Glory
© Mouna

(OT: „Slava“, Regie: Kristina Grozeva/Petar Valchanov, Bulgarien/Griechenland, 2016)

Glory
„Glory“ läuft ab 4. Januar 2018 im Kino

Den ersten Geldschein steckt er noch schnell ein. Auch beim zweiten greift er zu. Als der Eisenbahnarbeiter Tzanko (Stefan Denolyubov) aber einen ganzen Sack voller Geldbündel zwischen den Gleisen entdeckt, meldet sich doch sein Gewissen zurück. Julia Staikova (Margita Gosheva), die PR Managerin beim bulgarischen Verkehrsministerium, ist hellauf begeistert von diesem ehrlichen Finder und bauscht die Geschichte zu einem Medienereignis auf, um von unschönen Korruptionsmeldungen abzulenken. Dummerweise taugt der simpel veranlagte Mann aber nicht zum großen Helden, was zu einer Reihe von Konflikten führt. Als dann auch noch die Uhr verschwindet, die Tzanko von seinem Vater geschenkt bekam, eskaliert der Streit zwischen dem mächtigen Politikgetriebe und dem kleinen Einzelgänger.

Lange lassen Kristina Grozeva und Petar Valchanov zappeln, was sie eigentlich mit Glory meinen. Nicht der Ruhm ist es, den Tzanko für einige Minuten erhält, als er da auf der Bühne steht und dem großen Minister die Hand schüttelt. Nein, es ist der Name der Uhr, die ihm abgenommen wurde und die er wiederhaben will. Es ist nur ein kleines Detail, das aber stellvertretend für den ganzen Film steht. Auf der einen Seite die Welt des Glanzes, der prächtigen Bilder und Besucherzahlen der Homepage. Auf der anderen der einfache Mann, dem persönliche Bindungen und Pflicht viel wichtiger sind – er braucht die Uhr schließlich, um pünktlich seine Arbeit machen zu können.

Zwei Welten prallen aufeinander
Der Kontrast zeigt sich schon an dem Erscheinungsbild der zwei Parteien. Julia ist schick gekleidet, immer auf die Außenwahrnehmung bedacht. Tzanko läuft in alten Klamotten herum, trägt einen zu langen und ungepflegten Bart. Und auch wenn das Ministerium ihn für den Termin zurechtmachen will, es bleiben zwei Welten, die einfach nicht zusammenkommen. Welche wir davon sympathischer finden sollen, steht außer Frage. Glory präsentiert den Protagonisten als armen Tropf, über den sich alle lustig machen, der stottert, dabei aber ein goldenes Herz hat. Der selbst in größter Not erst einmal an seine armen Hasen zu Hause denkt.

Das ist vielleicht nicht sonderlich differenziert, aber doch wirksam. Wenn David gegen Goliath antritt, wissen wir immer, was zu tun ist. Selbst wenn dieser David ein verwahrloster Außenseiter ist, mit dem man persönlich dann vielleicht doch nicht so wahnsinnig viel zu tun haben wollte. Interessant wird der Grundkonflikt von Glory dafür durch andere Punkte. Da wäre Julia selbst, die in einer Nebenhandlung endlich einmal ihre Familienplanung vorantreiben will. Dies spiegelt zum einen das Hauptthema wider – da soll etwas so umgebogen werden, bis es in das eigene Bild passt. Es hilft aber doch auch, um der an und für sich schrecklich unsympathischen Frau mit etwas mehr Milde zu begegnen. So sehr ist sie es gewohnt, sich in einer harten von Männern dominierten Welt durchbeißen zu müssen, dass sie sich selbst irgendwo darin verloren hat.

Komisch, dramatisch, spannend
Bittere Pillen gibt es in Glory dann auch einige zu schlucken. Anfangs gefällt der Film noch durch sein feines Gespür für Komik, die immer die Balance zwischen Alltag und Absurdität hält. Die sich durch kleine, feine oft auch symbolische Einfälle auszeichnet. Doch je weiter der Film voranschreitet, je schärfer der Konflikt wird, umso tiefer werden auch die Abgründe, die wir zu sehen bekommen. Persönliche Abgründe von Menschen ohne Skrupel. Abgründe aber auch systematischer Natur von einem Land, das nicht einmal mehr so tut, als würde es sich um Recht, Ordnung und Anstand scheren. Worauf das am Ende hinauslaufen wird, bleibt lange offen. Grozeva und Valchanov, die hier Regie führten und auch das Drehbuch schrieben, spielen auf eine geradezu perfide Weise mit den Erwartungen und Befürchtungen des Publikums. Der Abstand zum Thriller ist auf einmal sehr, sehr klein geworden, die Spannung dafür groß. Wer zum Jahresauftakt Spektakel und Wohlfühlstreicheleinheiten braucht, der sollte vielleicht nicht in dieses bulgarische Hinterland fahren, in dem jeder gegen jeden kämpft. Dafür ist die raue, teils dokumentarisch anmutende Mischung aus satirischer Komödie und dreckigem Drama ein kleiner Höhepunkt im neuen Filmjahr.



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Ein Eisenbahnarbeiter findet in den Gleisen eine Menge Geld, gibt es brav ab und wird dafür zum Helden – das hört sich nach einer richtig schönen Geschichte an! Denkste. Denn das ist nur der Anfang für eine bittere Abrechnung mit einer korrupten Gesellschaft. „Glory“ hält dabei zunächst gekonnt die Balance aus alltäglichem und absurdem Humor, wird mit der Zeit aber immer düsterer und zum Ende sogar richtig spannend.
8
von 10