Liebe zu Besuch
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Liebe zu Besuch

(OT: „Home Again“, Regie: Hallie Meyers-Shyer, USA, 2017)

Liebe zu Besuch
„Liebe zu Besuch“ läuft ab 23. November 2017 im Kino

„Wer in der Realität nicht fündig wird, sucht in alten Erinnerungen nach neuer Inspiration.“ So oder so ähnlich muss der spontane Umzug der alleinerziehenden Mutter Alice (Reese Witherspoon) zustande gekommen sein, der sie nach der Scheidung von ihrem Mann Austen (Michael Sheen) in das Haus ihres verstorbenen Vaters führt. An ihrem 40. Geburtstag trifft sie in einer Bar auf die jungen Filmemacher Harry (Pico Alexander), George (Jon Rudnitsky) und Teddy (Nat Wolff), die sie nach einer durchzechten Nacht sowie der Überzeugungsgabe ihrer Mutter Lillian (Candice Bergen) bei sich einquartiert. Die ungewöhnliche Wohngemeinschaft wird schnell zu einem eingespielten Team. Alice versucht sich als Innenarchitektin, die Jungs arbeiten an ihrem Film und gemeinsam erledigen sie den Haushalt oder bringen die Kinder zur Schule. Eine Patchworkfamilie in spe, bis Harry und Alice sich näher kommen. Es scheint zu knistern, was aufgrund des Altersunterschied beide ins Grübeln bringt. Obendrein steht eines Tages unerwartet ihr Exmann vor der Tür. Das Liebeschaos ist perfekt!

Oh heile Welt
Es läuft aber auch wirklich nichts, wie es soll! Kaum ist die Scheidung durch, zieht man eben in das Millionen schwere Anwesen der Familie und probiert sich sogleich an einem völlig neuen Beruf – andere bezahlen ja die Rechnungen. Währenddessen wird man von attraktiven Junggesellen umschwärmt und wenn die nicht mehr ausreichen, macht der Ex seinen Auftritt. Wirkliche Sorgen scheint es in dieser Familie definitiv nicht zu geben. Kein Grund, die Probleme der Upperclass zu ignorieren. Ein wenig Schmunzeln und Sarkasmus muss dennoch erlaubt sein, wenn man sich die Prämisse einmal auf der Zunge zergehen lässt und das Debüt der Regisseurin Hallie Meyers-Shyer seine ersten Schritte wagt. Die wuchs als Tochter zweier Regisseure ebenfalls in Los Angeles auf, durfte in den Filmen ihrer Eltern Laufen lernen und will sich nun selbst beweisen.

Alles auf einmal
Alle Weichen sind auf ein verhängnisvolles Liebestrio gestellt, bei der die Frau am Ende die Qual der Wahl hat. Obendrauf gibt es einen gehörigen Altersunterschied, der die vermeintliche Kontroverse weiter anzettelt. Das zunächst angepeilte Ziel gerät ins Schwanken, als George ebenfalls Gefühle entwickelt oder zumindest andeutet – aus zwei Anwärtern mach drei. Wo soll das Ganze noch hinführen? Ein klassisches Feuerwerk der zerstreuten Gefühle. Harry ist charmant, aber grün hinter den Ohren. Austen ist der Vater ihrer Kinder, aber nicht grundlos ihr Exmann. George? Der ist liebevoll, aber offenbar mehr an Alice totem Vater interessiert, dessen filmische Relikte er in jeder Ecke des Hauses entdeckt. Teddy konzentriert sich auf seine schauspielerische Karriere und freut sich, Teil der ungewöhnlichen Familie zu sein. Alice ist von all dem überfordert. Sie genießt die urplötzliche Umschwärmung, entscheiden kann und will sie sich lieber nicht. Zu groß ist die Gefahr, jemanden zu verletzen.

Eine Welt ohne Bezug
Das Liebeschaos hat man so oder so ähnlich schon in Dutzenden Filmen zu Gesicht bekommen. Der wirklich interessante Wendepunkt kommt, als genau dieser Aspekt zur Nebensache wird und die Freundschaft, die neu geschaffene Familie ins Augenmerk rückt. Nach einem Streit gehen Alice und die Jungs getrennte Wege, können einander jedoch nicht vergessen. Keine unausgesprochenen Liebesphrasen, nur die Sehnsucht nach der Nähe des jeweils anderen, die nicht immer gleich sexueller Natur sein muss. Leider spiegelt sich die Transformation einer mittelmäßigen Rom-Com auf einem aalglatten Fußboden der weißgewaschenen Welt Los Angeles wieder, bei der die erzählten Probleme im Vergleich zum wirklichen Leben banal erscheinen. Da, wo alles möglich ist. Wo Reichtum und Ruhm Hand in Hand die Straße entlang schlendern. Ein unterschwelliger Würgereiz, den man trotz sympathischem Abschluss nicht ganz unterdrücken kann.



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Trotz abwechslungsreicher Handlung und einem versöhnlichen Ende ist das unentschlossene Endprodukt nur die Spitze einer für viele unverständlichen Welt gesellschaftlicher Privilegien, die einen persönlichen Bezug beinahe unmöglich macht. Ein gekünsteltes Märchen, wie es nur Hollywood schreiben kann.
5
von 10