Mit Das geheimnisvolle Verbrechen in Styles veröffentlichte Agatha Christie 1920 ihren allerersten Kriminalroman – und führte damit auch erstmals ihre später weltberühmte Figur Hercule Poirot ein. In der neuen Hörspieladaption von Audible, welche am 3. Juni 2025 veröffentlicht wird, übernimmt Rufus Beck die Rolle des belgischen Meisterdetektivs, während Malick Bauer als Captain Hastings an seiner Seite steht. Gemeinsam tauchen sie in ein rätselhaftes Familiendrama rund um eine wohlhabende Hausherrin ein, deren plötzlicher Tod das abgelegene Landhaus Styles Court erschüttert. Im Interview sprechen die beiden Sprecher über den besonderen Reiz von Kriminalgeschichten, die Freiheit der Stimme – und darüber, warum man sich Hercule Poirot lieber nicht in der Badewanne vorstellen sollte. Und verraten nebenbei auch einige ihrer liebsten Podcasts, Hörbücher und Serien …
Das geheimnisvolle Verbrechen in Styles ist ja der allererste Detektiv-Roman von Agatha Christie.
Rufus Beck: Wie, das war der Erste?
Malick Bauer: Ja!
Ja, das ist der erste Roman, den sie rausgebracht hat.
Rufus Beck: Nein, wirklich wahr?
Malick Bauer: Sie hat vorher andere Sachen gemacht, aber das ist das erste Mal Poirot.
Rufus Beck: Aber da ist eigentlich schon alles drin, was sie ausmacht: Alle möglichen Schuldigen und Unschuldigen an einem Ort und es findet alles in den geschlossenen Räumen statt. Es sind ja wirklich nicht viele Orte. Es gibt einen Prozess außerhalb des Anwesens, aber letztendlich sind wir alle in Stiles.
Malick Bauer: Ich glaube, das könnte man gut drehen. Man braucht nicht viele Locations.
Vielleicht kommt das ja noch.
Malick Bauer: Ja, mal gucken. [lacht]
Haben Sie denn irgendeine besondere Verbindung mit Agatha Christie? Jede:r kennt sie ja durch Filme oder eben auch Hörspiel-Versionen anderer Storys.
Malick Bauer: Für mich war das sowas beim Machen. Genau was du gerade angesprochen hast, Rufus: Die Struktur, die sie ja so maßgeblich geprägt hat. Sie ist ja die drittmeistverlegte Person der Welt [Anm.: nach der Bibel und Shakespeare]. Ihre großen Werke wie „Mord im Orient Express“ hat man alle schon mal gesehen. Ich muss aber sagen, dass mir die einzelnen Geschichten in dieser Fülle nicht so bewusst waren – aber natürlich jetzt in der Auseinandersetzung für das Projekt.
Rufus Beck: Ich wusste auch nicht, dass sie 66 Romane geschrieben hat.
Malick Bauer: Was für eine Errungenschaft! Und da frage ich mich jetzt im Nachhinein: Wieso wurde mir das nicht sichtbarer gemacht? Das ist schon irre.
Rufus Beck: Oder auch, dass sie eine Figur hatte wie Miss Marple! Eine dicke, ältere Dame, die dann so kurios ermittelt. Oder ebenso interessant die Figur von Hercule Poirot, ein sprachlicher Außenseiter. Ich habe mir vorgenommen, mal den einen oder anderen ihrer Romane zu lesen und überhaupt mal ein paar Kriminalromane. Es geht darin ja auch um Gerechtigkeitsempfinden. Der Kriminalroman vermittelt: Crime doesn’t pay.
Malick Bauer: Es gibt eine Konsequenz.

Würden Sie sagen, dass Sie Fans des Krimi-Genre sind?
Malick Bauer: Das muss man ja fast sein in Deutschland. Aber was Agatha Christie – finde ich – oft besser macht als die deutsche Fernsehlandschaft, ist, dass es charaktergetriebene Krimi-Geschichten sind. So einen sehr besonderen Geist wie Hercule Poirot auf jemanden wie diesen Captain Arthur Hastings treffen zu lassen, so einen Bauchmensch – diese Dynamik, diese Reibung ist mindestens genauso interessant wie das Ermittlungstechnische.
Rufus Beck: Als ich das Skript gelesen habe, dachte ich: Boah, ist das ein langer Aufhänger, bis es überhaupt losgeht.
