Nur wir drei gemeinsam
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Nur wir drei gemeinsam

(„Nous trois ou rien“ directed by Kheiron, 2015)

Nur wir drei gemeinsam
„Nur wir drei gemeinsam“ läuft ab 30. Juni im Kino

Die Menschen hungern, sie flehen und werden ignoriert. Dem Teheran der 1970er Jahre mangelt es an vielem, aber vor allem an Perspektive. Der Schah regiert das gepeinigte Volk mit eiserner Hand und jegliche Stimmen der Vernunft werden im Keim erstickt. Auch Habit (Kheiron), der zusammen mit seiner Frau Fereshteh (Leïla Bekhti) und Gleichgesinnten gegen das Regime vorgeht, wird bestraft und gefoltert. Während viele ihr Heil in der Akzeptanz der schier aussichtslosen Lage suchen, kämpft er jedoch weiter für eine bessere Zukunft und hält an seinem Glauben fest. Letztendlich wird der Schah gestürzt und einem Neuanfang steht nichts mehr im Wege. Wäre da nicht der neu erwählte Ayatollah Khomeini, der die Tyrannei von vorne beginnen lässt. Verfolgungen, Verhaftungen und Attentate gegen Habit und seine Gefolgsleute häufen sich nun täglich und so wird die Angst um seine Familie eines Tages zu groß. Mit nur dem Nötigsten und ihrem einjährigen Sohn Nouchi im Arm, macht sich die Familie auf den Weg über die Türkei nach Frankreich – in die Sicherheit, wenn auch nur für den Moment. Allerdings finden sie in den Ghettos der Pariser Vororte nicht nur hilfsbedürftige Menschen und heruntergekommene Fassaden, sondern auch das Zuhause und den Frieden, für die sie immer gekämpft haben.

Das Leben schreibt noch immer die schönsten Geschichten und als Kheiron (Große Jungs) das Angebot für eine Filmproduktion erhielt, musste er nicht lange überlegen. Er adaptierte einfach die Lebensgeschichte seiner Eltern, ließ sich einige künstlerische Freiheiten und setzte dem Ganzen seinen komödiantischen Stempel auf, wobei er auf seine Erfahrungen im Stand-Up-Comedy Bereich zurückgreifen konnte. Dabei übernimmt er nicht nur die Rolle seines Vaters, sondern ist zugleich auch Regisseur und Drehbuchautor, während die französische Schauspielerin Leïla Bekhti (Ein besseres Leben) in die Rolle seiner Mutter schlüpft. Darüber hinaus dürfen sich noch viele weitere Charaktere Teil des umfangreichen Ensembles nennen, welches über mehrere Zeitspannen viele der essenziellen Protagonisten gleich mehrfach besetzt. Alleine Nouchi, der über die Reise der Familie vom kleinen Säugling zum Teenager heranwächst, wird durch drei Jungdarsteller repräsentiert, wodurch sich eine gezielte Selektion und Bewertung der schauspielerischen Darstellungen als schwierig erweist, im Gesamtbild aber zur Nebensächlichkeit wird.

Im Verlauf der Geschichte begegnet die Familie rundum Habit vielen Menschen und Bekanntschaften, was zu Zeiten etwas überwältigend sein kann, dem Film aber zugleich Abwechslung verleiht. Die Orte des Geschehens wechseln sich ständig, bis sie in Frankreich ankommen und zum ersten Mal aufatmen können. Auch das ernste Thema der Politik und Historie lässt die Umsetzung zu einem oftmals feinen Drahtseilakt werden, dessen Kombination in vielen anderen Filmen nicht all zu selten zum Scheitern verurteilt ist. Paart man diese jedoch mit dem Comedy-Aspekt und den familiären Werten, wird daraus etwas ganz Besonderes, dessen authentische Note einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Vom Aufwachsen unter dem Regime des Schahs über den Gefängnisaufenthalt von Habit bis hin zur Flucht über die Türkei in die Ghettos Frankreichs, erlebt man hautnah die Wandlung der Familie, welche ihr Leben aufs Spiel setzt, um einen Unterschied zu machen und zu guter Letzt doch noch ihre Bestimmung findet.

Nur wir drei gemeinsam ist humorvoll, emotional und vor allem von Herzen. Die Ode an seine Eltern versprüht nicht nur Lebensfreude und -energie, sondern schafft es zudem, das dennoch ernste Thema leichtfüßig und mit gar schwarzen Humor aufzugreifen und einzubinden. Familie über alles und nur gemeinsam sind wir stark, sind die stetigen Begleiter der außergewöhnlichen Reise und werden von der hervorragenden tonalen Untermalung nur intensiviert. Das Zusammenspiel zwischen den Schauspielern, der Situationskomik und dem omnipräsenten Optimismus ist ein Fest für alle Sinne und verleiht dem düsteren Schah-Regime eine hoffnungsvolle Note. Klischeefrei und von Grund auf authentisch gelingt es dem Komiker Kheiron zu inspirieren und der Lebensgeschichte seiner Familie ein filmisches Denkmal zu setzen.



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Eine fantastische Geschichte von Aufstand, Abschied und Neuanfang, verpackt in ein humorvolles Gewand, welches die herzerwärmende Reise sanft umschlingt und zu keinem Zeitpunkt erdrückend oder fehl am Platz wirkt. Wahrlich märchenhaft und optimistisch in jeder Lebenslage. Ein Gute-Laune Film mit Herz und Hintergrund.
8
von 10