Genocidal Organ
© Project Itoh / Genocidal Organ

„Gyakusatsu Kikan“, Japan, 2017
Regie: Shukō Murase; Drehbuch: Shukō Murase; Musik: Yoshihiro Ike

Genocidal Organ
„Genocidal Organ“ ist seit 30. März 2018 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Als Sarajevo in Folge einer Atombombe komplett zerstört wurde, war die Weltgemeinschaft geschockt – und reagierte umgehend. Die komplette Bevölkerung der Industriestaaten wird nun überwacht, mithilfe von Kameras und ID-Scans soll eine ähnliche Katastrophe in Zukunft verhindert werden können. Dass die Menschen dafür ihre Freiheit aufgeben, nehmen sie in Kauf. Gleichzeitig werden die Entwicklungsländer aber von einer Welle von Völkermorden heimgesucht. Aber wie kann das sein? Und gibt es da einen Zusammenhang? Eine Spur führt dabei zu dem Amerikaner John Paul, der sich immer in den gerade betroffenen Ländern aufhält. Geheimagent Clavis Shepherd soll nun Licht ins Dunkle bringen, herausfinden, was genau Paul da tut und weiteres Blutvergießen verhindern.

Kommt er oder kommt er nicht? Lange Zeit sah es schlecht aus für Genocidal Organ, das nach The Empire of Corpses und Harmony der Abschluss einer Trilogie sein sollte, in der Romane von Project Itoh als Animefilme umgesetzt werden. Doch mitten im Prozess musste das finanziell immer schon kriselnde Studio Manglobe (Samurai Champloo) seine Pforten schließen. Fest entschlossen, das Projekt dennoch zu Ende zu bringen, arbeiteten Regisseur und Drehbuchautor Shukō Murase sowie sein Team weiter daran, nun unter dem Namen Geno Studio. Dennoch sollte es eine ganze Weile dauern, bis der Film wirklich vollendet war, aus dem ursprünglichen Erscheinungstermin November 2015 war inzwischen Februar 2017 geworden.

Ausblick in eine düstere Zukunft
Doch die Wartezeit hat sich gelohnt. Ähnlich zu den beiden anderen Filmen, die im Auftrag des alternativen Animeblocks noitaminA produziert werden, nimmt uns auch Genocidal Organ mit in eine ferne, äußerst düstere Zukunft. Die Parallelen zu Harmony sind dabei unverkennbar. In beiden Fällen haben sich weltweit Überwachungsstaaten herausgebildet, um die Menschen vor sich selbst zu schützen. In beiden Fällen gibt es auch eine mysteriöse Welle der Gewalt, welche die Protagonisten aufdecken und stoppen müssen. Während beim vorangegangenen Film in erster Linie geredet und nachgedacht wird, ist der Abschluss der Trilogie jedoch deutlich actionlastiger. Mit einem blutigen Einsatz beginnt die Geschichte, auch später wird immer wieder zur Waffe gegriffen.

Genocidal Organ sieht dabei ziemlich gut aus, die von Problemen geplagte Entwicklung hat keine nennenswerten Spuren hinterlassen. Der Anime verlässt sich zwar ein bisschen sehr auf Computer bei der Umsetzung, was aber angesichts des Themas nicht wirklich verkehrt ist. Eine technologisierte Welt, in der alles und jeder erfasst wird, da passt es ganz gut, wenn das Geschehen oft von Hologrammen und Scans überlagert wird, ständig irgendwo etwas blinkt. Aber auch die ruhigen Momente machen einiges her, gerade die Szenen in Tschechien – Shepherds Suche nach der Wahrheit führt ihn dorthin – bieten doch sehr viel fürs Auge.

Die Zeit reicht nicht für alles
Inhaltlich sticht der Beitrag vom Japan-Filmfest Hamburg 2017 durch seine philosophischen Überlegungen hervor. Nicht alles davon ist gleichermaßen überzeugend. Des Öfteren werden Themen nur angeschnitten oder verkommen zu reinem Namesdropping – die Verbindungen zu Kafka sind schon sehr bemüht. Spannender sind da die Ausführungen zu dem Einfluss von Sprache auf das Denken und Handeln der Menschen. Auch da bleibt der Anime eher an der Oberfläche, ein ähnliches Schwergewicht zu Arrival sollte besser niemand erwarten. Ein solches soll die Romanadaption aber auch gar nicht sein. Die Mischung aus sehr klassischem Spionagethriller, dystopischem Szenario und Philosophie will in erster Linie zwar düstere, aber doch leicht verdauliche Unterhaltung sein. Und das ist Genocidal Organ trotz seiner Anlaufschwierigkeiten dann auch gelungen. Anfangs bleibt man als Zuschauer dabei, um herauszubekommen, was hinter der Sache steckt, später darf man ein wenig über die menschliche Natur nachgrübeln. Für einen neuen Science-Fiction-Klassiker reicht das nicht, die Zielgruppe kommt aber auf ihre Kosten.



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Auf der einen Seite Überwachungsstaaten, auf der anderen rätselhafte Völkermorde – „Genocidal Organ“ zeigt uns eine sehr düstere Zukunft. Dabei kombiniert der Anime klassischen Spionagethriller mit philosophischen Überlegungen, es wird ebenso viel geschossen wie geredet. Das wird nie so tiefsinnig, wie es manchmal tut, unterhält aber ganz gut und überzeugt auch visuell mit einem sehr computerlastigen Look.
7
von 10