Stella Ein Leben
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Stella. Ein Leben.

Stella Ein Leben
„Stella. Ein Leben.“ // Deutschland-Start: 25. Januar 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Die 18-jährige Stella Goldschlag (Paula Beer) hat einen großen Traum: Sie möchte nach New York und dort als Sängerin richtig durchstarten. Ihre große Liebe ist der Jazz, gemeinsam mit ihrem Freund Manfred Kübler (Damian Hardung) und anderen Gleichgesinnten spielen sie Lieder von Cole Porter und anderen Ikonen. Doch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten rückt der Traum in weite Ferne. Gemeinsam mit Manfred, ihren Eltern Toni (Katja Riemann) und Gerd (Lukas Miko) müssen sie und die anderen Juden und Jüdinnen irgendwie den Alltag überstehen. Statt glamouröser Auftritte auf der Bühne ist harte Arbeit in den Fabriken angesagt. Als die Familie bei einer erneuten Deportationswelle untertaucht, lernt Stella den charmanten Rolf Isaakson (Jannis Niewöhner) kennen und lieben. Beide versuchen sie, das Beste aus der Situation zu machen – auch auf Kosten anderer …

Rücksichtsloser Überlebenskampf

Seit dem barbarischen Terroranschlag der Hamas ist das Thema Holocaust auf einmal wieder allgegenwärtig. Nicht nur in Israel, auch hierzulande, ist die Angst zurückgekehrt, nur aufgrund des eigenen Glaubens Zielscheibe für Gewalt werden zu können. Mit dem Gegenschlag, der seinerseits viele unschuldige Menschenleben kostete, ist die Diskussion schwierig geworden. Nun wird auf einmal Israel des Genozids beschuldigt. Tatsächlich wirft der aktuelle Krieg notgedrungen Fragen auf. Welche Reaktion ist angemessen? Wie weit darf man gehen, um das eigene Leben schützen zu wollen? Da ist es – je nach Ansicht – sehr passend oder unpassend, den Film Stella. Ein Leben. in die Kinos zu bringen. Denn auch dort geht es um die schwierige Abgrenzung von Opfern und Tätern, vorgeführt anhand zweier jüdischer Menschen während des Dritten Reiches.

Es dauert dabei eine ganze Weile, bis Regisseur und Co-Autor Kilian Riedhof (Meinen Hass bekommt ihr nicht) an dieser Stelle ankommt. So nimmt er sich viel Zeit, um die Vorgeschichte der Titelfigur vorzustellen. Diese wächst einigermaßen unbekümmert auf, verdrängt lang den Schrecken, der sich in Deutschland ausbreitet. Schon zu dem Zeitpunkt zeigt sich einen Hang zur Selbstbezogenheit, wenn sie sich nicht für das Leid anderer interessiert. Auch ihr Mann hat darunter zu leiden, den sie später kaum noch beachtet und der keine wirkliche Bedeutung für sie zu haben scheint. Eine Sympathieträgerin ist die Protagonistin nicht gerade. Diese Rücksichtslosigkeit wird später noch einmal deutlich stärker werden, wenn sich Stella dazu bereit erklärt, andere ans Messer zu liefern, um ihre eigene Haut zu retten. Mit Rolf Isaakson hat sie einen willigen Komplizen. Auch er nutzt in Stella. Ein Leben. andere gnadenlos aus.

Ein Drama voll schwieriger Fragen

Und doch ist das Drama nicht darauf aus, die Titelfigur einseitig zu verdammen. Die eigentlichen Verbrechen, soviel wird immer betont, verüben die Nationalsozialisten, die zu der Hetzjagd aufrufen und systematisch Menschenleben auslöschen. Für Stella bedeutete das, dass sie sich und ihre Familie nur schützen kann, indem sie selbst Morde ermöglicht. Bei Stella. Ein Leben. verschwimmen die Grenzen zwischen Tätern und Opfern, Stella und Rolf sind beides in einem. Das lässt sich leicht aus dem sicheren Kinosessel heraus verdammen, vor allem wenn sie alle Bekannte verraten. Aber es bleibt immer die Ambivalenz. Es bleibt auch die implizite Frage, die auf dem Plakat sogar ausformuliert wird: „Was hättest du getan?“.

Eine Antwort darauf wird niemand geben können, der nicht in der Situation ist, weshalb es schwierig ist, aus der Geschichte eine wirkliche Diskussion abzuleiten. Diskussionswürdig ist das Drama, das auf dem Zurich Film Festival 2023 Premiere hatte, aber durchaus. Und es ist sehenswert, allein schon der Besetzung wegen. Aushängeschild des Films ist dabei natürlich Paula Beer (Roter Himmel) in der Rolle der schillernd-widersprüchlichen Titelfigur. Aber auch der Rest des Ensembles trägt dazu bei, dass Stella. Ein Leben. ein zwar schwieriges Werk ist, welches oftmals unbequem wird. Aber eben auch eins, das einen zwingt, sich von dem reinen Schwarzweiß-Denken und den einfachen Antworten zu verabschieden, nach denen sich so viele sehnen.

Credits

OT: „Stella. Ein Leben.“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Kilian Riedhof
Drehbuch: Marc Blöbaum, Jan Braren, Kilian Riedhof
Musik: Peter Hinderthür
Kamera: Benedict Neuenfels
Besetzung: Paula Beer, Jannis Niewöhner, Katja Riemann, Lukas Miko, Joel Basman, Damian Hardung, Bekim Latifi, Gerdy Zint

Bilder

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Stella. Ein Leben.
fazit
„Stella. Ein Leben.“ erzählt die Geschichte zweier ambivalenter Menschen im Dritten Reich, bei denen die Grenzen fließend sind und die Opfer und Täter zugleich sind. Das Drama liefert keine eindeutigen Antworten bei der Schuldfrage, ist vielmehr Aufforderung, sich vom starren Schwarzweiß-Denken zu verabschieden.
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