Sonnenallee

Sonnenallee

(„Sonnenallee“ directed by Leander Haußmann, 1999)

Sonnenallee
„Sonnenallee“ ist seit 17. April auf DVD und Blu-ray erhältlich

Alltag in der Sonnenallee in Ost-Berlin: Während der 17-jährige Michael Ehrenreich (Alexander Scheer) und sein bester Freund Mario (Alexander Beyer) herumalbern und der gemeinsame Kumpel Wuschle (Robert Stadlober) auf der Suche nach heißer und in der DDR der 70er leider verbotener Rockmusik ist, zieht der zuständige Abschnittsbevollmächtigte Horkefeld (Detlev Buck) durch die Straßen, um zu schauen, dass ja auch alles in Ordnung ist und sich jeder an die Regeln hält. Und doch, die Zeichen stehen auf Umbruch: Micha verliebt sich in die Schulschönheit Miriam (Teresa Weißbach), Wuschel riskiert einiges für eine Rolling-Stones-Platte und Mama Ehrenreich (Katharina Thalbach) plant heimlich die Flucht.

Wie war das eigentlich damals in der DDR? Während die ersten Jahre nach der Wiedervereinigung davon geprägt waren, die Vergangenheit möglichst rasch hinter sich zu lassen, wagten später immer mehr Filmemacher den Blick zurück. Und nicht jeder davon wurde zu einer bitteren Abrechnung, wie Sonnenallee beweist. 1999 in den Kinos gestartet erzählte der selbst in Berlin aufgewachsene Regisseur und Ko-Autor Leander Hausmann, was es hieß, als Jugendlicher im Sozialismus ein normales Leben führen zu wollen.

Ganz bierernst ging Haußmann die Sache nicht an: Vieles hier ist humorvoll gemeint, teils ironisch, manchmal wird sogar satirisch überspitzt. Gerade bei den Nebenfiguren wurde an Skurrilitäten nicht gespart. So macht sich Michaels Wessi-Onkel Heinz (Ignaz Kirchner) einen Spaß daraus, bei jedem Besuch irgendwelche Dinge in die Stadt zu schmuggeln, von denen er denkt, dass seine Familie sie brauchen kann – was eher selten der Fall ist. Vater Ehrenreich (Henry Hübchen) wiederum entspricht dem Klischee des meckernden Ossis: Schon in der ersten Szene echauffiert er sich über einen unpraktischen Multifunktionstisch, er wird auch später an nichts einen Grund zur Freude finden. Und bei den Anhängern des Sozialismus, sei es nun Horkefeld, Beamte oder Schulangestellte, trifft Regelhörigkeit auf Leichtgläubigkeit und schlichte Gemüter.

An diesen Stellen baut Haußmann dann doch noch eine leise Kritik an der damaligen Situation ein, vor allem aber will er unterhalten. Das gelingt ihm mal besser, mal schlechter, insgesamt aber auf einem guten Niveau. An manchen Stellen wird es dann doch eine Spur zu albern oder auch zu zotig. Von Fenstern pinkelnde Männer? Farbschmierereien beim Sex? Sonderlich niveauvoll ist das nicht, so wie Sonnenallee insgesamt eher ein inhaltliches Leichtgewicht ist. Auf eine durchgängige Geschichte muss man hier außerdem verzichten, vielmehr präsentiert uns die Komödie einen Querschnitt durch die Nachbarschaft, lässt diverse Handlungsfäden parallel verlaufen. Diverse davon befassen sich mit dem Leben in der DDR der 70er, andere sind allgemeiner Natur: Wenn Michael alles dafür tut, um seiner Angebeteten näherzukommen, dann kennt das keine Ländergrenzen oder politische Systeme – hier geht es um Erfahrungen, die jeder schon einmal gemacht haben dürfte.

Das ist es dann auch, was Sonnenallee auszeichnet: Voller Charme erzählt Haußmann die Geschichte von irgendwo liebenswerten Jugendlichen, die sich nicht viel darum kümmern, wo sie sind oder in welchem System sie leben, so lange sie nur heiße Musik zu hören bekommen und mit der Traumfrau zusammen sein dürfen. Opportunistisch? Unambitioniert? Vielleicht, aber eben auch menschlich. Und spätestens wenn zum Schluss die Lösung auf alles lautet, einfach die Anlage weiter aufzudrehen und zu der Musik zu tanzen, die man nun eben hat, dann ist man längst selbst von der guten Laune infiziert. Wer das noch nicht von sich behaupten kann, darf dies seit Neuestem in HD tun, denn der Film erschien unlängst das erste Mal auf Blu-ray.

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„Sonnenallee“ nimmt uns mit in die DDR der 70er und erzählt im ironisch-humorvollen Ton die überraschend universelle Geschichte mehrerer Jugendlicher. Eine fortlaufende Handlung gibt es nicht, Anspruch auch nicht unbedingt, dafür jede Menge gute Laune.
7
von 10