A Blast
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A Blast – Ausbruch

(„A Blast – Ausbruch“ directed by Syllas Tzoumerkas, 2014)

A Blast Ausbruch
„A Blast – Ausbruch“ ist seit 12. Februar auf DVD erhältlich

Nach außen hin, da scheint alles im Leben von Maria (Angeliki Papoulia) wunderbar zu funktionieren. Ihren Mann Yannis (Vassilis Doganis) sieht sie zwar nicht so oft, wie sie es gerne täte, dafür ist ihre Ehe umso leidenschaftlicher, wurde bislang auch mit drei Kindern belohnt. Beruflich ist auch alles gesichert, arbeitet sie doch schon seit Jahren im Laden der Familie. Aber schon lange rumort es in der Griechin, die eigentlich alles gern anders hätte. Und so beschließt sie eines Tages, alles hinter sich zu lassen, die Kinder ihrer Schwester Gogo (Maria Filini) zu verantworten und woanders komplett von vorne zu beginnen.

Das griechische Kino hat in der letzten Zeit vor allem durch seine recht eigenwilligen Geschichten von sich reden gemacht, seien es die surrealen Szenarien von Giorgos Lanthimos (Alpen, The Lobster) oder der skurrile Roadmovie Xenia. Im Vergleich dazu ist A Blast – Ausbruch relativ normal geblieben, erzählt von einem Schicksal, welches in Griechenland nicht wirklich unüblich ist: Die Eltern haben über ihre Verhältnisse gelebt, die Kinder sollen es ausbaden. Eingepfercht in ihrem engen Leben, ohne echte Perspektive, wird Maria so zur Verkörperung einer frustrierten Generation, die sich nur gewaltsam wieder einen Platz erkämpfen kann. Wo im thematisch ähnlichen Beitrag Lichtgestalten aus Deutschland mit dem radikalen Neuanfang nur geflirtet wird, da wird hier tatsächlich alles kurz und klein geschlagen. Dass im Film immer wieder von einer erstarkenden Rechten die Rede ist, Marias eigener Schwager dazu zählt, ein Wunder ist das nicht.

Wundern darf man sich dennoch immer wieder, denn Regisseur und Koautor Syllas Tzoumerkas wählte einen recht ungewöhnlichen Rahmen, um seine Geschichte zu erzählen, indem er in die Gegenwart immer wieder Flashbacks einbaut. Das ist als Technik nicht weiter erwähnenswert, geschieht hier aber derart nahtlos, dass zu Beginn einer Szene nie ganz klar ist, wann sie eigentlich spielt, zumal auch die Rückblicke nicht chronologisch geordnet sind. A Blast verrät zunächst nicht einmal, wovon der Film nun handelt. In dem einen Moment sehen wir Maria durch die Gegend wüten, im nächsten ist sie überglücklich in der Familie. Was diese Gefühlsausbrüche auslöst, ist oft nicht nachzuvollziehen, Maria bleibt einem lange fremd.

Das ist normalerweise ein Manko, hier ist das Rätselhafte aber Teil des Konzepts: Wie das Land, so ist auch das Drama zerbrochen, in viele Splitter zerteilt, es liegt am Zuschauer, diese Fragmente aufzuheben und wieder zusammenzusetzen. Leicht ist diese Aufgabe nicht, A Blast ist kein Film, den man sich nebenher anschauen kann. Aber selbst wer genau aufpasst, wird nicht auf jede Frage eine Antwort erhalten. So bleibt völlig offen, welchen Zweck die regelmäßig eingestreuten, teils expliziten Sexszenen haben, die Maria und Yannis zeigen, manchmal nur Letzteren. Ob die Betrogene von ihrem Unglück weiß, auch das wird nicht verraten, vielleicht sind die außerehelichen Aktivitäten nur ein Anlass, um die Entfremdung zwischen der alleingelassenen Ehefrau und ihrem ständig auf Reisen befindlichen Mann zu verdeutlichen.

Eines verdeutlichen die Szenen aber definitiv: A Blast ist ein von Emotionen getragener Film, für Rationalität gibt es hier keinen Platz. Da wird gestritten, geliebt, geprügelt, nachgedacht jedoch nur selten. „Ausbruch“ lautet der deutsche Untertitel des Dramas, und solche geschehen hier auch ohne Ende. Das Leben in Griechenland – so erscheint es hier zumindest – ist der ständige Tanz auf einem Vulkan. Die Wucht, mit der einem hier alles um die Ohren fliegt, ist faszinierend, manchmal auch erschreckend, geradezu paralysiert starrt man in solchen Momenten auf das Geschehen. Seinen Anspruch auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit sollte man hier besser zurückschrauben. Wer das kann, wird hier mit einem Film belohnt, der weniger ein Psychogramm als vielmehr ein faszinierendes Kaleidoskop einer sich auflösenden Gesellschaft zeigt.



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Nein, ein nachvollziehbares Psychogramm will der Film über eine Frau, die den radikalen Neuanfang sucht, nicht sein. Vielmehr ist das emotionsstarke Drama, auch durch die chronologisch wilde Erzählweise, ein faszinierendes Kaleidoskop, welche eine perspektivlose Gesellschaft in der gewaltsamen Auflösung zeigt.
7
von 10