Personal Shopper
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Personal Shopper

(„Personal Shopper“ directed by Olivier Assayas 2016)

Personal Shopper DVD
„Personal Shopper“ erscheint am 23. Juni 2017 auf DVD und Blu-ray

Es ist schon ein etwas verrückter Beruf: Geld verdient Maureen (Kristen Stewart) ausgerechnet damit, welches auszugeben. Genauer das einer berühmten Modedesignerin, für die sie als Shopping-Assistentin arbeitet. Aber das Leben von ihr und ihrem Zwillingsbruder Lewis war ja schon immer etwas anders gewesen, verfügten beide doch über die Gabe, mit Geistern in Kontakt zu treten. Doch das ist nun vorbei, Lewis ist kürzlich an einer Herzerkrankung gestorben. Ob er nun selbst ein Geist geworden ist? Sind die seltsamen anonymen Nachrichten, welche Maureen erhält, am Ende vielleicht von ihm? Oder hat sich ein realer Mensch an ihre Fersen geheftet?

Eines muss man Olivier Assayas ja lassen: Egal, wie viele Filme man sich von dem französischen Regisseur und Drehbuchautor anschaut, man ist doch nie so ganz drauf vorbereitet, was er als nächstes tut. Nachdem er zuletzt in Die wilde Zeit etwas wehmütig jungen Idealisten aus den 70ern hinterhergeschaut hat, erzählte er anschließend in dem wunderbaren Die Wolken von Sils Maria von einer gealterten Schauspielerin, die sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt. Das tut die Protagonistin von Personal Shopper auch. Gewissermaßen. Aber doch ganz anders. Denn hier flirtet der Filmemacher plötzlich mit dem Horrorgenre, wenn auch – wie zu erwarten – auf eine ganz eigene Weise.

Am Ende ist alles anders … und vorher auch
Nein, wer hier einen Film à la Lights Out oder Insidious erwartet, der wird eher enttäuscht sein. Vor allem der Mittelteil verabschiedet sich von allem, was das Genre auszeichnet. Jump Scares? Aufdringliche Musik? Nicht liegt Assayas ferner. Anstatt Maureen dauerhaft durch dunkle, knarzende Gänge schleichen zu lassen, darf sie im Mittelteil in erster Linie auf ihr Handy starren, wenn mal wieder eine kryptische Nachricht darauf auftaucht. Die Idee an sich ist brillant, da der Film so offen lässt, wo die Nachricht eigentlich herkommt. Ein modernes Joey, wenn man so will. Optisch ist der Teil aber natürlich weniger spannend, zumal das Tempo hier auch äußerst gering ist.

Dass Assayas auch ganz anders kann, das beweist er an anderen Stellen. Vor allem der Einsatz von Musik und Geräuschen sorgt für viel Gänsehaut, mehr als es so mancher „echter“ Horrorfilm hinbekommt. Bemerkenswert dabei ist, wie beiläufig dies geschieht. Es muss gar nicht viel passieren in dieser Geisterwelt, es reichen sich öffnende und schließende Türen, damit einem wohlig unwohl wird. Ein Klopfen. Oder auch ein Rauschen im Lautsprecher, von dem man gar nicht sagen kann oder will, wovon es gerade verursacht wurde.

Ein Rätsel ohne Lösung
Aber das gilt auch für andere Punkte in Personal Shopper: Der Film will nicht schockieren, nicht erklären, er gefällt sich in dem Stadium des Vagen, Nebulösen. Das tun andere Mystery-Thriller natürlich auch. Und doch: Die Rätsel, die Assayas hier stellt, zielen in eine andere Richtung. Sie sind nicht dazu da, gelöst zu werden, sondern etwas über die Person zu sagen, die vor ihnen steht. Nicht das „was“ steht im Mittelpunkt, sondern Maureen, die mit den Ereignissen konfrontiert wird und sich einen Reim auf das Ganze machen muss.

Das kann wahnsinnig frustrierend sein, gerade wenn man die Horrorfilme fürs Massenpublikum gewohnt ist, die eine Erklärung lieber gleich mehrfach abgeben, damit sie auch ja jeder findet. Oder aber man lässt sich darauf ein, auf diese Welt voller seltsamer Szenen, voller Möglichkeiten. Eine Welt, die fasziniert und verstört. Die ist insgesamt natürlich sehr stark auf Hauptdarstellerin Kristen Stewart zugeschnitten, mit der Assayas schon bei Die Wolken von Sils Maria gearbeitet hat. Tatsächlich spielt sie in beiden Filmen die Assistentin einer bedeutenden Frau. Und doch ist sie hier das Zentrum. Das Zentrum der Erscheinungen, das Zentrum des Films. Und beweist erneut, dass sie ihre Twilight-Vergangenheit weit hinter sich gelassen hat und dank ihrer ungewöhnlichen Rollenauswahl zu einer der interessantesten Darstellerinnen derzeit gehört.



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Stammen die mysteriösen Nachrichten von dem toten Bruder oder einem irdischen Verfolger? Aus dieser Situation macht Olivier Assayas bei „Personal Shopper“ eine der interessantesten Geistergeschichten der letzten Zeit. Die Auflösung der Fragen ist dabei eher nebensächlich, vielmehr geht es um die Hauptfigur. Und doch gibt es hier Szenen, die einen Gros der Horrorfilme das Fürchten lehren.
7
von 10