Des jeunes filles disparaissent

Des jeunes filles disparaissent

„Des jeunes filles disparaissent“, Frankreich, 2017
RegieClément Pinteaux; Drehbuch: Clément Pinteaux, Marie-Stéphane Imbert, Baptiste Pinteaux

Des jeunes filles disparaissent
„Des jeunes filles disparaissent“ läuft im Rahmen der 68. Berlinale (15. bis 25. Februar 2018)

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, so heißt es. Manchmal wären aber doch ein paar dieser Worte ganz schön, so als Begleitung für das Bild. Dabei fängt Des jeunes filles disparaissent – international auch als Young Girls Vanish bekannt – durchaus mit einigen Worten an. 58 Mädchen, so erzählt der Kurzfilm, seien zwischen 1652 und 1657 von einem Wolf angefallen und getötet worden, die Kehle durchgebissen, die Brüste abgefressen. Im Anschluss sehen wir eine Karte, Kreuze markieren dort die Stellen, an denen diese Mädchen gefunden wurden. Später: Einblendungen, in denen das Schicksal einige der Opfer noch einmal genauer beschrieben wird.

Zu sehen sind diese Angriffe natürlich nicht. Des jeunes filles disparaissent ist kein Horrorfilm, der mit dem Unglück vergangener Zeiten das Publikum schockieren bzw. unterhalten will. Allerdings wird auch nicht klar, was der Kurzfilm stattdessen beabsichtigt. Eine Frau erzählt zu Beginn von einem Mädchen, das spurlos in der Gegenwart verschwand, von einer Frau, die jetzt ihr Leben fortführt. Der offiziellen Beschreibung des Werks zufolge ist sie kein Einzelfall. Viele Mädchen sollen verschwunden sein. Auch das zeigt der Film nicht.

Unheimlich und stumm
Stattdessen: Ein junges Mädchen, das einer älteren Frau die Nägel macht und sich freundliche, wenngleich bevormundende Worte anhören muss. Junge Mädchen, die zusammensitzen oder gerade das Tanzen üben. Nachts. Der Kurzfilm spielt oft nachts oder auch in nebliger Landschaft – auch das ließe einen Horrorfilm oder einen Thriller vermuten. Aber der Beitrag von der Berlinale 2018 schweigt, lässt die Bilder unkommentiert, lässt die Zuschauer einsam und verlassen in der Nacht zurück. Da sind schöne Aufnahmen dabei, melancholisch, wehmütig bis etwas unheimlich, mal begleitet von passender Musik. Oft stumm. Am Ende bleibt der Abspann. Bleiben die unsichtbaren Mädchen, tot oder verschwunden. Bleibt eine Karte, die detailliert etwas festhält und doch keine Orientierung bietet, keine Chance wieder zurückzufinden ins das hier und jetzt.



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Es waren einmal Mädchen, die im 17. Jahrhundert von einem Wolf getötet wurden. Es waren einmal Mädchen, die in der Gegenwart spurlos verschwunden sind. „Des jeunes filles disparaissent“ findet dafür schöne Aufnahmen, die nichts zeigen, findet Worte, die nicht erklären, lässt das Publikum trotz einer Übersichtskarte mit der Frage allein, was das eigentlich alles sollte.