
Natasha Flynn (Polly Maberly) ist eine echte Macherin. Sie hat sich allein ein Geschäft als Immobilienmaklerin aufgebaut, weiß, wie sie andere Menschen für sich gewinnt, ist ständig auf Achse. Und das ist nur der Anfang, sie plant bereits zu expandieren, auch eine Fusionierung mit einem anderen Unternehmen ist angedacht. Zumindest ist es das, was sie nach außen hin verkauft. Stattdessen läuft es nicht annähernd so gut wie erhofft, Flynn hat große Geldprobleme, steht enorm unter Druck und funktioniert nur dank ihres ausgedehnten Drogenkonsums. Aber auch dieser kann nicht verhindern, dass die Schuldner hinter ihr her sind. Schließlich hat sie sich von mehreren Leuten Geld geliehen – darunter auch solchen, mit denen man besser nichts zu tun haben sollte …
Die Abgründe des Immobiliengeschäfts
Ein Faible für Verbrechen hat Gerard Johnson sicherlich, zumindest in seinen Filmen kehrt der Regisseur und Drehbuchautor immer wieder zu solchen zurück. So erzählte er in seinem Langfilmdebüt Tony (2009) von einem Serienmörder. In Hyena (2014) ging es um einen Polizisten, der vergeblich gegen die Kriminalität Londons ankämpft, zumal sein eigener Partner offen korrupt ist. Nachdem er zwischenzeitlich mit Muscle (2019) eine etwas andere Richtung eingeschlagen hatte, kehrt er mit seinem vierten Langfilm Odyssey in gewohnte thematische Gefilde zurück. Denn auch wenn das Geschäft mit Immobilien prinzipiell legal ist, dreht sich die Geschichte doch eher um das, was hinter dieser seriösen Fassade so geschieht.
Dass da etwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht, daran lässt Johnson keinen Zweifel. Schon die erste Szene mit Flynn, die ihre Zahnarztrechnung nicht bezahlen kann, lässt einen vermuten, dass die selbsternannte Macherin nicht ganz so viel auf die Reihe bekommt wie gedacht. Immerhin, es gelingt ihr, mit lauter abgeschmackten Floskeln Wohnungen loszuwerden, bei denen man als Zuschauer bzw. Zuschauerin bereits ahnt, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Zumindest eine Weile sieht es danach aus, dass Odyssey das Porträt einer Branche ist, bei der schamlos mit einem aufgesetzten Lächeln gelogen wird. Sympathisch ist die Protagonistin natürlich nicht, soll es auch gar nicht sein. Wie sie Leute vorführt, zum Teil richtig garstig werden kann, macht sie eher zu einer Antagonistin. Ganz einfach ist es daher nicht, im weiteren Verlauf mitzufiebern, wenn sie Probleme mit den Geldhaien bekommt.
Stillstand und Eskalation
Die eigentlichen Mankos des Films liegen aber woanders. So wird hier lange nicht klar, was Johnson erzählen will bzw. ob er etwas zu erzählen hat. Die Geschichte tritt nach einem vielversprechenden Einstieg lang auf der Strecke, lässt Chance um Chance verstreichen, mal einen höheren Gang einzulegen. Als an einer Stelle etwa ein abgelegenes Haus ins Spiel kommt, meint man noch kurz, dass das vielleicht in eine Horrorrichtung gehen könnte. Die Fährte wird anschließend aber lang aus den Augen verloren. Und so gibt es einige Elemente, die in Odyssey auftauchen, dann aber nicht weiter ausgearbeitet werden. Manches wird dann zwar schon noch aufgenommen. Aber es dauert viel zu lange. Mit einer Laufzeit von 110 Minuten ist Odyssey völlig überdimensioniert, es macht sich Langeweile breit.
Das ist schade, weil der Thriller, der auf dem South by Southwest Festival 2025 Premiere hatte, durchaus gelungene Punkte hat. Beispielsweise überzeugt Hauptdarstellerin Polly Maberly als Maklerin ohne Gewissen, dafür mit einer gnadenlosen Selbstüberschätzung. Auch atmosphärisch ist Odyssey gelungen. Das Porträt einer Frau, deren Leben außer Kontrolle gerät, ist schön düster geworden. Wenn aber lange nichts geschieht, es zu ständigen Redundanzen kommt, nur um dann im Hauruckverfahren die Geschichte eskalieren zu lassen, stimmt da etwas mit der Balance nicht. Das hätte alles etwas beständiger und konsequenter gemacht werden können, auch durch weitere Kürzungen. So bleibt ein Film, der nie so wirklich packend wird und der einem am Ende doch eher egal ist.
OT: „Odyssey“
Land: UK
Jahr: 2025
Regie: Gerard Johnson
Drehbuch: Gerard Johnson, Austin Collings
Musik: Matt Johnson
Kamera: Michael Kotschi
Besetzung: Polly Maberly, Mikael Persbrandt, Guy Burnet, Jasmine Blackborow, Daniel De Bourg
SXSW 2025
Fantasy Filmfest 2025
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