Bad Girl Avenue
© KLF Klaus Lemke Filmproduktion

Bad Girl Avenue

Bad Girl Avenue
„Bad Girl Avenue“ // Deutschland-Release // TV: 27. August 2018

Judith (Judith Paus) hat die Schnauze voll. Von ihrem Chef, der nichts aus die Reihe bekommt. Von den Kollegen, die nichts auf die Reihe bekommen. Von ihrer Mutter, die ihr immer wieder vorhält, nichts auf die Reihe zu bekommen. Vor allem bei Männern. Aber wer braucht Männer schon? Judith tut es. Zumindest den Arzt, der sie untersucht und ihr sagt, dass sie einen gebrochenen Mittelfuß hat. Und sie braucht Rocky (Panagiotis Matsangos), der sie als Chauffeur überall hinbringt, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, Autos zu knacken. Auf Dauer ist das aber nix. Für Judith. Und so schmiedet sie einen Plan, wie das alles besser wird.

Der deutsche Film muss sich ja immer wieder die unterschiedlichsten Vorwürfe anhören. Er könne kein Genrekino zum Beispiel. Er könne überhaupt kein Kino. Er mache immer wieder dasselbe. Aber da gibt es ja noch Klaus Lemke, ein Urgestein, das sich seit Jahrzehnten schon nicht davon interessiert, was andere sagen oder tun. Er macht sein Ding mit einer bemerkenswerten bis irritieren Eigensinnigkeit, kümmert sich nicht um Trends oder Erwartungen, die man an Filme so hat.

Sorry, Sinn ist aus
Das ist bei seinem neuesten Werk Bad Girl Avenue nicht anders, das auf dem Filmfest München 2018 Premiere feierte und nun ins Fernsehen kommt. Nachts allerdings, wo ihn nur wenige zu Gesicht bekommen. Das ist nicht unpassend für einen Film, der sich konsequent einem größeren Publikum verweigert. Oder etwas, das unserer Vorstellung von Sinn entsprechen würde. Denn davon ist hier nur wenig zu sehen, es passiert in den 80 Minuten zwar allerhand. Nur wenig ließe sich jedoch in Form einer Geschichte begreifen.

Das liegt zum Teil natürlich daran, dass Lemke weniger mit einem Drehbuch als vielmehr einer Grundidee an die Arbeit geht. Der Rest wird improvisiert, gerne auch mit Laiendarstellern. Das ist vom Prinzip her den Werken des deutschen Mumblecores natürlich nicht unähnlich. Wo aber beispielsweise Axel Ranisch (Dicke Mädchen) und Nico Sommer (Silvi) diese Vorgehensweise wählen, um mehr Authentizität und echtes Gefühl zu erzeugen, da macht Lemke das genaue Gegenteil. Nicht nur dass seine Figuren durch die Bank unangenehm, anstrengend wenn nicht gar widerwärtig sind. Sie wirken auch, trotz ihres White-Trash-Anteils, nicht wie von dieser Welt.

Die Dunkelheit am Ende der Langeweile
In Zusammenhang mit der Geschichte, die keine ist, sondern nur wahllos Szenen aneinanderreiht, von denen eine unsinniger ist als die andere, wird das zu einer ziemlichen Zumutung. Nicht weil Bad Girl Avenue so fordernd wäre. Vielmehr zelebriert der Film, dass er nichts zu sagen hat. Manchmal ist das unterhaltsam, wenn wieder mal etwas völlig Unvorhergesehenes geschieht, das in so gar keinem Zusammenhang zu vorherigen Szenen oder einer Form von Realität stehen. Rocky zum Beispiel, der ständig sein Shirt falsch herum trägt, sich auf Anhieb verliebt und der als Antwort auf alles ein Auto klaut. Auch eine Waffe, die hier herumgeschleppt wird, ist zumindest als reine Absurdität irgendwie lustig.

Aber das sind wenige Glanzlichter in einem Film, der auf so viele Weisen gleichzeitig hässlich und banal ist. Der vor allem auch verdammt langweilig ist: Die anfängliche Verwirrung des unvorbereiteten Publikums, das kontinuierlich über den nicht vorhandenen roten Faden stolpert, macht irgendwann Resignation und Gleichgültigkeit Platz. Wenn Bad Girl Avenue keine Geschichte erzählen will, dann brauche ich sie mir auch nicht anzuhören. Als kurzer Einblick in das Werken von Lemke ist das nicht uninteressant, der zeigt, dass Filmemachen auch ganz anders geht. Es reicht dafür aber, für wenige Minuten den Fernseher einzuschalten. Die restliche Zeit lässt sich sinnvoller nutzen.



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Der Fuß ist kaputt, die Frau ist es auch, der Film sowieso: Klaus Lemke bleibt bei seinem neuesten Werk „Bad Girl Avenue“ seinem gewöhnungsbedürftigen Verzicht auf eine erkennbare Geschichte treu und präsentiert stattdessen improvisierte Nicht-Momente. Das ist manchmal lustig, oft anstrengend, zum Ende quälend langweilig.
4
von 10