Vorwärts Immer
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Vorwärts immer!

(OT: „Vorwärts immer!“, Regie: Franziska Meletzky, Deutschland, 2017)

Vorwaerts immer
„Vorwärts immer!“ läuft ab 12. Oktober 2017 im Kino

Otto Wolf (Jörg Schüttauf) hat es aber auch echt nicht leicht. Nicht nur, dass der Schauspieler nicht die Würdigung erhält, die er verdient. Seine Tochter Anne (Josefine Preuß) will auch noch aus der DDR fliehen, einfach so. Und was soll da aus ihm werden? Während sie nun zusammen mit ihrem Freund Matti (Marc Benjamin) und dem Rebell August (Jacob Matschenz) zur Montagsdemonstration nach Leipzig fährt, um dort einen gefälschten Pass zu besorgen, muss Otto alles dafür tun, um das Töchtern zu retten. Man munkelt nämlich, dass Honecker den Schießbefehl erteilt hat. Glücklicherweise sieht der Schauspieler dem Generalsekretär äußerst ähnlich, proben sie doch gerade ein Stück über ihn. Warum sich also nicht für ihn ausgeben? Jetzt heißt es nur noch hoffen, dass niemand die Scharade auffällt – vor allem nicht Margot Honecker (Hedi Kriegeskotte), die im Geheimen das Sagen hat.

Bald 28 Jahre ist es jetzt her, dass die DDR ihr Ende fand. Und auch wenn das filmische Interesse an der Zeit inzwischen doch spürbar nachgelassen hat, das Dritte Reich sehr viel mehr Regisseure und Drehbuchautoren inspiriert: So ganz hat uns das geteilte Deutschland bis heute nicht verlassen. Die Miniserie Der gleiche Himmel brachte uns in drei Handlungssträngen das Schicksal mehrerer Leidtragenden des Systems wieder. Bei In Zeiten des abnehmenden Lichts erleben wir den Zerfall des Staates aus Sicht eines langjährigen Parteioberen. Auch Vorwärts immer! spielt in den letzten Stunden 1989. Wo der Kollege jedoch die Tragik eines gescheiterten Lebens thematisierte, soll hier ausschließlich gelacht werden.

Zwischen feiner Absurdität und albernem Klamauk
Das klappt mal besser, mal schlechter, je nachdem auch, welche Ansprüche man an seinen Humor so stellt. Immer wieder gelingen Regisseurin und Co-Autorin Franziska Meletzky kleine, feine Momente, in denen sie die Absurdität betont – die der damaligen Zeit sowie der speziellen Situation Ottos. Wenn der falsche Honecker staatstragend wirken möchte, während eigentlich alles komplett danebengeht, dann ist das schon ein schöner Kontrast. Auch später, wenn Margot und der echte Honecker hinzukommen, findet der Film die richtigen, spöttischen Töne.

An anderen Stellen, viel zu vielen Stellen, setzt die Filmemacherin jedoch auf reinen Klamauk. Gnadenlos überzeichnete Missgeschicke, oft mit peinlichem Ausgang – Vorwärts immer! ist nicht nur thematisch rückgewandt. Die Witze sind es auch. Satire und Slapstick sind allgemein nicht ganz einfach unter einen Hut zu bekommen. Und natürlich ist der Vergleich mit Sein oder Nichtsein von Ernst Lubitsch – jene legendäre Verkleidungsklamotte mit Nazis – kein sehr dankbarer, handelt es sich hierbei doch um einen der ganz großen Komödienklassiker. Ein bisschen ambitionierter hätte das hier dann aber doch sein dürfen, viele der Gags sind bloße Lückenfüller, um irgendwie die Handlung zu strecken.

Pluspunkt: tolle Besetzung
Auf der Habenseite steht dafür das Ensemble. Bis in die kleinsten Rollen ist Vorwärts immer! gut besetzt, man schaut ihnen allen gern beim Herumschlingern zu, selbst wenn das Drehbuch wieder eine qualitative Verschnaufpause einlegt. Vor allem Schüttauf ist ein echter Glücksgriff: Zwischen verletzter Eitelkeit, naiver Weltsicht und improvisierter Überforderung stolpert der Schauspieler-im-Schauspieler durch die Szenerie, will die Welt retten – oder immerhin seine Tochter –, obwohl er so gar nicht versteht, wie das eigentlich gehen soll. Da auch die Ausstattung sehr schön geworden ist, gibt es also durchaus eine Reihe von Gründen, sich das hier mal anzuschauen. Insgesamt verschenkt die betont alberne Komödie aber doch zu viel von ihrem Potenzial.



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„Vorwärts immer!“ erzählt mit spöttischem Ton, vor allem aber viel Klamauk von den letzten Stunden der DDR. Das ist teilweise lustig, gerade auch der gut aufgelegten Schauspieler wegen. Insgesamt verschenkt die schön ausgestattete Komödie aber doch einiges an Potenzial, zu viele Gags wollen nicht richtig zünden.
6
von 10