Jannis Niewöhner spricht in "Die Gangster Gang 2" den Ex-Dieb Mr. Piranha

Jannis Niewöhner [Interview 2025]

Die tierischen Meisterdiebe sind zurück – und tun sich in Die Gangster Gang 2 ziemlich schwer damit, ihren eingeschlagenen Pfad eines redlichen Lebens beizubehalten. Nicht nur, dass ihnen ständig Leute Steine in den Weg legen, weil sie den früheren Kriminellen nicht zutrauen, sich wirklich von den Verbrechen fernzuhalten. Es taucht zudem eine andere Bande auf, die ihre Raubzüge der Gangster Gang in die Schuhe schiebt. Jannis Niewöhner spricht in beiden Teilen die Rolle des Mr. Piranha, einem der fünf Mitglieder der ursprünglichen Crew. Wir haben uns zum Kinostart am 28. August 2025 mit dem Schauspieler über das Arbeiten als Synchronsprecher, Fremdbestimmung durch andere und die Frage unterhalten, welches Tier seine Persönlichkeit am besten ausdrückt.

Du sprichst in Die Gangster Gang 2 bereits zum zweiten Mal Mr. Piranha. Was hat dich damals beim ersten Teil gereizt, diese Rolle zu übernehmen?

Ich fand es grundsätzlich reizvoll, mal als Synchronsprecher zu arbeiten und wegzugehen von dem, was ich kenne, völlig drüber zu sein und hochzuschrauben und dabei Laute aus mir hervorzuholen, die bislang noch kein Spielfilm von mir abverlangt hatte. Und Spaß zu haben. Da die Arbeit im Studio sehr kurz ist, hört man immer dann auf, wenn es noch am schönsten ist. Außerdem fand ich den Film ganz großartig. Die Gangster Gang ist wirklich ein Film für die ganze Familie, indem man den Kinderfilm mit dem Genrefilm kombiniert hat. Das mochte ich von Anfang an.

Macht es die Arbeit einfacher oder schwieriger, wenn du nur auf deine Stimme angewiesen bist?

Es ist irgendwie einfacher. Ich will jetzt nicht sagen, dass mir das alles nur leichtgefallen ist. Manchmal musste man vielleicht nach der richtigen Tonalität, der richtigen Melodie oder dem richtigen Sound suchen. Aber das ging sehr schnell. Wir hatten sehr klare Anweisungen, was wir tun mussten. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass wir sehr viele Freiheiten haben, uns selbst einzubringen. Beim Spielfilm versuchst du meistens schon, ganz naturalistisch zu sein, nicht zu groß zu sein, einfach das Leben wiederzugeben. Bei Die Gangster Gang tust du das zwar auch, aber auf eine sehr viel verspieltere Art und Weise.

Was nimmst du von deiner Arbeit als Synchronsprecher mit für deine Arbeit als Schauspieler?

Die Bereitschaft, auch einmal etwas zu viel zu machen und etwas auszuprobieren, um damit vielleicht zu etwas Echtem zu finden. Es kann manchmal schon helfen, in diese Erhöhung zu gehen, um einen Charakter besser kennenzulernen. In der Intensität spürst du den Charakter noch einmal anders. Und das kann helfen.

Das Naturalistische, von dem du gesprochen hast, beinhaltet auch, dass du dich auf die Rolle vorbereitest und versuchst, dieser Mensch zu sein. Wie bereitet man sich auf ein Tier vor?

Ich habe anderthalb Monate intensiv Piranhas studiert, um zu werden wie sie. (lacht) Nein, im Ernst, ich habe einfach den Film geschaut. Bevor du etwas aufnimmst, schaust du dir immer die Szene an. Das ist so gut gemacht, dass du sofort verstehst, worum es geht. Ein Teil der Vorbereitung war sicher auch, dass ich selbst früher viele Animationsfilme geschaut habe und es deshalb schon irgendwo in mir drin war, diese ganz eigene Art zu sprechen und zu spielen.

Was hast du so geschaut? Was sind deine Favoriten?

Das größte Kinoerlebnis war für mich glaube ich schon Ice Age. Wie Otto Sid gesprochen und ihm eine ganz eigene Farbe gegeben hat, das war schon großartig. Das ist ein Film, der mir sofort in Erinnerung kommt.

Kommen wir zu deiner eigenen Figur. Wie würdest du Mr. Piranha beschreiben?

Mr. Piranha ist der liebenswerteste Gangster in der Filmgeschichte. Er hat so einen höllischen Spaß daran, böse Dinge zu tun, und hat gleichzeitig das Herz am rechten Fleck. Ich mag ihn total, er ist so unglaublich begeisterungsfähig und naiv. Und er ist erfrischend.

Die beiden Filme handeln auch davon, welche Eigenschaften wir mit einzelnen Tieren verbinden. Welches Tier wäre umgekehrt das passende, um dich zu beschreiben?

Ein Affe. Das ist mein Lieblingstier. Und wenn wir in Clubs tanzen waren, wurde mir immer der Affe zugeschrieben, weil ich angeblich wie ein Affe tanze.

Diese Eigenschaften sind eng mit dem allgemeinen Thema verbunden, dass wir von anderen definiert werden. Eure Tiere sind die Bösen, weil die anderen in ihnen die Bösen sehen. Wie sehr kannst du dich damit identifizieren, von anderen bestimmt zu werden?

