Viper in der Faust
© 2004 Studiocanal/Zephyr Films Viper Ltd./France 3 Cinéma

Viper in der Faust

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„Viper in der Faust“ // Deutschland-Start: 28. April 2025 (arte)

Inhalt / Kritik

Frankreich, 1922: Die Brüder Jean (Jules Sitruk) und Ferdinand Rezeau (William Touil) führen ein glückliches und behütetes Leben bei ihrer Großmutter (Annick Alane) in einem herrschaftlichen Anwesen. Doch als diese eines Tages stirbt, ist das Paradies vorbei. Nicht nur, dass die Jungen sehr um ihre Oma trauern, die immer ein offenes Wort für sie hatten. Es ist vor allem die Rückkehr der Eltern, die jahrelang in Indochina gelebt haben, die alles auf den Kopf stellt. Denn während der Vater Jacques (Jacques Villeret) den beiden durchaus zugetan ist, stellt sich ihre Mutter Paule (Catherine Frot) als Tyrannin heraus, die ihren jüngsten Sohn Marcel (Pierre Stévenin) verwöhnt, die beiden älteren aber schikaniert. Vor allem Jean will sich das nicht einfach so gefallen lassen und wagt den Aufstand – der mit der Zeit immer weiter eskaliert …

Die wahre Geschichte eines Familienkriegs

Für viele sind künstlerische Tätigkeiten eine Möglichkeit, die eigenen Gefühle und Gedanken zu verarbeiten. So auch bei Hervé Bazin. Mit seinen Gedichten stieß er durchaus auf positive Resonanz. Den Durchbruch schaffte er aber mit seinem ersten Roman Vipère au poing, der 1948 erschienen ist und in dem er sich kritisch mit seiner Kindheit auseinandersetzte. Seine Dekonstruktion eines bürgerlichen Lebens sorgte für einen handfesten Skandal, wurde aber ein Verkaufsschlager, der zwei weitere Romane nach sich zog. 1971 folgte eine erste Verfilmung fürs Fernsehen, 2004 dann die hier vorliegende Kinofassung. Ein deutsches Publikum bekam davon aber wenig zu sehen, erst mehr als zwanzig Jahre später zeigt arte die Adaption Viper in der Faust. Warum es so lange gedauert hat, muss man nicht verstehen, zumal einige bekannte Leute daran gearbeitet haben.

Einer davon ist Philippe de Broca. Tatsächlich handelt es sich um das letzte Werk des französischen Regisseurs, der wenige Wochen nach der Premiere gestorben ist. Dass der Filmemacher, dem wir Komödien wie Ein verrücktes Huhn und Pack den Tiger schnell am Schwanz zu verdanken haben, auch bei Viper in der Faust mit Humor arbeitet, überrascht nicht wirklich. Tatsächlich ist das hier oftmals mehr Komödie als Drama, selbst wenn der Film primär als Letzteres verkauft wird. Das betrifft beispielsweise die Voice-overs, wenn Jean das Geschehen auf ganz eigene Weise kommentiert. Aber auch die zuweilen völlig absurden Eskalationen dieses Kleinkriegs geben immer mal wieder Anlass zum Lachen, wenn sich die beiden antagonistischen Familienmitglieder das Leben zur Hölle machen, ein bisschen wie im Kultfilm Der Rosenkrieg.

Ein unterhaltsames Duell

Dabei sind die verhandelten Themen eigentlich alles andere als lustig. Wenn die Mutter die eigenen Kinder schlägt, auch psychische Gewalt anwendet, dann ist das richtig harter Stoff. Hinzu kommen Bigotterie, Punkte wie Klassenunterschiede und Kolonialismus, wenn die französische Familie über die Erfahrungen in Indochina berichtet. Richtig vertieft werden diese Aspekte nicht, als Gesellschafts- und Zeitporträt ist das etwas dünn. Ein wirkliches Manko ist das aber nicht, es ergibt sich vielmehr aus der Perspektive. Schließlich ist Viper in der Faust aus der Sicht eines Jungen erzählt, der nun einmal einen anderen Blick und andere Prioritäten hat. Da ist es wichtiger, ob der Verzehr von Schokolade nun den Tod der Großmutter bedingt hat oder nicht.

Das ist unterhaltsam, auch wenn die Überzeichnung dazu führt, dass man vielleicht nicht ganz so viel Anteilnahme zeigt. Die Figuren bleiben dabei auch eher an der Oberfläche: Die meisten haben nur wenige Charaktereigenschaften, die beiden Brüder sogar gar keine. Sie sind Verbündete des Protagonisten, aber keine wirklichen Individuen. Auch in der Hinsicht wäre also mehr drin gewesen. Sieht man Viper in der Faust jedoch primär als ungleiches Duell, weniger als ausgefeiltes Psychogramm, kommt man auf seine Kosten. Herausragend ist dabei natürlich der französische Superstar Catherine Frot (Misericordia), der als eiskaltes Biest alle Register zieht. Eine Entdeckung war dafür Jules Sitruk (Der Sohn der Anderen), der hier als Rebell mit kindlicher Grausamkeit in einen Krieg zieht, bei dem Liebe und Hass kaum voneinander zu unterscheiden sind.



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Viper in der Faust
fazit
Basierend auf dem Romanklassiker erzählt „Viper in der Faust“ von einer tyrannischen Mutter und einem Sohn, die sich einen zunehmend eskalierenden Kleinkrieg liefern. Das geht dann zwar nicht so wahnsinnig in die Tiefe, unterhaltsam ist die autobiografisch gefärbte, überraschend humorvoll Geschichte aber durchaus – auch wegen eines stark spielenden Duos.
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