Rave On (Kinostart 31. Juli 2025) erzählt die Geschichte von Kosmo (Aaron Altaras), der immer davon geträumt hatte, als DJ groß rauszukommen. Doch irgendwie hatte es nie sollen sein, er verpasste es, aus seiner Liebe zur Musik eine wirkliche Karriere zu machen. Dennoch, ganz aufgegeben hat er den Traum nie. Als er erfährt, dass die Rave-Legende Troy Porter (Hieroglyphic Being) in einem Club auflegen wird, sieht Kosmo seine Chance gekommen, doch noch Fuß zu fassen. Zu diesem Zweck will er seinem Idol eine Schallplatte vorbeibringen, aber das ist leichter gesagt als getan. Wir haben uns mit dem Hauptdarsteller des Musikdramas bei der Premiere beim Filmfest München 2025 zum Interview getroffen.
Warum hast du Rave On gedreht? Was hat dich an dem Film gereizt?
Ich wollte schon immer mal einen Film über das Nachtleben drehen. Ich bin selbst viel in Clubs unterwegs, habe dort viel Zeit mit Freunden verbracht und Erfahrungen gesammelt. Als ich von Rave On erfahren habe, wollte ich das unbedingt selbst spielen. Mir hat imponiert, wie Nikias und Viktor den Film drehen wollten, in einem echten Club.
Wenn du diese Musik auch privat hörst, was gibt sie dir?
Das hängt davon ab, weil elektronische Musik schon ein breites Feld ist. Euphorie. Trauer. Ekstase. Heilung. Da ist alles möglich.
Kommen wir zu deiner Figur. Wie würdest du Kosmo beschreiben?
Kosmo hat sich aufgegeben, hat den Anschluss verloren, das Licht ist ausgegangen. Er versucht sich an dem Ort, an dem er zerstört wurde, selbst wiederzufinden. Er versucht, das, was er früher so geliebt hat, wieder zu lieben und wieder gesehen zu werden. Das ist ein ganz schwieriger Abend für ihn. Aber er kommt wieder gestärkt heraus. Ein Club kann dich nicht nur zerstören. Er kann auch ein Ort der Heilung sein.
Kannst du dich mit dieser Krise, in der Kosmo steckt, identifizieren? Hast du jemals an deiner Form der Kunst gezweifelt?
Absolut. Vor zwei, drei Jahren hatte ich in vielen Bereichen meines Lebens das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Ich hatte keinen Spaß mehr an dem, was ich getan habe. Ich habe dann viele Schrauben in meinem Leben geändert. Meine Mutter hat immer gesagt; Du musst wieder Briefmarken kleben und Sachen für dich selber machen. Danach habe ich Die Zweiflers gedreht, was mir wieder Spaß und Erfüllung gebracht hat.
Was muss man denn tun, um bei dieser Kunst dranbleiben zu können, ohne daran kaputtzugehen?
Dich selbst hinterfragen. Auf dich aufpassen. Einen Freundeskreis haben, der dich spiegelt. Und dich auch daran erinnern: Das sind bloß Filme. Wobei ich Filme natürlich liebe. Für mich sind sie die persönlichste Kunstform, bei der ich auch viele kathartische Erlebnisse hatte und über die ich lange nachdenke. Einige der schönsten Emotionen, die ich in meinem Leben hatte, waren beim Filmemachen oder beim Filmesehen.
Wonach suchst du, wenn du einen Film machst?
Originalität. Authentizität. Moralische Ambivalenz. Wenn das gegeben ist, dann ist da schon viel dabei, weil das auch die menschliche Erfahrung wiedergibt. Filme wie Anatomie eines Falls waren auch deshalb erfolgreich, weil sie zeigen, dass das Leben eine Vielzahl an Antworten hat, von denen manchmal mehrere gleichzeitig richtig sind.
Und wie sieht es aus mit Lebenswegen? Gibt es den einen, der richtig ist? Kosmo sucht ihn ja mit seiner Musik.
Ich glaube, dass es immer mehrere gibt, die zum Glück und einem erfüllten, bedeutungsvollen Leben führen können. Kunst kann einer sein. Familie. Bildung. Anderen Leuten helfen. Das kann alles helfen, einen Sinn im Leben zu finden.
Braucht es das denn, einen Sinn im Leben?
Nein, nicht unbedingt. Ich fahre sehr gut ohne.
Du hast vorhin deine Zweifel erwähnt. Gab es denn je einen Plan B, wenn es mit den Filmen nichts geworden wäre?
Tatsächlich habe ich etwas ganz anderes studiert: Philosophie und International Relations, in Amsterdam. Und auch abgeschlossen. Ich war also lange auf einem anderen Feld unterwegs und habe auch überlegt, dorthin zurückzugehen.
Beeinflusst dich die Philosophie bei deiner Arbeit als Schauspieler?
Nicht immer. Die Tools, die ich an der Uni gelernt habe, nutze ich dafür oft. Dass du denken lernst, kritisches Denken, das kann schon helfen, wenn du in den Subtext gehst und schaust, was das alles bedeuten kann.
Eine Frage, die der Film aufwirft: Gehört eine Kunst dem Menschen, der sie kreiert, oder ist sie Allgemeingut?
Kunst gehört, sobald sie veröffentlicht wurde, der Welt. Filme gehören den Leuten, die sie sehen. Wenn ich mir In die Sonne schauen ansehe, dann habe ich einen persönlichen Bezug dazu, fühle etwas, denke darüber nach. Dadurch gehört der Film nicht nur Mascha Schilinski, sondern auch ein bisschen mir. Natürlich sollten die Leute, die Kunst gemacht haben, dafür aber entlohnt werden. Das ist ein großes Problem gerade bei Musik, dass das intellektuelle Gedankengut und die Arbeit, die investiert wurde, nicht mehr entlohnt werden. Wenn du dein ganzes Leben in Musik steckst und dann am Rand des Existenzminimums bist, dann läuft da etwas verkehrt.
Kommen wir auf Rave On zurück. Was waren für dich die Herausforderungen beim Dreh?
Den Energielevel hochzuhalten, weil wir ja in echten Clubs gedreht haben. Du musst dich da konzentrieren, während die anderen besoffen um dich herum feiern. Ich musste mit meiner Figur die Brüche schaffen zwischen Abgrund und Euphorie. Das war schon anstrengend.
Und dabei gleichzeitig ein bisschen die Kontrolle bewahren und verlieren.
Klar. Aber das gehört für mich immer zur Aufgabe eines Schauspielers dazu. Dieser Sweet Spot dazwischen, das ist es, wenn es interessant wird. Der Film war auch sehr physisch, weshalb ich megafit sein musste. Ich spring da rum wie ein Flummi. Außerdem musste ich mir zwei Monate lang einen Bart wachsen lassen, damit ich älter aussehe.
Letzte Frage: Was sind deine nächsten Projekte?
Ich drehe einen Kinofilm in Paris, Turin und Leipzig, der in den 30er Jahren spielt, über den ich aber noch nicht mehr verraten darf. Außerdem kommt die zweite Staffel von Die Zweiflers. Und dann ist da noch eine Serie über politischen Lobbyismus, die in Rom, Deutschland und London spielt. Plus ein österreichischer Kinofilm.
Vielen Dank für das Interview!
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