Das kenne ich schon, klar. Ich kenne das seit meinen Jugendjahren, als ich angefangen habe, Filme zu machen. Es war dann irgendwie komisch, über den Schulhof zu gehen, weil jeder wusste, dass ich Filme mache, und jeder eine Meinung hatte, obwohl man sich gar nicht richtig kannte. Oder auch später, als ich so 18, 19, 20 war und man mir immer wieder gewisse Rollen und Figuren zuschrieb, weil man nichts anderes in mir sehen wollte oder konnte. Zum Glück habe ich irgendwann den Weg daraus gefunden und durfte auch ganz andere Sachen spielen. Aber es hat eben gedauert.

Gerade im zweiten Teil von Die Gangster Gang geht es um die Frage, wer die Figuren sind, unabhängig von dem Image, das sie haben. Wie sehr hilft es bei einer solchen Selbstfindung, als Schauspieler ständig jemand anderes werden zu dürfen?

Für mich ist – auch als Zuschauer – die größte Stärke des Films, dass man andere Perspektiven kennenlernt und die Welt aus anderen Augen sieht. Dadurch entsteht mehr Verständnis für Menschen, die ein ganz anderes Leben führen. Und Empathie ist so wichtig, sowohl in deinem persönlichen Umfeld als auch für die Gesellschaft, um gemeinsam weiterzukommen. Sich in jemand anderes hineinversetzen zu können, das ist immer etwas Positives, auch für dich selbst, weil du eine Menge lernen kannst.

Und was hast du von Mr. Piranha für dich mitgenommen?

Ich habe für mich mitgenommen, dass man nicht automatisch böse ist, nur weil man etwas Böses tut. Außerdem habe ich für mich mitgenommen, dass du natürlich versuchen musst, in einer Gesellschaft zu funktionieren, es gleichzeitig aber auch sehr wichtig ist, dir selbst treu zu bleiben. Wenn ich jemand bin, der vielleicht nicht immer den geraden Weg nimmt, dann ist auch das legitim. Was ich an meinem Beruf mag: Du lernst ständig Kreative kennen, die auch nicht den geraden Weg genommen haben. Und ich bin sehr froh, dass ich diesen Menschen begegnen darf, weil uns das irgendwo ausmacht.

Das Thema, sich treu zu bleiben, spielt in Die Gangster Gang 2 eine große Rolle. Die fünf wollen einen Neuanfang und können doch die Vergangenheit nicht ganz hinter sich lassen. Glaubst du, dass es überhaupt möglich ist, jemand anderes zu werden?

Ich glaube schon, dass man Abstand nehmen und aus Fehlern lernen kann. Das heißt aber nicht, dass man jemand komplett anderes werden muss. Gewisse Anteile bleiben in uns. Ein Alkoholkranker kann lernen, mit seiner Sucht umzugehen. Und doch ist diese Sucht noch da und kann jederzeit wieder aktiviert werden. Ich finde es auch wichtig, dass man Teile von sich behalten darf und nicht jemand ganz anderes werden muss.

Kommen wir zum Thema Verbrechen. Dass diese schlecht sind, darüber sind sich die meisten einig. Und doch sehen wir gern Filme über Verbrechen. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Weil es zum Leben gehört. Weil wir vielleicht alle diesen Teil in uns haben, der Regeln brechen will, und uns danach sehnen, nicht immer das Richtige tun zu müssen. Es steckt natürlich eine Freiheit darin, sich einfach zu nehmen, was man will. Wer hat nicht schon mal davon geträumt, eine Bank zu überfallen? Außerdem haben Gangster in Filmen ganz oft auch charakterliche Stärken. Da spielen Freundschaften und Familie oft eine ganz große Rolle, Zusammenhalt, Loyalität. Das sind alles ganz wichtige Werte. Und dann ist da noch die Action. Action macht einfach Spaß.

In solchen Gangs in Filmen ist es oft so, dass jeder einen bestimmten Part oder eine besondere Fähigkeit hat, die es für den Coup braucht. Wenn du Teil einer richtigen Gangster Gang wärst, was wäre dein Part?

Ablenkung. Ich würde in irgendwelche Rollen schlüpfen und mich der Umgebung anpassen und die Leute irgendwie ablenken, während die anderen den Coup ausführen.

Indem du wie ein Affe tanzt?

Zum Beispiel, ja. (lacht)

Und wenn du nicht gerade Verbrechen verübst, was steht bei dir an? Welche Filme kommen als nächstes?

Am 4. September kommt 22 Bahnen ins Kino, basierend auf dem Roman von Caroline Wahl. Der ist ganz toll geworden. Außerdem drehe ich einen Liebesfilm, über den ich aber noch nicht mehr verraten darf.

Vielen Dank für das Interview!

Zur Person
Jannis Niewöhner wurde am 30. März 1992 in Krefeld-Hüls geboren. Nach einigen kleineren Rollen und Gastauftritten gelang ihm mit der Kinderbuchverfilmung TKKG und die rätselhafte Mind-Machine (2006) der Durchbruch, wo er die Hauptrolle des Tim übernahm. Erfolgreich waren zudem seine Komödien Doktorspiele (2014) und High Society (2017). Parallel überzeugte er auch als Charakterschauspieler. So erhielt er viel Lob für seine Darstellung eines psychisch labilen Jugendlichen in 4 Könige (2015), der Weihnachten in der Einrichtung verbringen muss. Auch seine Verkörperung eines Berliner Clubpromoters in der Serie Beat (2018) brachte ihm Anerkennung ein, sowie einen Grimme-Preis. Für Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (2021) erhielt er eine Nominierung beim Deutschen Filmpreis.



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