When the Light Breaks Ljósbrot
Szenenbild aus Rúnar Rúnarssons "Wenn das Licht zerbricht" (© Neue Visionen Filmverleih GmbH)

Rúnar Rúnarsson [Interview]

Wenn das Licht zerbricht erzählt die Geschichte einer jungen Freundesgruppe, die einen fürchterlichen Verlust zu verkraften hat, als Diddi (Baldur Einarsson) bei einem Unfall ums Leben kommt. Das ist vor allem für Una (Elín Hall) sehr schwierig, da sie erst kürzlich mit ihm zusammengekommen ist, während er offiziell noch mit Klara (Katla Njálsdóttir) ein Paar ist. Es darf daher niemand wissen, wie sehr sie um ihn trauert. Und doch finden die beiden jungen Frauen in ihrem Schmerz einen Weg zueinander. Wir haben uns anlässlich des Kinostarts am 8. Mai 2025 mit Regisseur Rúnar Rúnarsson getroffen und ihn zu seinem Drama interviewt.

Könntest du uns etwas über die Entstehungsgeschichte von „Wenn das Licht zerbricht“ verraten? Wie bist du auf die Idee dazu gekommen?

Ich schreibe meine Drehbücher ja selbst. Die Geschichten basieren dabei auf eigenen Erfahrungen oder denen von anderen, die ich dann fiktionalisiere oder irgendwie abändere. Es ist dann am Ende gar nicht so einfach zu sagen, was von der Geschichte jetzt worauf zurückzuführen ist. Aber es ist wichtig für mich, dass der Ausgangspunkt eine eigene Erfahrung ist. Filme zu drehen, ist für mich eine Reise, bei der es auch darum geht, mich selbst besser zu verstehen und zu erkennen, wie ich mich fühle. Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, dann bist du auch dem Publikum gegenüber ehrlich. Am Ende von „Wenn das Licht zerbricht“ siehst du die Namen von Freunden, die verstorben sind und an die der Film dann gewidmet ist. Es ist also ein sehr persönliches Werk für mich. Es geht mir beim Filmemachen aber auch um den ästhetischen Aspekt und wie wir das Medium Film nutzen können, um uns auszudrücken. Wie wir die Geschichte, aber auch Ton und Bilder nutzen können, um etwas zu erzählen.

Dann bleiben wir doch bei dem Thema. „Wenn das Licht zerbricht“ ist natürlich ein sehr trauriger Film, der von Verlust handelt. Gleichzeitig ist er sehr schön und ästhetisch. Wie hält man die Balance, gleichzeitig etwas sehr Schönes zu machen, ohne dabei den rauen Schmerz aufzugeben?

Alles hat mehr als eine Seite. In dem Film geht es natürlich um Trauer in verschiedenen Formen. Es geht aber auch darum, sich an jemanden zu erinnern und welche Kraft davon ausgehen kann. Und es kann eben auch eine Schönheit in etwas sehr Tragischem und Fürchterlichem liegen. Das gilt dann vielleicht nicht für alles. An einem Krieg kann ich nichts Schönes finden. Ein Unfall oder ein anderer plötzlicher Tod, das ist Teil des Lebens. Anders als ein Krieg, der es nicht sein sollte. Oder ein Völkermord.

In deinem Film lernen wir mehrere Menschen kennen, die alle um den Toten trauern. Dabei sind ihre Verhältnisse zu ihm aber sehr unterschiedlich. Ist es in einem solchen Fall überhaupt möglich, gemeinsam zu trauern?

Es ist schon irgendwie komisch. Ich habe oft beobachtet, dass es eine Art Hierarchie beim Trauern gibt. „Er war mein Bruder, du warst nur mit ihm befreundet.“ Etwas in der Art. Auf Beerdigungen siehst du das auch, dass manche automatisch weiter vorne sind, weil gesagt wird, dass sie der verstorbenen Person näherstehen. Dabei haben wir alle unsere Gefühle, egal ob du ein Vater bist, die Schwester oder ein Freund. Und diese Gefühle sind wahr und haben einen Wert. Und auch darin kann eine Schönheit liegen, wenn du diese Gefühle miteinander teilst. Das siehst du gerade in Familien, die zerstritten sind und die in ihrer gemeinsamen Trauer um einen geliebten Menschen wieder zusammenfinden.

