
Der Shock ist groß, als Emily Byrne (Stana Katic) auftaucht. Sechs Jahre ist es her, dass die FBI-Agentin auf der Jagd nach einem berüchtigten Serienmörder spurlos verschwunden ist. Zwischenzeitlich hatte man sie auch für tot erklärt. Jetzt ist sie wieder da, kann sich aber an nichts erinnern, weiß auch nicht, wer sie seinerzeit entführt und jahrelang gefangen gehalten hat. Für Nick Durand (Patrick Heusinger) ist das gleich doppelt schwierig: Er ist nicht nur ihr Kollege, sondern auch ihr Ehemann. In der Annahme, sie sei verstorben, hat er jedoch Alice Durand (Cara Theobold) geheiratet und weiß nicht so wirklich, wie er sich Emily gegenüber verhalten soll. Und als wäre das nicht kompliziert genug, mehren sich Hinweise, dass die Rückkehrerin selbst eine Mörderin sein könnte …
Ich weiß nichts mehr
Es gehört zu den in Thrillern immer wieder gern verwendeten Szenarien: Die Hauptfigur kommt zu sich und kann sich an nichts erinnern. Die Spannung besteht dann nicht nur darin, was noch alles geschehen wird, sondern auch, was zuvor geschehen ist und worum es eigentlich geht. Das Publikum soll zusammen mit den Gedächtnislosen grübeln und Hypothesen anstellen. Beispiele für eine solche Geschichte gibt es zuhauf, dieses Jahr gab es unter anderem Medusa, Ash und Solange wir lügen, die auf diese Weise beginnen. Schon ein wenig älter ist die Serie Absentia, 2017 ging diese an den Start. Sie erfreute sich aber so großer Beliebtheit, dass sie es auf immerhin drei Staffeln brachte und damit deutlich länger ist, als man es von solchen Amnesie-Thrillern gewohnt ist.
Diese Langlebigkeit erkaufte man sich auf verschiedene Weisen. Eine ist es, das oben genannte Standardszenario mit einem anderen zu kombinieren: Die Hauptfigur wird eines Verbrechens beschuldigt und muss nun ihre Unschuld beweisen. Während Emily anfangs noch als reines Opfer angesehen wird, mehren sich mit der Zeit die Zweifel. Was, wenn alles in Wahrheit ganz anders war und Emily nicht einen Mörder jagte, sondern selbst eine ist? Die Kombination funktioniert prinzipiell gut, da sich die Protagonistin in Absentia ja selbst nicht ganz sicher sein kann. Natürlich glaubt jeder von sich, nicht böse zu sein. Wenn man sich aber nicht erinnern kann, was geschehen ist und was man getan hat, dann liegt ein Worst Case zumindest im Bereich des Möglichen. Es gab ja auch mehrere Thriller, in denen die Hauptfigur entsetzt feststellen muss, jemand anderes zu sein als gedacht.
Wendungsreich und überzogen
Der andere Faktor, der bei der Serie auffällt: Es gibt da nicht nur ein großes Geheimnis, das im Zentrum von allem steht. Die unterschiedlichsten Leute tragen da etwas mit sich herum, intrigieren, geben sich als jemand anderes aus oder verhalten sich zumindest so dubios, dass man niemandem trauen kann. Das macht schon neugierig, verbunden mit sich regelmäßig überschlagenden Ereignissen ist in der ersten Staffel ständig etwas los. An Wendungen mangelt es in Absentia nicht. Langweilig wird es einem in den zehn Folgen nicht, zumal noch die eine oder andere Actionszene hinzukommt und noch ein bisschen persönliches Drama hinzukommt – etwa bei Nick, der zwischen den Stühlen sitzt, oder Emilys kriselndem Bruder Jack (Neil Jackson).
Glaubwürdig ist das Ganze aber nicht. An vielen Stellen hat man das Gefühl, dass die Wendungen und Verstrickungen reiner Selbstzweck sind, anstatt eine wirkliche Geschichte erzählen zu wollen. Schauspielerisch hinterlässt die Serie auch nicht den stärksten Eindruck, was angesichts der mäßig interessanten Figurenzeichnungen etwas unglücklich ist. Da lagen die Prioritäten eindeutig woanders. Wen das nicht stört und mal wieder einen wendungsreichen Thriller sehen möchte, bei dem viel los ist, kann es hiermit schon einmal versuchen. Inhaltliche Ansprüche sollte man an das leicht trashige Absentia aber nicht haben. Das Ende der ersten Staffel passt dafür, weil die Geschichte einerseits abgeschlossen wird, aber immer noch Fragen offenbleiben.
OT: „Absentia“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Oded Ruskin
Drehbuch: Matthew Cirulnick, Kate Powers, Elaina Perpelitt, Antoinette Stella, Gaia Violo
Idee: Gaia Violo, Matt Cirulnick
Musik: Nami Melumad
Kamera: Nadav Hekselman
Besetzung: Stana Katic, Patrick Heusinger, Cara Theobold, Neil Jackson, Angel Bonanni, Bruno Bichir, Paul Freeman, Ralph Ineson, Christopher Colquhoun, Patrick McAuley, Richard Brake, Lydia Leonard
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