Malick Bauer: Ja, es dauert auf jeden Fall. Aber ich finde es eigentlich auch gut. Sie macht es so, dass einem die Welt erst mal teuer wird, um sie dann wackeln oder kaputt gehen zu lassen. Mich ermüdet manchmal dieses Schema F von gewissen deutschen Krimis. Da wurde durchanalysiert: Innerhalb der ersten fünf Minuten muss etwas ganz Intensives, Emotionales passieren, und dann verbringt man den Rest des Films damit, zu fragen: Wo waren Sie zwischen 20.15 Uhr und 20.35 Uhr?
Rufus Beck: Und Kommissare oder Detektive, die müssen schon irgendwelche Eigenarten haben. Bei Mankell ist der Typ irgendwie depressiv, hat ein bisschen ein Alkoholproblem, versteht sich mit seiner Tochter nicht, hat sich getrennt von seiner Freundin. Bei Columbo ist es dieses Trottelige. Und bei Hercule Poirot …
Malick Bauer: Naja, der ist auf seine eigene Art und Weise bestimmt auch nicht immer nur glücklich in diesem Kopf. Der ist in der Form sehr sicher, aber später im letzten Drittel irgendwann gibt es auch diese Szenen, wo er so gemartert davon ist, dass er es noch nicht geknackt hat.
Rufus Beck: Ja, ja. Man weiß bei ihm auch nicht: Gibt es eine Familie? Gibt es eine Frau? Das spielt alles keine Rolle. Er kommt quasi als Blank Sheet an.
Herr Bauer, wenn ich es richtig in Ihrer Vita gesehen habe, ist das Ihr erstes Audio-Projekt?
Malick Bauer: Jein. Es ist auf jeden Fall das erste Hörspiel in der Form und in der Größe. Da waren sonst nur so kleinere Sachen. Ich habe auch mal das Privileg gehabt, größer als Synchronsprecher zu arbeiten, für die Turtles damals. Das war schön.
Und was war hier das Besondere im Vergleich zu den anderen Projekten? Was war vielleicht auch die besondere Herausforderung?
Malick Bauer: Ich glaube, die Konzentration auf die Stimme war in der Form nochmal anders, weil es eben nicht wie beim Synchronsprechen immer noch mit einem Bild verbunden ist, sondern wir die Stimme und die Erzählung haben, um den Zuhörenden diese Imagination zu befüttern. Und das war irgendwie ein schönes Geschenk, weil ich im Moment tatsächlich selbst auch gerne Hörbücher und Podcasts höre bei dem normalen Gerase durch die Welt von A nach B.
Rufus Beck: Wobei im Hörspiel ist man immer noch ganz nah an dem dran, was wir sonst tun. Man kriegt eine Energie mit und im besten Falle ist es dann Ping-Pong. Nur müssen wir halt nicht gut ausschauen, sondern die Haltung muss stimmen.
Malick Bauer: Ja, man muss irgendwie schaffen, konzentriert und authentisch zu sprechen …
Rufus Beck: … vor dem Mikro zu sein ohne Rumzuhampeln. Und das ist – glaube ich – eine ganz gute Erfahrung. Aber es werden eigentlich relativ selten Hörspiele gemacht. Das ist teuer, was wir hier machen. Da ist der Malick, da ist die Iris, da sind noch ganz viel andere, dann komme ich aus München an, da brauchen wir ein Studio und so weiter … Das soll ja wie ein Kinofilm ohne Bild sein.
Der Vorteil, wenn man allein mit der Stimme arbeitet, ist sicher auch, dass man Personen und Figuren spielen kann, die man optisch sonst nicht abbilden könnte. Wenn Sie sich wünschen könnten, irgendeinen fiktiven Charakter zu sprechen, gäbe es da einen Favoriten?
Malick Bauer: Ich finde die Frage gut und Sie haben total Recht im Kontext der normalen Besetzungspolitik. Aber ich finde eben diese an sich schon sehr fragwürdig. Das hatte ich damals als Schauspieler, der aussieht wie ich …
Rufus Beck: Wenn man dich nicht sieht, kannst du natürlich alles sein, wie der schwäbische Spießer. Das ist die Freiheit mit der Stimme. Weil es keine schwarze Stimme gibt, sondern es einfach eine Stimme ist.
Malick Bauer: Das ist das Schöne.
Rufus Beck: Du bist total frei, im Theater übrigens auch. Im Theater könnte Malick eine Frau spielen und ich ein Kind. Im Film geht das nicht.
