlos (2017)

Grenzenlos 2017
„Grenzenlos“ Release // Kino: 2. August 2018

Es sind die Geheimnisse des Lebens, denen die Meeresforscherin Danielle Flinders (Alicia Vikander) auf den Grund gehen will, als sie mit einem Mini-U-Boot einen Tiefseetauchgang vorbereitet. Ihre Gedanken sind jedoch mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Kreisen um James Moore (James McAvoy), den sie vergangenes Weihnachten in einem Hotel an der französischen Atlantikküste kennengelernt hat, den sie nun aber schon seit einem Monat nicht mehr erreichen. Dabei denkt auch er an sie, ständig. Ein Kontakt ist momentan aber nicht möglich, da der Geheimagent in die Fänge von somalischen Jihadisten geraten ist und jeder Tag nun sein letzter sein könnte.

Wim Wenders ist einer dieser Regisseure, die sich so unwiderruflich ihren Platz in der Filmgeschichte verdient haben, dass nach wie vor die großen Namen Schlange stehen, um mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen – obwohl sich weder das Publikum noch Kritiker noch groß für ihn erwärmen können. In Every Thing Will Be Fine steckte er Stars wie James Franco und Charlotte Gainsbourg in ein langatmiges Schuld-und-Sühne-Drama, mit Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes lieferte er das filmische Pendant zu einer Privataudienz ab. Oder war es doch ein Imagefilm?

Die Begeisterung hält sich in Grenzen
Auch Grenzenlos entfachte zuletzt nicht unbedingt Begeisterungsstürme. Ob es nun die internationale Presse war, die den Film bei der Premiere auf dem Toronto Film Festival 2017 sehen durfte, oder die deutsche, die bei dem hiesigen Debüt auf dem Filmfest Hamburg 2017 dabei war: Die Kritiken waren bestenfalls gleichgültig, oft sogar verheerend. Und das obwohl ihm dieses Mal mit James McAvoy (Split) und Oscar-Preisträgerin Alicia Vikander (The Danish Girl) zwei große Talente zur Verfügung standen. Und auch das Thema schien wie gemacht für den deutschen Filmemacher, der sich auf fantastische Bilder versteht.

Von Letzteren ist eigenartigerweise aber nur wenig in Grenzenlos zu sehen. Am schönsten sind noch die Aufnahmen von der Küste Frankreichs, wenn sich die beiden näherkommen und schnell ineinander verlieben. Enttäuschend sind hingegen die Unterwasseraufnahmen, als Danielle eine fremde Welt da unten erkundet. Enttäuschend, weil sie zuvor mit so viel Begeisterung davon erzählte. Enttäuschend weil Wenders in diversen Dokumentarfilmen zeigte, dass er sich eigentlich auf Bilderwelten versteht. Aber egal ob wir nun in der Tiefsee unterwegs sind oder im fernen Afrika, wo James den Terror der Jihadisten aus nächster Nähe beobachtet – es lässt einen irgendwie kalt.

Du, ich fühl da nix
Gleiches gilt leider auch für die Romanze. Grenzenlos ist durchaus etwas ambitionierter, wenn es um die Erzählstruktur geht, lässt die beiden Handlungsstränge wie auch die Flashbacks parallel nebeneinander herlaufen. Wir erfahren dadurch, dass Danielle ihren James vermisst, noch bevor sie ihn auf der Leinwand kennengelernt hat. Aber auch wenn es grundsätzlich nicht schwerfällt, sich selbst in einer solchen Situation wiederzufinden – wer hat nicht schon sehnsüchtig auf einen Handbildschirm gestarrt, während er auf eine Nachricht wartet? –, es fehlt dem Ganzen ein emotionales Fundament. Wir wissen nicht, wer die beiden sind und auch nicht, warum uns ihr Schicksal interessieren sollte.

Wirklich beantwortet werden diese Fragen später nicht. Auch wenn wir ein bisschen mehr Zeit mit ihnen verbringen dürfen, es will nie so wirklich der Funke überspringen. Ob das nun an den eigenartigen Dialogen liegt, die sich immer wieder ins Wissenschaftliche verirren, oder an der dürftigen deutschen Synchronisation, ist schwer zu sagen. So oder so: Es will sich einfach nicht das Gefühl einstellen, dass hier wirkliche Gefühle am Werk sind – was für eine Romanze tödlicher ist als bigotte Fundamentalisten. Hinzu kommt, dass bei Grenzenlos irgendwie nie so richtig klar wird, was der Film denn nun sein will. Ein bisschen Krieg hier, dort Wissenschaftsfaszination, die Sehnsucht nach einem Menschen – der Genremix ist alles und nichts wirklich. Nur selten finden die Stränge zusammen, entwickeln den poetischen Zauber, der kontinuierlich heraufbeschworen wird, aber wirkungslos in der Tiefe verschwindet. In der Isolation zweier Leben, die nicht dort stattfinden, wo sie sein sollen.



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„Grenzenlos“ erzählt die Geschichte zweier Menschen, die sich ineinander verlieben und anschließend in isolierten Grenzsituationen voneinander träumen. Das hört sich romantisch und poetisch an, ist es aber nur selten. Die Aufnahmen der besonderen Orte halten ihre Versprechen nicht, die Romanze wird zwar behauptet, bleibt aber ohne emotionale Überzeugungskraft.
5
von 10