
Unter der neuen politischen Führung Mexikos hatten viele Mexikaner auf eine tiefgreifende Veränderung in den sozialen Verhältnisse gehofft, doch weit gefehlt. Unter Revolutionsführern wie dem berüchtigten Jesus Maria Moran (Tomás Milián), im Volksmund bekannt unter dem Namen Tepepa, hat sich erneut bewaffneter Widerstand gegen die Armee gebildet, doch der Kampf scheint entschieden, als Tepepa ausgerechnet von dem sadistischen Colonel Cascorro (Orson Welles) und dessen Männern verhaftet wird. Bevor es jedoch zur Exekution kommen kann, wird Tepepa überraschend von dem Engländer Doktor Henry Price (John Steiner) gerettet. Der hat dies aber nicht aus reiner Nächstenliebe getan, sondern weil er Moran für den Tod einer ihm nahestehenden Person verantwortlich macht. Tepepa gelingt es schließlich, den Doktor zu überlisten und mit in die Sierra zu nehmen, wo sich seine Männern versteckt halten. Mithilfe des gebildeten Mannes will er einen letzten Versuch starten, mit der politischen Führung Mexikos in Kontakt zu treten. Der Idealismus Tepepas stellt sich jedoch als naiv heraus, denn Cascorro ist ihm dicht auf den Fersen und will ihn endlich zum Schweigen bringen.
Land und Freiheit
Die Karriere des italienischen Drehbuchautors und Regisseurs Giulio Petroni ist eine recht kurze, aber durchaus interessante. Neben dem Western Von Mann zu Mann, in dem Lee Van Cleef eine seiner ersten Hauptrollen spielt, gilt der Revolutionswestern Tepepa als sein bestes Werk und wurde unter anderem von Regisseuren wie Quentin Tarantino positiv erwähnt. Petroni war Mitglied des Widerstands während der Mussolini-Diktatur und unterstützte kommunistisches Gedankengut. Diese biografische Information ist durchaus interessant bei der Sichtung von Tepepa, denn in dessen Geschichte finden sich mehr als deutliche Verweise auf die Ideen von Marx und Engels. Dies ist jedoch keineswegs ein Nachteil, sondern vielmehr ein Merkmal, das Petronis Film von den Western seiner Kollegen in den 1960ern und 1970ern abhebt.
Über die mexikanische Revolution und ihre Akteure gibt es sehr viele Western. Unterhaltsam sind Filme wie Viva Zapata oder Pancho Villa reitet durchaus, alleine schon wegen Aspekte wie der Schauspieler oder der Kulisse, doch die Besetzung besagter Revolutionsführer mit Nicht-Mexikanern hinterließ immer schon einen gewissen faden Beigeschmack. Darüber hinaus fällt die Hollywoodisierung dieser für das Land politisch wie gesellschaftlich einschneidenden Zeit immer wieder auf, denn die Konventionen eines Hollywooddrehbuchs verfälschen nicht nur die Geschichte an sich, sondern auch das Porträt einer Person an sich.
Diesen Fallstricken entgeht Petronis Film auf geschickte Art und Weise, indem er mit einer fiktiven Hauptfigur arbeitet, zugleich aber betont, wofür Menschen wie Tepepa und die, die ihm bereitwillig folgen, kämpfen. Wie für einen europäischen Western üblich, ist Petroni nicht daran interessiert, Dinge zu beschönigen oder Mexiko als eine wahre Perle darzustellen. Vielmehr sieht der Zuschauer einen Ort der Ungleichheit, der Gewalt und der Willkür, in der immer nur das Recht des Stärkeren bzw. des Reicheren gilt. Für „Land und Freiheit“ kämpft Tepepa schon seit Jahren, doch dieser Kampf hat im Land und bei ihm selbst Spuren hinterlassen. Wenn er von Mexiko als einen „See der Abscheulichkeiten“ spricht, dann schließt er sich selbst damit wohl keineswegs aus.
Liebst du Mexiko?
Ein besonderer Kniff des Films ist die Begegnung Tepepas mit Doktor Henry Price. Zum einen ist der Konflikt zwischen ihnen über den ganzen Film hinweg ein tragendes Element und zum anderen zeigt sich die Haltung der alten Welt zu den Zuständen in Mexiko. John Steiner spielt Price als einen Gentleman, dessen Blick man den Wunsch nach Rache jedoch in jeder Szene ansieht. Die Frage eines kleinen mexikanischen Jungen, ob er Mexiko liebe, verneint er, was tief blicken lässt in die Ignoranz eines Menschen, der lediglich seine eigene Agenda verfolgt.
In einer der Kernszenen von des Films hilft er Tepepa ein Schreiben an den mexikanischen Präsidenten aufzusetzen. Der Revoluzzer beschreibt detailliert seinen eigenen Werdegang und seine zunehmende Desillusionierung mit der Politik, weshalb es erstaunlich ist, dass er nach wie vor an jenem Präsidenten festhält, der ihn so bitter enttäuscht hat. Miliáns Schauspiel kann diese Unklarheit des Drehbuch jedoch überdecken, zeigt er Tepepa als einen Mann zwischen Kampfgeist und Hilflosigkeit, zwischen Schuld und Verantwortung. Die Bewegung, die er mit losgetreten hat, ist längst größer geworden als er, sodass ihm nichts anderes bleibt als weiterzumachen. Durch Miliáns Spiel wird Tepepa zu einer Tragödie um einen Menschen, der endlich seinen Kampf beenden will, ihm dies aber verwehrt bleibt.
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