Malick Bauer: Absolut. Wenn es etwas wäre, was ich als Spieler nicht einfach so machen kann außerhalb von CGI, wäre es bestimmt ein Fabelwesen. Es gab damals so eine Serie als Kind, an die kann ich mich erinnern. Die hieß Gargoyles.
Ah, ja, die mochte ich auch.
Rufus Beck: Gargoyles?
Malick Bauer: Ja. An Gebäuden gibt es diese typischen Götzen, diese Viecher. Die sind immer nachts lebendig geworden und haben die Stadt beschützt, New York war das. Und an Goliath [eine der Hauptfiguren] muss ich jetzt gerade denken als ein Fabelwesen, das meine Kindheit auf jeden Fall stark beeinflusst hat.
Und bei Ihnen, Herr Beck, gibt es da eine Wunschfigur? Sie haben ja auch schon sehr, sehr vieles gesprochen.
Rufus Beck: Ich habe einfach alles schon gemacht. Wenn ich so zurückblicke, kann ich eine Anekdote erzählen. Ich hatte früher immer wieder viele Castings für große amerikanische Produktionen. Ich habe nie eine Absage bekommen, aber ich wusste: Ich kriege das nicht. Und da war ich irgendwann mal sauer. Und dann kam wieder mein Agent und sagte: „Hör mal zu, da gibt es eine Anfrage.“ Und ich sagte: „Da habe ich keine Zeit, habe keinen Bock.“ Aber okay, gehe ich also doch ins Studio und mache eine Probeaufnahme. Komme rein, höre eine Stimme, sehe eine Figur und sage: „Leute, ganz ehrlich, das bin ich nicht.“ Und zwei Wochen später haben sie gesagt, sie würden es gerne mit mir machen. Das war der Hopper in Das große Krabbeln.
Malick Bauer: Ah, der böse Anführer der Heuschrecken.

Rufus Beck: Das war für mich ein Erweckungserlebnis, weil ich danach an sehr vielen Animationsfilmen gerabeitet habe, die mir irrsinnig Spaß gemacht haben: Cats & Dogs und Toy Story und wirklich interessante Sachen. Also ich hab da alles schon gemacht. Und wenn was Neues kommt, freu ich mich.
Gerade Agatha Christie hat ja schon alle möglichen Adaptionen bekommen, die man sich so vorstellen kann. Wie wäre denn Ihre Top-Prio, was die Formate angeht – Buch, Hörspiel, Audiobook, Film oder Serie?
Rufus Beck: Kennst du die Sherlock Holmes Serie mit Benedict Cumberbatch?
Malick Bauer: Ja.
Rufus Beck: Wie sie das filmisch umgesetzt haben, ist sehr modern. Wenn man sowas machen würde, müsste es weg von diesem …
Malick Bauer: … Prunk und England.
Rufus Beck: Ja. Das könnte ein bisschen moderner sein. Also auch diese Schnitte bei der Serie, dass er wie so eine Art Visionen hat. Tolle, tolle Idee.
Malick Bauer: Das ist eine tolle Kamera-Umsetzung, definitiv. Eben weil sie sich der Mittel bedienen, die heute halt da sind. Und sonst glaube ich ganz doll an unser Hörspiel oder an die Idee von Film. Das ist einfach ein schöner Moment, wenn da eine andere Person dieser Figur die Seele oder die Stimme verliehen hat.
Präferieren Sie generell Audio oder doch auch das direkte Lesevermögen? Also wenn man sich jetzt aussuchen müsste, ob man lieber das Buch liest oder es als Hörbuch hört oder als Film schaut.
Rufus Beck: Wenn es gut ist, ist es egal. Aber es gibt Dinge, die sind einfach nur für einen Film gemacht, die kann ich mir als Hörbuch nicht so gut vorstellen.
Malick Bauer: Es gibt auch Drehbücher, die mit Absicht rudimentär geschrieben sind, weil man weiß, dass der Rest Besprechung und Vorbereitung ist. Tarantino macht das zum Beispiel anders. Er schreibt die Drehbücher immer so, dass sie auch als alleinstehendes Kunstwerk funktionieren würden. Da kommen dann sehr umschwungene Szenen. Und Lieder, die man sich am besten während des Lesens der Szene schon mal vorstellt.
