Aum The Cult at the End of the World
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AUM: The Cult at the End of the World

Inhalt / Kritik

Als Folge einer immer schneller werdenden Gesellschaft, deren technologischer Fortschritt immer mehr die Grenzen der Menschheit erweitert und bestätigt, erleben wir schon seit geraumer Zeit das Fehlen einer Heilerzählung. Die spirituelle Lücke, die viele Menschen wahrnehmen, will die Technik, oder genauer gesagt die Konzerne, die sie vertreten und verbreiten, gerne füllen, doch den meisten reicht dies einfach nicht. Man kann über die Institution Kirche viel sagen, doch Religion als solche konnte (und kann) zumindest Trost spenden und einem Menschen dabei helfen, tragische Ereignisse im eigenen Leben zu verarbeiten. Wenn auch dies nun in die Hände von Unternehmen fällt, ist das nicht nur sehr traurig, sondern auch gefährlich, wie uns beispielsweise die Dokumentarfilmer Hans Block und Moritz Riesewieck in ihrem Film Eternal You – Vom Ende der Endlichkeit zuletzt noch gezeigt haben. Darüber hinaus können natürlich auch jene Personen und Bewegungen diese Lücke füllen, die eine ganz eigene Ideologie verfolgen, die weniger um das Seelenheil der Menschen bemüht ist, sondern sich vielmehr um Dinge wie Macht, Expansion und Kontrolle befasst.

In den 1990er Jahren war Japan an einem solchen Punkt angelangt, wobei nicht nur die wirtschaftliche und politische Stagnation des Landes dabei eine Rolle spielte. Das Konzept einer neuen Phase des Kalten Krieges, wie ihn die Reagan Administration vorschlug, bestätigte viele Menschen in ihrem Glauben an das baldige Ende der Welt und öffnete Tor und Tür für Menschen, die diese Angst ausnutzen wollten. Einer von ihnen war Chizuo Matsumoto, besser bekannt unter dem Namen Shoko Asahara, der mit Aum Shinrikyo eine Sekte gründete, die zunächst rein spiritueller Natur war, aber schon bald andere Absichten verfolgte. In ihrer Dokumentation AUM: The Cult at the End of the World verfolgen die Regisseure Ben Braun und Chiaki Yanagimoto die Geschichte Aums und ihrer spirituellen Anführers Asahara, wobei darüber hinaus ein Blick geworfen wird auf ein Land, das sich von seiner eigenen Geschichte befreien musste, um endlich handlungsfähig zu werden gegen einen Terroristen, der für einen der tragischsten Terroranschläge der 1990er verantwortlich ist.

Yoga und Giftgas

Als gegen Choko Asahara, sowie sechs weitere Mitglieder Aums, 2018 das Todesurteil vollstreckt wurde, war dies für viele Menschen das Ende einen langen, schmerzvollen Kapitel in ihrem Leben. Am 20. März 1995 kam es in der Tokioter U-Bahn zu einem Sarin-Anschlag, der 13 Menschen das Leben kostete und Tausende Verletzte zur Folge hatte. Obwohl dies für viele Menschen, vor allem viele Japaner, das erste Mal war, dass sie von Aum überhaupt hörten, war die Sekte schon lange im Verdacht, mehr zu sein als die harmlose Fassade, die sie nach außen hin weiter propagierte. Braun und Yanagimoto beginnen mit dem Anschlag, den viele sicherlich noch in Erinnerung haben werden, gehen dann aber viele Jahre zurück, als Asahara noch ein Yoga-Guru war, aber schon sehr früh an dem Nimbus des Sektenführers arbeitete.

Die Dokumentation schaut dabei auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund, die Biografie Asaharas sowie die Entwicklung Aums von einer spirituellen Gemeinschaft zur einer Sekte, die es sogar schaffte, Sarin-Gas in großen Mengen herzustellen. Hierbei kommen Zeitzeugen, ehemalige Mitglieder Aums sowie Betroffene zu Wort, deren Kinder und Kollegen von Aum entweder eingeschüchtert oder verschleppt und umgebracht worden sind. Erschütternd ist dabei die Sichtweise auf die Behörden, die aufgrund der problematischen Geschichte der japanischen Autoritäten als Gedankenpolizei, davon absahen, rechtzeitig zu ermitteln.

AUM: The Cult at the End of the World ist aber weitaus mehr als „nur“ ein Zeitdokument. Besonders die Interviews mit Betroffenen zeigen, wie aktuell die Bedrohung durch Ideologen und Machtbesessene, die sich als spirituelle Führer und Gurus tarnen, nach wie vor ist. Dabei geht es nicht nur um Hakari no Wada, den inoffiziellen Ableger Aums, angeführt von Asaharas zweiter Hand, der nach wie vor in Japan tätig ist. Es geht auch um die Verwundbarkeit einer Gesellschaft, die Heil sucht in den Armen von Scharlatanen und, sowie einen Staat, der nicht handelt und genauso zum Wegbereiter eines Unglücks wird.

Credits

OT: „AUM: The Cult at the End of the World“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Ben Braun, Chiaki Yanagimoto
Musik: Dan Braun, Charlie Braun
Kamera: Yohei Tateishi, Tim Sutton, Alex Hadjikoukas

Filmfeste

Sundance Film Festival 2023
Nippon Connection 2024

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AUM: The Cult at the End of the World
fazit
„AUM: The Cult at the End of the World“ ist eine aufrüttelnde Dokumentation über die bekannte Sekte, ihren Anführer und die Folgen des von ihr verübten Terroranschlags. Ben Braun und Chiaki Yanagimoto zeigen durch Archivmaterial und Interviews nicht nur den zeitgeschichtlichen Hintergrund, sondern auch, warum von solchen Heilsversprechen, wie sie Aum formulierte, eine solche Gefahr ausgeht.
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