Mittwoch 04:45 Uhr
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Mittwoch 04:45

(„Tetarti 04:45“ directed by Alexis Alexiou, 2015)

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„Mittwoch 04:45“ ist seit 28. Oktober auf DVD und Blu-ray erhältlich

Viele Jahre hat Stelios (Stelios Mainas)  für seinen Traum gekämpft. Doch das ist nun vorbei, sein mühsam aufgebauter Nachtclub steht vor dem Aus, da aufgrund der Finanzkrise die Besucher ausbleiben. Dem Rumänen (Mimi Branescu) ist die Not von Stelios herzlich egal. Der will einfach nur sein Geld, fast 150.000 Euro hat er im Laufe der Zeit an den glücklosen Clubbesitzer verlien. Geld, das er nun zurückfordert. Gerade einmal 32 Stunden bleiben Stelios, um diese Summe aufzutreiben und doch noch sein Lebenswerk zu retten. Je näher die Deadline rückt, umso stärker wird dem Schuldner bewusst, dass auch er sämtliche Skrupel über Bord werfen muss, um nicht unterzugehen.

Filme mit Griechenlandthematik kamen zuletzt ja nur selten ohne Bezug zur Finanz- und Wirtschaftskrise aus. Ob nun im Komödienbereich angesiedelt wie Highway to Hellas oder wie in A Blast und Ein Atem der Dramatik zugewandt, es ist schon recht bitter, was die Situation im südeuropäischen Land mit den Menschen anrichtet. Doch Mittwoch 04:45 Uhr geht noch einen ganzen Schritt weiter, begnügt sich nicht mit der Tragödie an sich, sondern lässt dieser eine noch viel größere folgen.

Dabei wechselt Regisseur und Drehbuchautor Alexis Alexiou bei seinem neuesten Werk zwischendrin gerne mal das Genre. In dem einen Moment erzählt er noch von den Menschen und ihren zerplatzenden Träumen, im nächsten darf zur Waffe gegriffen werden. Zur Verteidigung, zum Angriff, wer kann das hier schon so genau sagen? Um Antworten geht es dem griechischen Filmemacher weniger. Im Gegenteil: Es ist die vergebliche Suche nach Antworten, nach Lösungen und Auswegen, die Mittwoch 04:45 zu so einer schweren Kost machen. Der im Titel und im Aufbau noch strukturierte Film gibt den Blick frei auf eine Gesellschaft, die auseinanderbricht, in der selbst unbescholtene Bürger zum Verbrecher werden, weil ihnen einfach nichts anderes mehr übrig bleibt. Oder auch weil sie es so wollen.

Das haben andere Kollegen von Alexiou natürlich schon vorher erzählt, oft sogar, einst nette Menschen, die aufgrund von Umständen weniger nette Züge entwickeln, die trifft man immer wieder. Tatsächlich ist vieles an Mittwoch 04:45 so universell, dass es auch ohne den griechischen Kontext funktioniert hätte. An manchen Stellen hat man sogar den Eindruck, dass die Krise lediglich Aufhänger ist, damit hier böse Buben endlich ihre Waffen zücken können. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass Alexiou – bei aller Betonung der Abgründe – seine Geschichte doch recht schick inszeniert hat, mindestens ebenso an der Optik wie dem Inhalt gefeilt hat. Vielleicht sogar mehr.

Es sind dunkle Bilder, in die er seinen um einen Ausweg kämpfenden Helden gesteckt hat, Bilder der Nacht, Bilder mit viel Regen, aber auch mit Neonlichtern. Bilder, die neben den obligatorischen Blau- und Schwarztönen auch ein wenig Sepia zulassen, so als würde man sich hier nach früheren, besseren Zeiten zurücksehnen. Nur dass auch der Blick zurück hier keinen echten Trost spendet. Eigentlich gibt es nichts mehr, was in Mittwoch 04:45 geblieben ist, keine Werte, keine Familie. Und auch keine Gesetze. Wann auch immer der Zusammenbruch nun angefangen, wer auch immer ihn ausgelöst hat – er hat inzwischen alle Bereiche erfasst, reißt alles und jeden mit, der nicht rechtzeitig die Kurve gekratzt hat.



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Die Bilder sind schick, der Inhalt deprimierend: „Mittwoch 04:45“ wirft einen Blick auf die gewaltsamen Auswirkungen der Finanzkrise. Die Geschichte mag ein bisschen zu universell sein, um der Situation gerecht zu werden, ist in ihrer Ausarbeitung aber stellenweise so düster, dass man als Zuschauer jede Hoffnung auf die Menschheit aufgeben will.
7
von 10