
Für die Verlobungsparty ihrer engen Freunde Danica (Madelyn Cline) und Teddy (Tyriq Withers) am amerikanischen Unabhängigkeitstag kehrt Ava (Chase Sui Wonders) in ihren Geburtsort Southport zurück. Als die Feierlichkeiten bereits fast zu Ende sind, beschließt die Gruppe, zusammen mit Avas Jugendliebe Milo (Jonah Hauer-King) und ihrer ehemaligen Freundin Stevie (Sarah Pidgeon) einen Ausflug zu den Klippen zu machen, um gemeinsam das alljährliche Feuerwerk anzuschauen. Während die Gruppe an der Straße steht, muss ein ankommendes Fahrzeug Teddy ausweichen, wodurch der Fahrer die Kontrolle verliert und mitsamt Auto die Klippen hinabstürzt. Nach dem ersten Schock beschließt die Gruppe, Stillschweigen zu bewahren. Als Ava jedoch ein Jahr später für eine weitere Verlobungsfeier Danicas erneut nach Southport zurückkehrt, bekommt diese eine mysteriöse Grußkarte mit dem Hinweis „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Was anfänglich wie ein schlechter Scherz klingt, wird mit dem ersten Mord in ihrem Umfeld bitterer Ernst. Zudem weist die Art der Morde verdächtige Parallelen zu einem anderen Massaker auf, das die Hafenstadt bereits im Jahr 1997 in Aufruhr versetzte.
Der ewige Zweite
Nachdem sich Scream (1996) inzwischen als absoluter Horror-Klassiker etabliert hat, konnte der ebenfalls von Kevin Williamson geschriebene und im selben Jahr erschienene, Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast (1997) nie aus dessen Schatten hervortreten. Während Scream die Klischees des Genres clever und selbstironisch aufgreift und damit fast dekonstruiert, fehlt Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast diese fast zynische Metakritik. Stattdessen bleibt eine ernstere Thematisierung von Verdrängung, Trauma, Schuld und schließlich Rache. Dem Versuch einer konstruiert wirkenden, moralischen Lektion kann sich auch das Legacy-Sequel trotz einzelner Versuche einer aufgelockerten Tonalität nicht entziehen.
Tiefsinn ohne Sinn
Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast bedient die klassische DNA eines Slasherfilms. Eine Gruppe aus tendenziell untypisch gut aussehenden Charakteren, deren Vorgeschichte abseits der filmrelevanten Exposition außen vor gelassen wird. Für Charakterentwicklung bleibt trotz einer Laufzeit von fast zwei Stunden, zwischen blutigen Morden, atmosphärischen Angstsequenzen und dem Rätsel, wer sich hinter Maske, Öljacke und Hackenhand verbirgt, keine Zeit. Eine Tatsache, die Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast, keinen Abbruch tun würde, wäre der Film ähnlich selbstironisch wie das ewige Vergleichswerk Scream.
Wie bereits das Original von 1997 versucht sich das gleichnamige Sequel an der Aufarbeitung ernsterer emotionaler Themen und sucht Tiefe in Kapitalismuskritik und einer narrativen Auseinandersetzung mit Traumata. Interessante Ansätze, die jedoch so kurz und plakativ verfolgt werden, dass vor allem Letzteres lediglich wie ein thematischer Vorwand wirkt, um mit Ray und Julie zwei Legacy-Charaktere einzuführen.
Abseits dessen funktioniert Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast genau dann am besten, wenn der Film seine pseudo-ernste Tonalität ablegen darf und sich vollends den Klischees des Genres ergibt. Regisseurin und Drehbuchautorin Jennifer Kaytin Robinson (Do Revenge) versteht sich perfekt darauf, mit den Erwartungen des Publikums zu spielen und eine falsche Fährte nach der nächsten zu legen. Besonders mit der Eröffnungssequenz zollt Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast dem Original auf eine humorvolle Weise Tribut, die dem Film häufiger gut gestanden hätte. Insgesamt sind die Verweise auf die Vorgänger aber noch subtil und sparsam genug, dass das Sequel problemlos auf eigenen Beinen stehen kann. Nach einer starken und atmosphärischen ersten Hälfte verliert sich Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast dann aber zunehmend in den eigenen falschen Fährten und kulminiert in einem unbefriedigenden Finale.
Klischee und Charisma
Abseits der Wiederkehrer des Originals und dessen Fortsetzung, sind es besonders Madelyn Cline und Chase Sui Wonders, die Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast merklich aufwerten. Trotz der wandelnden Klischees, die Danica als Figur in sich vereint, erspielt sich Madelyn durch Selbstironie und offensichtlicher Spielfreude die Sympathie des Publikums. Chase Sui Wonders bekommt immerhin ein wenig mehr Charaktertiefe zugestanden und beherrscht durch ihr Charisma mühelos jede Minute, die sie im Spotlight verbringt. Der Rest des Ensembles spielt weitgehend solide, bekommt aber erzählerisch wenig Raum für Auffälligkeit. Bei der Inszenierung greift Robinson auf Altbewährtes in modernem Look zurück. Für eine Altersfreigabe ab 16 Jahren reizt Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast seine Möglichkeiten effektiv aus. Die genretypischen Jumpscares sind zahlreich und funktionieren dadurch zumindest gelegentlich und der „Fisherman“ als Pendant zu Screams „Ghostface“ ist zwar weniger ikonisch, dafür umso bedrohlicher.
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