Madame
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Madame (2017)

„Madame“, Frankreich, 2017
Regie: Amanda Sthers; Drehbuch: Amanda Sthers; Musik: Matthieu Gonet
DarstellerToni Collette, Harvey Keitel, Rossy de Palma, Tom Hughes, Michael Smiley

Madame DVD
„Madame“ ist seit 19. April 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Alles ist bis ins letzte Detail geplant, die Gäste, die Sitzordnung, natürlich auch die Speisen. An und für sich steht dem großen Dinner nichts im Wege. Mit einer Sache haben Anne (Toni Collette) und Bob (Harvey Keitel) jedoch nicht gerechnet: Steven (Tom Hughes), Bobs Sohn aus erster Ehe. Nicht dass Anne ein Problem mit ihm hätte, wohl aber mit der Zahl 13. Und eben so viele wären sie dann auf einmal am Tisch. Also muss Hausangestellte Maria (Rossy de Palma) noch dazu, sich als reiche spanische Freundin ausgeben und damit die Zahl wieder ins Lot zu rücken. Doch damit beschwören sie noch ein viel größeres Unglück herauf, denn einer der Gäste – der britische Kunsthändler David (Michael Smiley) – verliebt sich in Maria und bringt damit die Hierarchie kräftig durcheinander.

Ah, und da ist sie wieder, die Geschichte über das hübsche junge Mädchen aus einfachen Verhältnissen, das sich am Ende den vermögenden Prinzen schnappt. Siehe Cinderella. Sie auch Pretty Woman. Eine Projektionsfigur für schmachtende Backfische, die selbst einmal schön sein wollen, schöne Kleider tragen und dabei von einem Mann versorgt, nur weil man selbst ein so unglaublich schönes Herz hat. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Madame spielt natürlich bewusst mit diesen märchenhaften Elementen, geht im Anschluss aber doch etwas andere Wege.

Eine Heldin, wie man sie nur selten sieht

Zunächst einmal wird in dieser Version Aschenputtel von Rossy de Palma gespielt. Die geht mit ihren 53 Jahren nicht mehr so ganz als junges Mädchen durch. Und auch das mit dem hübsch liegt im Auge des Betrachters. Die spanische Schauspielveteranin (Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs) verfügt zweifelsfrei über ein sehr markantes Aussehen. Sie ist eine, die man im Anschluss nicht wieder vergisst. Eine klassische Schönheit, eine die man aufs Poster knallt, um mehr Zuschauer anzuziehen, das ist sie dann wohl eher doch nicht.

Es geht in Madame aber auch gar nicht um die romantische, wenngleich etwas überholte Vorstellung, dass ein einfaches Mädchen von einem reichen Gönner gerettet wird. Viel wichtiger als das Verhältnis zwischen Maria und David ist das zwischen ihr und Anne. Während Letztere anfangs durchaus freundlich zu der Angestellten ist, offenbart sich mit der Zeit, dass sie in ihr doch keine Gleichwertige sieht. Eine Funktion, kein Individuum. Wenn David sie nun dazu macht, Maria auch während des Dinners umworben wird, dann bedeutet das einen Angriff auf Annes Selbstverständnis. Und das bedeutet eben Krieg.

Köstliches Duell zweier ungleicher Frauen

Das Dinner selbst, welches ungefähr das erste Drittel in Anspruch nimmt, ist dabei der unterhaltsamste Teil von Madame. Die Art und Weise, wie die gesellschaftliche Elite sich um sich selbst dreht, Maria auf ihre etwas unbeholfene Weise versucht, dort hineinzukommen, das ist für viele lustige Momente gut. Aber auch später gibt es immer wieder amüsante Szenen, was vor allem auf die beiden Hauptdarstellerinnen zurückzuführen ist. Rossy de Palma als gutherzige, unterwürfige Frau, Toni Collette (The Sixth SenseGlassland) als biestige Dame von Welt, die sich gern mal hinter einem falschen Lachen versteckt, das ist eine wundervolle Kombination.

Zwischendrin zieht sich Madame aber auch immer wieder mal. Harvey Keitel findet zwischen den beiden spielfreudigen Kolleginnen keine Möglichkeit, sich irgendwie hervorzutun. Das hängt aber auch mit seiner eher langweiligen Figur zusammen, so wie alle Männer in der französischen Komödie irgendwie nur Nebenprodukte sind. Einerseits ist auch das eine schöne Abkehr von den üblichen Pfaden, von den etablierten Märchenkonstellationen: Wo sonst der Prinz immer das Ziel der Handlung ist, da ist er hier nur Kulisse. Die Emanzipation von der Dienstmädchenrolle, sie bedeutet auch die Emanzipation vom Anhängsel des Mannes. Und das ist immer sympathisch. Es führt aber im Gegenzug dazu, dass viele Szenen eher langweilig sind, wenn es um die diversen Liebschaften geht. Nett ist Madame trotz dieser Schwächeperioden, mehr von dem zeitweiligen Biss hätte dem Film aber schon ganz gut getan.



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Eine einfache Angestellte lernt während eines Dinners einen reichen Mann kennen, der sich in sie verliebt. Das klingt nach einem klassischen Märchen, „Madame“ geht im Anschluss aber doch in eine etwas unerwartete Richtung. Die französische Komödie brilliert vor allem in den Momenten, wenn die beiden Hauptdarstellerinnen interagieren. Auch die Emanzipation von Männern ist sympathisch. Zwischendrin gibt es jedoch so manche langweilige Szene, welche den Gesamteindruck trüben.
6
von 10