Revengeance

(OT: „Revengeance“, Regie: Jim Lujan/Bill Plympton, USA, 2016)

Revengeance
„Revengeance“ läuft im Rahmen des 15. Animationsfilmfestivals Fantoche (5. bis 10. September 2017)

Ein bewegtes Leben hat DeathFace bereits hinter sich. Er war Anführer einer Bikergang, machte Karriere als Wrestler. Warum also nicht auch als Politiker sein Glück versuchen? Gesagt getan, als Senator will er sich um die Belange des einfachen Volkes kümmern. Oder auch seine eigenen Belange, das sieht er nicht so eng. Doch da holt ihn seine Vergangenheit ein: Eine junge Frau namens Lana soll bei ihm eingebrochen sein und etwas Wertvolles entwendet haben. So wertvoll, dass DeathFace gleich mehrere Kopfgeldjäger hinterherschickt, um das gestohlene Gut wiederzubekommen – Mittel egal. Einer davon ist Rod Rosse, der trotz seines unscheinbaren Äußeren ein Meister seines Faches ist.

Wer so lange im Geschäft ist wie Bill Plympton, der hat fast unausweichlich viele Fans – vor allem wenn er eine doch eher spärlich besetzte Nische wie die des Animationsfilms für Erwachsene besetzt. Einer seiner Fans: Jim Lujan, seines Zeichens Underground-Comickünstler. Der wollte den Altmeister mit einem seiner Werke beeindrucken, was ihm tatsächlich auch gelang. So sehr, dass der notorische Eigenbrötler Plympton sich dazu entschloss, mit seinem jungen Kollegen einen Film zu drehen.

Gleich und doch nicht gleich
Man merkt Revengeance auch an, dass der Altmeister während des irren Roadtrips nicht ganz allein unterwegs war. Die Designs sind etwas anders, der Stil allgemein ist es. Und doch ist alles unverkennbar Plympton: grob, derb, brutal, brutal komisch. Die Geschichte ist etwas fokussierter, als es zuletzt beim Filmemacher der Fall war – etwa bei Idiots and Angels. Es gibt hier ein konkreteres Ziel vor Augen, etwas worauf alles hinausläuft. Und auch eine Vorgeschichte, welche der aktuellen Situation zugrundeliegt.

Das soll jedoch nicht bedeuten, dass Revengenace dadurch wirklich intellektueller wäre. „Ich bin ziemlich sicher, dass das kein Wort ist“, sagt einer der Protagonisten irgendwann über den Titel. So wie dort ist beim Rest auch alles da, aber irgendwie nicht so ganz. Dass ein Verbrecher und Wrestlingstar nun Politiker ist, das legt gewisse satirische Absichten nahe. Anderes in dem Film ist aber eindeutig nur dafür da, im gezeichneten Bereich die Sau rauszulassen und eine Absurdität nach der anderen rauszuholen. Oder auch mal das Innere einer Toilette.

Mal lustig, mal eher bemüht
Teilweise ist das amüsant, gerade auch wenn es in der Wüste zu einer Begegnung der etwas anderen Art kommt. Oder die Mutter, die bei Rods Kopfgeldjägergeschäften fleißig mitmischt. An anderen Stellen wirkt der Beitrag vom Animationsfestival Fantoche dann aber doch etwas bemüht. Ein später Nachfahre von Ralph Bakshi (Fritz the Cat), der ebenfalls Sex, Gewalt und groben Humor als Tabubruch begreift. Das hat vor 45 Jahren noch etwas besser funktioniert, heutzutage ist man da doch ganz andere Kaliber gewohnt, selbst bei Animationsfilmen. Fast schon altmodisch ist es, wie Lujan und Plympton hier einen Freigeist beschwören, den es in der Form gar nicht mehr gibt.

Aber es ist eben auch nicht ohne Charme: Revengeance, das bedeutet Bekenntnis zum Retro, zu fetter Rockmusik und primitiven Zeichnungen, in der Perspektiven ein wildes Eigenleben führen. Zur Undergroundszene, zum Blaxploitationkino, zu bewusst dumpfen Rachethrillern. Das ist nicht immer so witzig und cool, wie es sein möchte. Doch zumindest der wahnsinnige Schluss, wenn verschiedene Handlungsstränge zusammenfinden, lässt keinen Wunsch übrig, wird so grotesk, wie man es nur selten sieht.



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Bill Plympton ist und bleibt Bill Plympton. Die Einflüsse seines jungen Kollegen Jim Lujan machen sich zwar bei Designs und einer stärker handlungsorientierten Geschichte bemerkbar. Freunde des derben Humors und der grotesken Ideen, die das bisherige Werk des Amerikaners kennzeichneten, werden aber auch hier fündig.
6
von 10