Parasyte Teil 1

(„Parasyte: Part 1“ directed by Takashi Yamazaki, 2014)

Parasyte Teil 1
„Parasyte: Part 1“ läuft im Rahmen des japanischen Filmfestivals Nippon Connection in Frankfurt am Main (2.-7. Juni 2015)

Woher sie so plötzlich kamen, kann keiner so genau sagen, eines ist aber gewiss: Die Parasiten haben keine friedlichen Absichten. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, Menschen zu verspeisen, übernehmen sie ganz gerne das Gehirn der Wirte und somit die Kontrolle über sie. Auch der 17-jährige Shinichi Izumi (Shota Sometani) war für eine Übernahme prädestiniert, was aber nicht ganz klappte, denn zum Zeit der Invasion trug er einen Kopfhörer – der übliche Zugang über die Ohren war damit versperrt. Und so wählt sein Parasit den Umweg über Shinichis rechte Hand, die er fortan auch beherrscht, der restliche Körper jedoch steht nach wie vor unter dem Kommando des Jungen. Während Ryoko Tamiya (Eri Fukatsu), ebenfalls von einem Parasiten befallen, von dieser Koexistenz ganz angetan ist und darin eine potenzielle Zukunft für ihre Spezies sieht, ist anderen Artgenossen diese unnatürliche Vereinigung ein Dorn im Auge, der notfalls mit Gewalt entfernt werden muss.

Lange Zeit sah es so aus, als würde das mit der Verfilmung von Hitoshi Iwaakis Bestsellermanga „Parasyte“ nichts mehr werden, jahrelang verstaubten die Rechte daran in Hollywood, ohne dass das Projekt sichtbar vom Fleck gekommen wäre. Und dann buhlen Ende 2014 fast zeitgleich sogar zwei Adaptionen um die Gunst der Fans: Während das renommierte Animationsstudio Madhouse (Robotic Angel, Millennium Actress) sich um die Fernsehfassung namens Parasyte -the maxim- kümmern durfte, wurde für die Realfilmfassung Regisseur Takashi Yamazaki (Space Battleship Yamato, Eternal Zero – Flight of No Return) beauftragt. Damit zeigte das japanische Filmstudio Toho, welches nach einem Bieterwettstreit die Rechte erhielt, ein ebenso glückliches Händchen wie bei der Besetzung der Hauptrolle: Shota Sometani hatte bereits in Takashi Miikes Funslasher Lesson of the Evil Horrorerfahrung gesammelt, in der bizarr-gewalttätigen Coming-of-Age-Mangaverfilmung Himizu spielte er ebenfalls einen Jugendlichen, der in einer ungewöhnlichen Situation sich selbst sucht. Und beides darf er hier dann gewinnbringend unterbringen.

Nun sind Realfilmversionen von Mangaserien immer so eine Sache: Auf der einen Seite bieten sie dank eines hohen Budgets deutlich mehr Möglichkeiten in der Inszenierung, auf der anderen muss meist stark gekürzt werden. Und auch Parasyte hat – obwohl in zwei Teile gesplittet – einiges herausstreichen oder stark zusammenstauchen müssen, was so manchen Fan der Vorlage sicher auf die Barrikaden treiben wird. Wer sich aber damit abfinden kann, dass hier platzbedingt manches etwas anders ist, darf hier viel Spaß haben. Allzu ernst sollte man an den Film ohnehin nicht herangehen, denn ganz im Sinne von 80er-Jahre Genrekollegen wie Gremlins oder Critters – der Manga erschien ab 1988 – ist der Horror hier sehr nah an der Komödie angesetzt. Vor allem Shinichis rechte Hand, nach dem japanischen Wort für „rechts“ Migi genannt, sieht in seiner schneckenförmigen Gestalt eher zum Lachen als zum Fürchten aus. Und auch wenn dessen Parasitenkollegen sich zu erkennen geben, ist das ein technisch zwar gelungener, aber insgesamt doch mehr als grotesker Anblick. Hinzu kommen Szenen, die fast schon als Culture-Clash-Comedy durchgehen könnten, wenn Shinichi seinem ungebetenen Gast erst noch die Welt erklären muss.

Das soll jedoch nicht heißen, dass reine Horrorfans hier völlig in die Röhre schauen. Blutig wird es hier durchaus, gerade in der zweiten Hälfte geht es richtig zur Sache, wenn so mancher unglücklicher Passant brutal aus dem Leben gerissen, zerhackt, zerstochen wird. Und selbst für etablierte Charaktere gibt es hier keine Garantie, in Teil zwei noch einmal aufzutauchen. Der ist dann übrigens auch Pflichtprogramm, denn der Auftakt hier erzählt nur etwa die erste Hälfte der zehn Mangabände, bricht relativ abrupt mittendrin ab. Bedauerlicherweise sind weder die beiden Filme noch die Animeserie derzeit in Deutschland erhältlich oder angekündigt, Besucher des japanischen Filmfestivals Nippon Connection in Frankfurt am Main haben aber Anfang Juni die Möglichkeit, die zwei Teile schon jetzt zu sehen. Teil zwei wird seine Deutschlandpremiere sogar in Anwesenheit des Schauspielers Tadanobu Asano feiern, der in der Fortsetzung eine wichtige Rolle spielt.



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Fans der Mangavorlage müssen erwartungsgemäß mit Kürzungen leben, die dem Platzmangel geschuldet sind. Launig ist der erste Teil von „Parasyte“ aber allemal, bietet viel blutigen Horror sowie starke Komödienelemente, die Lust auf die Fortsetzung machen.
7
von 10