Farewell Halong
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Farewell Halong

„Farewell Halong“, Deutschland, 2017
Regie: Duc Ngo Ngoc

Farewell Halong
„Farewell Halong“ läuft ab 19. April 2018 im Kino

Wenn Touristen von Vietnam nach Must-sees fragen, dann steht sie an einer der ersten Plätze: die Halong Bucht. Und das nicht ohne Grund, das 1500 km2 große Gebiet, in dem alle paar Meter Kalksteinformationen aus dem Wasser ragen, ist ein malerisch-verwunschener Anblick, den man so schnell nicht wieder vergisst. Seit 1994 steht die Bucht auch als Weltnaturerbe auf der prestigeträchtigen Liste der UNESCO. Das sorgt noch mal für ein wenig mehr Publicity für ein Land, das den Tourismus gut gebrauchen kann. Es sorgt aber auch für Probleme. Denn die vielen Menschen, die sich in der Bucht aufhalten, Touristen wie Bewohner, gefährden die Zukunft der idyllischen Landschaft. Es besteht Handlungsbedarf, dringend, so die Aussage der kulturellen Organisation.

Nguyen Van Cuong ist einer der Menschen, die das zu spüren bekommen. Seit Generationen schon lebt seine Familie auf dem Wasser, in kleinen Hütten, die auf Flößen gebaut wurden. Der 46-Jährige würde daran auch nichts ändern wollen. Doch aus Gründen des Naturschutzes soll er weichen, zusammen mit seinen Kindern, zusammen mit vielen anderen, deren Heimat bislang das Meer war. Dafür bekommen sie ein neues Zuhause in der Stadt und etwas Anfangskapital, das ihnen über die Runden helfen soll.

Einige Monate hat Regisseur Duc Ngo Ngoc, der selbst in Vietnam geboren ist und nun in Deutschland lebt, die Menschen vor Ort begleitet, beim Alltag, beim Umzug. Die Zeit danach fällt in Farewell Halong relativ kurz aus, über die Schwierigkeiten der Anpassung an ein Leben auf dem Land wird nicht viel gesprochen. Sie ist aber Teil des Gesamtthemas Heimat. Wenn Nguyen Van Cuong über seine eigene Geschichte redet, über seine familiäre Situation, seine Sorgen angesichts einer ungewissen Zukunft.

Was tun, wenn einem die Heimat genommen wird?
Ihn aus diesem Umfeld zu entreißen, das bedeutet ihm seine Wurzeln zu nehmen. Seine Identität. An der Stelle wäre es vielleicht ganz schön gewesen, mehr über die Notwendigkeit der Zwangsumsiedlung zu erfahren. Was würde es bedeuten, wenn die Menschen weiterhin auf dem Wasser leben würden? Was wären die Auswirkungen auf die Natur? Richtig klar wird das nicht, weshalb das gesamte Unternehmen willkürlich und unmenschlich anmutet. Der Staat interessiert sich ja gar nicht für die kleinen Leute, lässt sie einfach im Stich – so wird hier impliziert.

Duc Ngo Ngoc tut nichts, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. Allgemein hält sich der Filmemacher heraus, kommentiert nicht, lässt lieber die Leute erzählen. Farewell Halong, das im April 2018 auf dem Achtung Berlin Filmfest gezeigt wird, überzeugt dann vor allem eben als sehr persönliches Dokument von Menschen und ihrer Beziehung zu der Natur. Es sind rührende Momente dabei, wenn wir Zeit mit ihnen verbringen, heitere. Aber auch tieftraurige, die von Verlust handeln. Die Doku selbst ist, trotz ihrer inhaltlichen Einschränkung deshalb auch ein Gewinn für die Zuschauer. Sie wirft nicht nur einen Blick auf den auch hier wundervoll anzuschauenden Touristenmagneten Halong, sondern auch auf die Menschen, die immer noch da sind, sobald der Rest der Welt wieder die Heimreise antritt. Die Menschen, für die vor lauter Freude an dem Naturschauspiel kein Platz mehr ist.



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Die Halong Bucht ist eines der wichtigsten Touristenziele Vietnams. Das ist gut fürs Geschäft, aber schlecht für die Umwelt. „Farewell Halong“ begleitet einige Menschen, die dort auf schwimmenden Häusern leben, der Umwelt zuliebe aber umgesiedelt werden. Mit dem Pro und Contra hält sich die Doku nicht lange auf, hat aber eine Menge zu Heimat und Identität zu erzählen.