Aeon Oz
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„Aeon Oz“ // Deutschland-Start: 24. April 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Zum Welttag des Tanzes am 29. April startet in den deutschen Kinos ein Film, der sich der Sprache der Bewegung auf experimentelle Weise nähert: Aeon Oz. Realisiert wurde das Projekt von Heinz Kasper, der bislang eher als Lichtkünstler in Erscheinung trat. Mit diesem Film wagt er sich erstmals auf das Terrain des Experimentalfilms – und das mit einer klaren künstlerischen Vision. Der Ursprung des Projekts liegt in einer dreischiffigen Basilika im rumänischen Michelsberg. Dort entwarf Kasper zunächst eine Lichtinstallation, die später zur Kulisse einer Performance wurde – in Zusammenarbeit mit der Choreographin Juana Del Mar Jimenez Infante und dem Komponisten Matteo Haitzmann. Die Live-Aufführung 2018 war der Ausgangspunkt für das, was sich schließlich zu einem Film entwickelte. Kasper ließ sich dabei von Koyaanisqatsi inspirieren – einem wortlosen, visuell-meditativen Klassiker des experimentellen Kinos aus dem Jahr 1982.

Eindrucksvolle Bildkompositionen

Aeon Oz verzichtet ebenfalls auf Dialoge und setzt stattdessen auf die Ausdruckskraft von Tanz, Musik und Bild. Im Zentrum steht Juana Del Mar Jimenez Infante mit intensiven Solochoreographien, ergänzt durch drei punktuell eingesetzte Ensemble-Szenen. Die Kamera begleitet sie durch Landschaften in Kolumbien, Indien und Nepal – Orte, die nicht zufällig gewählt wurden, sondern eine Nähe zu fernöstlicher Spiritualität und meditativer Praxis vermitteln. Kaspers für einen Lichtkünstler ungewöhnlich anmutende Entscheidung, komplett auf künstliche Ausleuchtung zu verzichten, hebt den Film visuell von vielen anderen Produktionen ab. Die Nutzung von natürlichem Licht verleiht den Bildern eine besondere, manchmal fast sakrale Atmosphäre. Die Kameraarbeit von Andrés Arizmendy Benavides fängt diese Momente sensibel ein und verbindet Tanz, Raum und Licht zu eindrucksvollen Bildkompositionen. Auch der Schnitt folgt dem Rhythmus der Körper und der Musik – mal fließend, mal hart, aber stets mit Gespür für Timing und Struktur.

Musikalisch ist Aeon Oz stark in der zeitgenössischen Kammermusik verwurzelt. Matteo Haitzmann schafft mit seinem Score eine dichte, oft minimalistische Klangwelt, die sich gut mit der Bewegungssprache der Tänzerin verbindet. Die Musik kommentiert nicht, sondern lässt Raum zur Interpretation – ganz im Sinne des Films, der mehr andeutet als erklärt. Die spirituelle Ebene ist deutlich präsent: Das rezitierte Mantra Aeon Oz, rituell wirkende Tanzszenen, Statements der Filmschaffenden zum Werk und die Wahl der Drehorte deuten klar auf eine Verbindung zu fernöstlichen Traditionen hin. Doch Aeon Oz lässt sich auch ohne tiefere spirituelle Vorbildung genießen – als cineastische Erfahrung, als visuelle Meditation, als Tanzfilm, der andere Wege geht.

Ein Film auf Distanz

Trotz all dieser Qualitäten ist Aeon Oz kein Film, der sich einem breiten Publikum automatisch erschließt. Die meditative Erzählweise, das Fehlen von Dialogen und klassischen dramaturgischen Bögen sowie die stark abstrahierte Bildsprache erfordern eine gewisse Offenheit und Geduld. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit eindrucksvollen Momenten belohnt. Wer hingegen klare Handlungen oder emotionale Narrative erwartet, wird hier kaum fündig. So bleibt Aeon Oz letztlich ein Film für eine sehr spezifische Zielgruppe – Menschen mit Interesse an Tanztheater, Performancekunst und spirituell geprägten Bildwelten. Für alle anderen kann der Zugang schwierig, vielleicht sogar unmöglich sein. Die Ästhetik ist ambitioniert, das Konzept konsequent – aber es bleibt auch eine gewisse Distanz, die nicht jeder Zuschauer überwinden wird.



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Aeon Oz
fazit
"Aeon Oz” ist ein faszinierendes, in Teilen auch hypnotisches Kunstprojekt, das seine Stärken vor allem in der Verbindung von Bewegung, Musik und Raum entfaltet. Als Film überzeugt es jedoch nicht auf ganzer Linie – zu speziell ist das Format, zu hermetisch die Sprache der Bilder. Eine lohnende Erfahrung für ein offenes, kunstaffines Publikum – für alle anderen womöglich eher ein schöner, aber schwer zugänglicher Bilderrausch.
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