Die Huette am See
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Die Hütte am See

„A Moment in the Reeds“, Finnland/UK, 2017
Regie: Mikko Makela; Drehbuch: Mikko Makela
Darsteller: Janne Puustinen, Boodi Kabbani, Mika Melender

„Die Hütte am See“ läuft ab 24. Mai 2018 im Kino

Eigentlich genießt Leevi (Janne Puustinen) ja sein Studentenleben in Paris, wo er die große Literatur dieser Welt studiert. Zumindest für einen Sommer erklärt er sich aber bereit dazu, in seine Heimat Finnland zurückzukehren, um mit seinem Vater Jouko (Mika Melender) das Familiensommerhaus zu renovieren. Denn das soll verkauft werden, um so Geld für dessen kriselndes Unternehmen zu haben. Glücklich ist Leevi darüber nicht, so wie das Verhältnis der beiden ohnehin nicht besonders ist seit dem Tod der Mutter. Als der syrische Flüchtling Tareq (Boodi Kabbani) hinzustößt, um bei der Renovierung zu helfen, verkompliziert das die Situation noch weiter, denn die beiden Männer finden schnell Gefallen aneinander.

Eigentlich verbinden wir Skandinavien mit Werten wie Weltoffenheit und Toleranz. Umso verstörender ist es, wenn Die Hütte am See gleich doppelt mit diesem positiven Bild aufräumt. Leevi kann seine Homosexualität nicht offen ausleben und flüchtet daher ins Ausland, um sich dort entfalten zu können. Durch den syrischen Einwanderer Tareq kommt zudem das Thema Flüchtlinge mit hinein. Und auch da offenbart sich später, dass das mit der Gastfreundlichkeit nicht so weit her ist. Als billige Arbeitskräfte sind sie willkommen, das war es dann aber auch schon.

Gefühlsausbruch in der Provinz
Ein wenig erinnert das an God’s Own Country, das letztes Jahr auf mehreren Festivals lief und von der Kritik gefeiert wurde. In beiden Fällen geht es um zwei junge Männer, einen Einheimischen und einen Einwanderer, die bei der Arbeit in der Abgeschiedenheit der Provinz ihre Gefühle füreinander entdecken. Mit dem Unterschied, dass Leevi anders als sein englischer Kollege ein kultivierter Feingeist ist. Und auch Tareq ist eigentlich ein Mann des Geistes, nicht der Tat. Einer der gern liest, studiert hat und nur aus finanziellem Zwang die Arbeit ausführt.

Das hat natürlich Auswirkungen auf die Stimmung der beiden Dramen. Die Hütte am See ist nicht annähernd so rau, kein gewaltsamer Ausbruch von Gefühlen. Die finnische Variante ist zurückhaltender, vorsichtiger, erzählt davon, wie zwei Menschen, die keinen Platz in der Heimat haben, plötzlich einen Gleichgesinnten kennenlernen. Interessant ist dabei, dass sie dies über den Umweg der englischen Sprache tun. Tareq ist noch nicht lange genug in Finnland, um die Sprache zu können, also behilft man sich eben einer internationalen. Und er tut das eloquent. Ein bisschen zu eloquent: Die Wirkung des Herantastens an den jeweils anderen wäre sicher höher gewesen, wenn sie die Fremdsprache nicht ganz so perfekt beherrschen würden. Dass lediglich Jouko seine Probleme hat, der Konversation zu folgen, passt inhaltlich natürlich, subtil ist es weniger.

Mal leise, dann eher grob
Allgemein tut sich der finnische Regisseur und Drehbuchautor Mikko Makela ein wenig schwer damit, seine Geschichte auf natürliche Weise erzählen zu wollen. Wunderbar sind die leisen Momente zwischen Jeevi und Tareq, in denen sie sich über ihr Leben und ihre Weltsicht austauschen. In denen sie auf der Veranda sitzen, Bier trinken und alte finnische Musik hören, sie sie beide furchtbar finden. Die Gefühle füreinander entdecken sie ein bisschen sehr schnell, wenn sie zusammenkommen, dann passiert das etwas aus heiterem Himmel. Aber man schaut ihnen gern dabei zu, wie sie ihr Glück finden, so fragil es auch sein mag.

Weniger geglückt sind jedoch die beiden anderen Themen, die Die Hütte am See ausmachen. Schon das Verhältnis zwischen Jeevi und seinem Vater wird recht stiefmütterlich behandelt. Dass sie Probleme haben, die sowohl mit Jeevis Homosexualität wie auch dem Tod der Mutter zusammenhängen, das verrät Makela zwar. Er macht aber nichts draus, lässt das Thema derart stark verkümmern, dass man es auch gleich hätte weglassen können. Und auch die Flüchtlingsproblematik wird im Drama nur dann angesprochen, wenn es gerade in dem Kram passt, um die Beziehung auf die Probe zu stellen. Das führt dann zwar zu einem interessanten, weil tatsächlich unerwarteten Ende, ist gleichzeitig durch die Willkür aber auch ziemlich irritierend. Da hätte sich der Film dann doch besser entscheiden sollen, welche Art von Geschichte er erzählen will und dies dann auch konsequent bis zum Ende durchziehen.



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In „Die Hütte am See“ kommen sich ein kultivierter finnischer Heimkehrer und ein syrischer Flüchtling in der Abgeschiedenheit näher. Das ist einerseits ein schönes Drama über zwei Heimatlose, die einen Platz finden. Leider versucht es aber gleichzeitig, noch andere Themen einzubauen und tut dies auf wenig elegante, teils sogar irritierend willkürliche Weise.
6
von 10