Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ // Deutschland-Start: 11. Dezember 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Micha Hartung (Charly Hübner) führt ein ruhiges, bescheidenes Leben als Inhaber der Videothek „The Last Tycoon“. Das ändert sich, als eines Tages der Journalist Alexander Landmann (Leon Ullrich) vor ihm steht. Dieser hatte herausbekommen, dass Hartung 1984 als stellvertretender Stellwerkmeister am Bahnhof Friedrichstraße eine Weiche falsch gestellt hatte, wodurch 127 Fahrgäste aus dem Ostteil der Stadt in den Westen geleitet wurden – und damit in die Freiheit. Landmann will aus der Geschichte einen ganz großen Artikel macht und bietet dem verdutzten früheren DDR-Bürger eine Menge Geld. So ganz recht ist dem die Situation nicht. Da er das Geld aber gut gebrauchen kann, sagt er dennoch zu, ohne zu ahnen, was er damit anrichten wird. Denn eher er es sich versieht, ist Hartung zu einem Nationalhelden geworden …

Falscher Blick in die Vergangenheit

Richtig umfangreich ist die Filmografie von Wolfgang Becker zwar nicht. Dafür hatte der deutsche Regisseur mit der Ostalgiekomödie Good Bye, Lenin! 2003 einen echten Hit gelandet. Die Geschichte um eine Familie, die der Mutter durch Tricksereien die Wende zu verschweigen versuchen, lockte mehr als sechs Millionen Menschen in die Kinos, was den Film zu einem der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten machte. Danach kam nicht mehr viel. Seine letzte Regiearbeit war 2015 die Tragikomödie Ich und Kaminski über die Begegnung eines Journalisten und eines ehemaligen Malers. Da ist es doch schön, dass sich der Filmemacher mit Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße noch einmal zurückmeldet, auch wenn die Umstände traurig sind: Becker starb wenige Monate nach Drehschluss, die Postproduktion musste ohne hin stattfinden.

Erneut setzt er sich in dem Werk mit dem DDR und deren Erbe auseinander. Überhaupt gibt es einige wiederkehrende Elemente, die den Film mit den beiden obigen verbindet. Da ist erneut die Begegnung eines Journalisten mit einem Mann und dessen Geschichte. Und natürlich steht im Zentrum auch wieder eine große Lüge. Wo jedoch bei Good Bye, Lenin! die Scharade betrieben wurde, damit die kranke Mutter sich nicht aufregt, die Ereignisse also aus einem Altruismus heraus geschehen, da ist der Protagonist von Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße deutlich selbstsüchtiger. Er lügt, weil er Geld will. Heldenhaft ist das natürlich nicht. Aber es geht in der Komödie eben auch maßgeblich um die Diskrepanz zwischen dem äußeren Schein und dem, was wirklich dahintersteckt.

Versöhnliche und spaßige Denkmalpflege

Die Adaption des Romans von Maxim Leo (Es ist nur eine Phase, Hase) ist dabei aber mehr als nur eine dieser Komödien rund um eine Lüge, die immer größer wird und irgendwann notgedrungen in sich zusammenfällt. Becker greift auch größere Themen auf, darunter die Erinnerungskultur und wie wir ständig unsere Geschichte umschreiben, damit sie uns besser passt. Wenn der unscheinbare und dezent verwahrloste Videothekenboss zum Medienstar avanciert, dann hat das auch leicht satirische Elemente. Wobei man in der Hinsicht nicht zu viel erwarten sollte. Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße ist dann doch eher ein versöhnlicher Film, wenn die Menschen wieder zueinander finden und beginnen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Zu böse soll das nicht werden.

Spaß haben darf man dennoch, wenn sich der Protagonist in seine Lücken verstrickt und dabei immer weiter aufblüht. Wo er sich anfangs noch schwer damit tut, überhaupt irgendetwas zu sagen, und sich von Wort zu Wort hangelt, genießt er später die Freiheit der Erfindung und die Anerkennung, die damit einhergeht. Aber auch andere gefallen sich in den Rollen als Geschichtenerzähler, die teilweise mit einer Sinnsuche verbunden sind. Das Ende ist ein wenig beliebig, da hätte man sich vielleicht doch eine pfiffigere Auflösung gewünscht. Aber auch so ist Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße ein schöner Film, mit dem Becker nicht nur den Menschen der DDR nachträglich ein Denkmal gesetzt hat, sondern auch sich selbst.

Credits

OT: „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Wolfgang Becker
Drehbuch: Constantin Lieb, Wolfgang Becker
Vorlage: Maxim Leo
Musik: Lorenz Dangel
Kamera: Bernd Fischer
Besetzung: Charly Hübner, Christiane Paul, Leon Ullrich, Leonie Benesch, Thorsten Merten, Dirk Martens, Peter Kurth, Daniel Brühl, Jürgen Vogel, Eva Löbau

Bilder

Trailer

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Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
fazit
Die Roman-Adaption „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ erzählt von einem einfachen Stellwerkmeister, der ungewollt zu einer Mediensensation wird. Das Ergebnis ist eine schöne Komödie, die sich unter anderem mit der Erinnerungskultur und der Sehnsucht nach Sinn und Anerkennung befasst. Die satirische Komponente hätte gern noch bissiger werden dürfen, aber auch so ist das hier sehenswert.
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