Menschen zu verlieren, gehört zum Leben dazu. Meistens geschieht das aber erst in einem späteren Stadium, während deine Figuren alle noch sehr jung sind. Was macht das deiner Meinung nach mit Menschen, die so früh schon jemanden verlieren?

Es erweitert deinen Horizont. Oder kann es zumindest, das hängt etwas von der Situation ab und wie traumatisieren dieser Verlust ist. Grundsätzlich ist es aber so, dass jede Erfahrung, die du sammelst, dich irgendwie weiterbringt. Wenn du jemanden hast, der dich in einer solchen Zeit unterstützt und dich auffängt, kann dich das stärker machen. Du kannst weiterkommen als Leute, die eine solche Erfahrung nicht gemacht haben. Es gibt Erfahrungen, die du erst beurteilen kannst, wenn du sie selbst gemacht hast. Du kannst vielleicht in Büchern darüber lesen, was es heißt, Vater zu sein oder jemanden zu verlieren. Aber da ist mehr. Da sind mehr Farben in dem Regenbogen. Wenn du jemanden verlierst, lernst du das zu schätzen, was du hast. Wie wichtig es zum Beispiel ist, Freunde zu haben. Dass vieles, das du für selbstverständlich hältst, nicht selbstverständlich ist.

Du hast vorhin gemeint, dass du durch deine Filme etwas über dich lernen willst. Was hast du durch „Wenn das Licht zerbricht“ über dich gelernt?

Das ist glaube ich zu persönlich. Aber es ist auch nicht so, dass du diesen einen Punkt hast, diese eine Erkenntnis. Es sind vielmehr verschiedene Facetten, durch die du dich und die Welt anders wahrnimmst, genauer wahrnimmst.

Kann Filmemachen eine Form von Therapie sein?

Ja, absolut. Du hältst dir dabei selbst den Spiegel vor. Manche nutzen Filme als eine Art Werkzeug, um weiser zu werden.

Dann kommen wir zu einer weniger persönlichen Frage: Könntest du uns mehr über das Casting verraten? Warum hast du dich für diese beiden Schauspielerinnen entschieden?

Island ist ein kleines Land, du findest aber ganz viele talentierte Leute, die du als Regisseur gar nicht so genau anleiten kannst. Die etwas ganz Besonderes haben, ob es nun kleine Gesten sind oder wie jemand seine Augen halb schließt. Sachen, die du nicht lernen kannst, weil sie ein Teil von dir sind. Was Elín Hall und Katla Njálsdóttir vereint, ist die Fähigkeit, ganze Sätze oder Monologe zu sagen, ohne Wörter benutzen zu müssen. Ein gutes Beispiel ist die letzte Szene im Film. Im Drehbuch war das noch ein Dialog, der sieben Minuten dauert. Im Film wird kein Wort mehr gesagt.

Das habe ich mich beim Anschauen des Films schon gefragt: Wie schreibt man ein Drehbuch ohne Wörter?

Bei uns war es so, dass wir sehr viel geprobt haben. Und bei diesen Proben gab es noch Dialoge. Mit der Zeit habe ich immer mehr Dialoge weggenommen, bis kein Wort mehr übrig war. Aber sie wussten noch, was sie gesagt haben, und haben das alles verinnerlicht. Sie haben also immer noch dasselbe gesagt, ohne es aber aussprechen zu müssen.

Letzte Frage: Gibt es irgendwelche Projekte, über die du sprechen kannst?

Ich habe einen Kurzfilm namens „O“ gedreht, der letztes Jahr in Venedig Premiere hatte und jetzt umherreist. Ich habe auch schon den nächsten Kurzfilm geschrieben. Aber ist es schwierig, eine Finanzierung für Kurzfilme zu finden. Für meinen letzten habe ich drei Jahre gebraucht. Bei „Wenn das Licht zerbricht“ hat es nur ein Jahr gedauert. Deswegen weiß ich selbst noch nicht, was ich als nächstes tun werde.

Vielen Dank für das Interview!



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