Rufus Beck: Ach wirklich? Kriegt man die? Bei Pulp Fiction würde es mich natürlich interessieren, ob es erst im Schnitt entstanden ist oder er von Anfang gedacht hat: Es fängt mit dem Überfall in dem Diner an und am Schluss siehst du die Szene nochmal und weißt, wie sie ausgeht und dazwischen passiert kaleidoskopartig alles Mögliche. Genialer Mann.
Malick Bauer: Großartig! Wahnsinn!
Herr Bauer, Sie hatten vorhin gesagt, dass Sie selbst viel Podcasts und so weiter hören. Man hat das Gefühl, dass in den letzten Jahren so eine Audiowelle zurückgekommen ist. Gibt es da bei Ihnen beiden vielleicht eine Podcast-Empfehlung oder ein Lieblingshörbuch?
Malick Bauer: Da ich selber Schauspieler bin, kriege ich das ganz schlecht hin im Hintergrund irgendwas mit Bild laufen zu lassen. Wenn ein Film läuft, dann muss ich den angucken. Das ist bei Audioinhalten anders und das ist ein großer Gewinn. Ich höre sehr gerne den Joe Budden Podcast. Das ist ein amerikanischer Ex-Rapper, der mit ein paar Freunden alles Mögliche bespricht, was so passiert und sie blödeln teilweise auch rum. Es gibt auch viele interessante Unterhaltungen über Kunst und die Abhängigkeiten zwischen Kunst und den neuen Formen, in denen dieses Entertainment-Business organisiert ist.
Rufus Beck: Ich höre sehr gerne Die Lage der Nation, das ist ein Polit-Podcast. Der eine ist Richter, der andere ist Journalist, und es ist so ein Rückblick auf das, was gerade war und sie sprechen über wichtige Themen und auch sehr viel Hintergrundmaterial. Du bist echt ein bisschen schlauer als vorher und nimmst was mit. Dann gibt es was zum Amüsement: Zeit Verbrechen finde ich interessant. Bei Alles gesagt? – auch von der Zeit – kommt es drauf an … Ich finde es immer spannend, wenn es Wissenschaftler sind. Und dann einfach themenbezogene Podcasts, die aber eher wie ein Feature daherkommen. Das sind so Dinge, die ich mag.
Es sei denn, es kommt gerade mal ein interessantes Hörbuch. Es gibt mindestens zwei große österreichische lebende Schriftsteller, die beide auch sehr, sehr gut lesen: Christoph Ransmayr, ein großer Autor! Und Michael Köhlmeier mit seinen Romanen.
Malick Bauer: Was ich auch noch empfehlen kann ist Ezra Klein, der hat einen Podcast mit der New York Times. Der hat immer tolle, tolle Gesprächspartner. Auch oft zu Themen, von denen man lange nur ein Narrativ offeriert bekommen hat und dann wirklich tiefer eingetaucht. Ich habe mal eine ganz tolle Folge gehört über die Verklärung von Martin Luther King. Und dann mag ich von Edition F auch noch sehr gerne Echt und Unzensiert.
In Podcasts, aber eben auch bei Hörproduktionen anderer Art, wie Hörspielen und Hörbüchern, ist das Krimi-Genre extrem beliebt. Denken Sie, dass kommt auch daher, dass man im Krimi immer eine Lösung bekommt, die in der realen Welt nicht immer so einfach ist?
Rufus Beck: Ja, das ist tröstend. Da ist eine Welt von Law and Order. Und es ist natürlich auch spannend, wie man wieder diese Ordnung herstellt, die wir brauchen.
Malick Bauer: Weil es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod geht, ist der Krimi auch eine tolle Spielwiese, um in einer Form von Entertainment in die menschlichen Abgründe reinzugucken – auch in einer Zeit wie jetzt. Aber manchmal fragt man sich, warum gerade Deutschland mit so wenig von diesem Potenzial zufrieden ist. Über Deutschland sagt man ja immer FKK: Familie, Krimi, Komödie funktionieren gut. Aber manchmal hat man das Gefühl, dass alles so ein bisschen nach Schema F runterproduziert wird.
Rufus Beck: Aber in Bayern hatten wir früher gute Titel. Nur Monaco Franze ist so eigen, ich weiß nicht, wie es für einen Berliner ist, sich sowas anzuschauen. Oder Kir Royal. Vielleicht liegt es auch an der Sprache: Du hast das Land und das Städtische und dann ist dazwischen dieses Münchnerische, das hat sehr viel Lokalkolorit. Franz Xafer Bogner mit Café Meineid und wie das alles hieß. Echt super, super Serien, die ich immer sehr mochte. Aber trotzdem ist es so, dass uns die Engländer und die Amerikaner etwas voraus haben, weil da Leute besetzt werden, die du nicht im deutschen Fernsehen siehst. Das ist schon eher glatt. Guck dir da mal Ricky Gervais in After Life an!
