Suite francaise
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Suite Française – Melodie der Liebe

(„Suite Française – Melodie der Liebe“ directed by Saul Dibb, 2015)

Suite Francaise DVD
„Suite Française – Melodie der Liebe“ ist seit 3. Juni auf DVD und Blu-ray erhältlich

Ob sie ihn jemals wiedersehen wird? Während ihr Mann im Zweiten Weltkrieg kämpft, wartet die junge Lucille Angellier (Michelle Williams) zusammen mit ihrer Schwiegermutter (Kristin Scott Thomas) sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen. Doch es ist nicht ihr Gatte, der eines Tages vor ihrer Tür steht, sondern die deutschen Besatzer. Die französischen Dorfbewohner, so die Anweisung, sollen die Soldaten unterbringen – darunter Offizier Bruno von Falk (Matthias Schoenaerts) und Kurt Bonnet (Tom Schilling). Für Angellier gestaltet sich diese Situation sehr schwierig. Nicht nur, dass es in der erhitzten Kriegsstimmung immer wieder zu Konflikten kommt, sie fühlt sich zunehmend auch zu dem kultivierten Bruno hingezogen.

Einige Werke sind so untrennbar mit ihrer Entstehungsgeschichte verbunden, dass der Inhalt dabei fast nebensächlich wird. So wie bei „Suite Française“, dem 2004 veröffentlichten Roman von Irène Némirovsky. Mehr als 60 Jahre war die gebürtige jüdische Ukrainerin zu dem Zeitpunkt bereits tot, gestorben in deutscher Gefangenschaft in Auschwitz. Ihre Tochter hatte die in einem Notizbuch festgehaltene Geschichte viele Jahrzehnte lang ignoriert, in der Annahme, es handelte sich um ein Tagebuch der Verstorbenen. Stattdessen machte sich die Autorin, noch während des Kriegs, Gedanken über das Zusammenleben mit den Besatzern, verarbeitete ihre Erfahrungen mithilfe der Literatur.

Auch in der Verfilmung wird das komplexe Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen beleuchtet, mit Schattierungen auf beiden Seiten des Ländergrabens. Am interessantesten ist Suite Française auch genau dann, wenn das Dorf als Mikrokosmos begriffen wird, das nicht aus gut und schlecht besteht, sondern Individuen mit ihren jeweiligen Geschichten und Schicksalen. Nur hat der Film dabei zwei Probleme. Zum einen sind da einfach zu viele Personen und zu viele Nebenhandlungen. Was hier in 107 Minuten gepackt wird, böte eigentlich Stoff für einen Mehrteiler à la Tannbach. Das Material findet jedoch in der Form nicht den nötigen Raum, bleibt an vielen Stellen kaum ausgearbeitet, manches ist hier schon vorbei, bevor es angefangen hat.

Einen wirklichen Gefallen tat man sich damit nicht, denn so atmosphärisch das angeschnittene Dorfleben auch ist, so unbefriedigend ist es, nie wirklich ins Detail gehen zu können. Stattdessen wurde viel Zeit für die sich anbahnende Liebesbeziehung des Deutschen und der Französin reserviert und letzten Endes auch verschwendet. bei aller Attraktivität des Pärchens auch ist und der verständlichen Hoffnung auf einen Lichtstrahl in dem trüben Kriegsszenario, emotional mitreißend wird Suite Française eigentlich nie, dafür bewegen sich Geschichte und Dialoge zu sehr auf Soap-Opera-Niveau.

An den Darstellern liegt das weniger, vielmehr ist die erstaunlich hochkarätige Besetzung – neben den Schauspielern oben sind auch Sam Riley, Ruth Wilson, Heino Ferch und Lambert Wilson mit von der Partie – sogar ein Grund, sich Suite Française einmal anzuschauen. Schade, wenn nicht gar ärgerlich ist jedoch, wie wenig dabei auf eine nationale Übereinstimmung geachtet wurde. Wenn Belgier Deutsche spielen und Engländer Franzosen, dann wird allein schon aufgrund der Sprache die Chance auf Authentizität achtlos weggeworfen. Besser sieht es bei den stimmungsvollen Kulissen aus, welche das Zeitkolorit überzeugend einfangen und Suite Française so zu einem inhaltlich zwar enttäuschenden, aber doch schön anzusehenden Kriegsdrama machen.



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Die Verfilmung des gleichnamigen Romans überzeugt durch die prominente Besetzung, stimmungsvolle Kulissen und einen interessanten Dorf-Mikrokosmos. Leider werden viele Themen jedoch nur angeschnitten, um so der eher emotionslosen Liebesgeschichte Platz zu machen.
5
von 10