Malick Bauer: Oder auch Luther, BBC, ganz toll.

Rufus Beck: Sowas siehst du nicht in Deutschland. Das hängt halt mit den Fernsehsendern zusammen. Viele Köche verderben den Brei, die reden da alle mit. Du wirst ja auch einiges mitgemacht haben mit dem MDR, oder?
Malick Bauer: Meinst du jetzt wegen dem Hörspiel?
Rufus Beck: Nee, wegen Sam.
Malick Bauer: Achso, Sam war ja Disney. Jörg Winger und Tyron Ricketts haben 20 Jahre versucht das zu produzieren, aber von den deutschen Sendern immer gesagt bekommen: „Tolle Geschichte, dramaturgisch großartig, aber schwarze Hauptdarsteller können wir nicht machen.“ Dann musste halt erst mal Black Lives Matter passieren und die Amerikaner kommen, die uns mutig unterstützt haben, diese Geschichte endlich zu erzählen. Am Ende hat das ARD bzw. MDR den Stoff aber danach wenigstens nochmal ausgeliehen, so als Full-Circle-Moment. Aber es ist halt das Problem: Wir haben so viele Vorbehalte und einzelne Entscheider:innen, die aus ihrem geschmäcklerischen Kram nicht rauskommen, aber gleichzeitig über öffentlich-rechtliches Geld verfügen, das ja tatsächlich von allen Menschen in dieser Gesellschaft bezahlt wird. Und dadurch bekommen wir unsere demographische Realität nicht wirklich auf die Leinwand.
Rufus Beck: Es braucht halt spannende Geschichten und mal Out of the Box. Wenn du dir die erste Staffel White Lotus anschaust, ist das so ungeheuerlich! Tolle Figuren, tolle Geschichten, super Musik, super Kamera, Styling. Never ever werden wir das in Deutschland erleben! Big Little Lies. Meisterwerk! Super Schauspieler, super Geschichten, episch! Kriegen wir nicht hin. Ich glaube, wir müssen doch in die USA. Nimmst du mich mit?
Malick Bauer: Komm mit!
Kehren wir für die letzte Frage nochmal zur Hauptfigur zurück: Wie viel Hercule Poirot haben Sie selbst denn in sich?
Malick Bauer: Ich spreche Französisch. Aber ansonsten ist das ja im besten Sinne eine Kunstfigur. Das ist auch gut so. Wie geht es dem, wenn er alleine zu Hause ist? Das will man, glaube ich, gar nicht sehen. Das will man gar nicht sein.
Rufus Beck: Er ist ja immer im Dienst, läuft immer in diesem schicken Anzug rum mit seinem gezwirbelten Bärtchen. Man will nicht sehen, wie der zu Hause in die Badewanne steigt.
Oder vielleicht gerade?
Malick Bauer [lacht]: Ganz akkurat: „Ach, das Wasser ist zwei Grad zu kalt. Isch kann nischt nehmen.“
Rufus Beck: Ich habe im Privaten mit dem Charakter des Hercule Poirot wenig zu tun, aber viele seiner Eigenschaften gefallen mir: Seine Achtsamkeit, Empathie, Fantasie, seine Unvoreingenommenheit, die Ruhe und Kombinationsgabe. Und bei all seinen Eigenschaften ist er auch noch ein Genießer, ein Bonvivant. Das gefällt mir. Aber sonst habe ich mit Poirot nichts zu tun. Muss ich auch nicht. Ich muss die Figur nur spielen.
Das ist doch ein gutes Schlusswort. Dankeschön!
Malick Bauer absolvierte sein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig. Er war unter anderem am Neuen Theater Halle, an der Volksbühne Berlin und beim Berliner Ensemble engagiert. Einem größeren Publikum wurde er durch Fernsehserien wie Frau Jordan stellt gleich und WIR bekannt. 2023 übernahm er die Hauptrolle in der Disney+-Serie Sam – Ein Sachse, die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, und war als Synchronsprecher in Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem zu hören. Zuletzt konnte man ihn Karoline Herfurths Film Wunderschöner (2025) im Kino sehen.
(Anzeige)