Mord im Orientexpress
© Carlsen Comics

Mord im Orient-Express (Comic)

Mord im Orientexpress
„Mord im Orient-Express“ // Deutschland-Start: 26. September 2023

Inhalt / Kritik

Beinahe sah es so aus, als müsste Hercule Poirot seine Pläne ändern. Denn als er von Istanbul aus ein Abteil im Orient-Express buchen möchte, ist bereits alles belegt. Zu seinem Glück ist er aber mit Monsieur Bouc befreundet, dem anwesenden Leiter der Eisenbahngesellschaft. Und der verschafft dem belgischen Privatdetektiv doch noch einen Platz, als ein Passagier nicht auftaucht und seine Buchung damit verfällt. Ein Anlass für Freude ist das jedoch nur bedingt, da sich die Ereignisse im Anschluss bald überschlagen. Erst wird er von dem unangenehmen Mitreisenden Samuel Ratchett dazu gedrängt, auf ihn aufzupassen, nachdem er mehrere Morddrohungen erhalten hat. Dann bleibt der Zug aufgrund einer starken Schneeverwehung auf offener Strecke liegen. Und als wäre das nicht schon unangenehm genug, wird auch noch die Leiche von Ratchett gefunden, der mit zahlreichen Messerstichen erstochen wurde …

Comic nach der Queen of Crime

Auch wenn der Tod von Agatha Christie schon einige Jahrzehnte her ist und es seither sicherlich nicht an neuen Krimis aus aller Welt gemangelt hat, die Werke der britischen Schriftstellerin sind einfach unverwüstlich. Immer mal wieder werden ihre Bücher zu Filmen und Serien verarbeitet, zuletzt etwa in A Haunting in Venice, das noch einmal groß auf der Leinwand zu sehen war. Aber auch die diversen Videospiel-Adaptionen, die in der letzten Zeit entstanden sind, erfreuen sich größerer Beliebtheit. Auf der Suche nach weiteren Verwertungsmöglichkeiten wurde die Welt der Comics entdeckt. So wurden mehrere der berühmten Romane umgesetzt, die mit einigen Jahren Verspätung auch bei uns erscheinen. Los geht es mit einem der meistadaptierten: Mord im Orient-Express. 1934 veröffentlicht, gibt es bereits mehrere Kino- und Fernsehfassungen davon.

Auf der einen Seite provoziert das natürlich die Frage, wie sinnvoll eine Comic-Version des Klassikers noch ist. Die Geschichte ist schließlich bekannt. Die Auflösung, so clever sie auch ist, überrascht nur einmal. Hinzu kommt, dass das Format notwendigerweise mit Kürzungen einhergeht. Ein Roman, der im Original 250 Seiten beträgt, muss auf 64 Seiten zusammengestaucht werden, da bleibt notgedrungen einiges auf der Strecke. Gerade beim großen Finale, wenn Poirot seine berühmten grauen Zellen demonstriert und uns verrät, wer die Tat denn nun begangen hat, muss es sehr schnell gehen. Mord im Orient-Express bietet da Schlussfolgerungen im Schnellformat, da fällt einiges schon vom Himmel. In der Hinsicht ist die Adaption den anderen unterlegen, vom Roman ganz zu schweigen.

Trotz der Kürzungen atmosphärisch

Für sich genommen ist der Comic aber durchaus gelungen und macht Lust auf mehr. Der deutsche Autor Benjamin von Eckartsberg, der zuvor auch schon Wolfgang Hohlbeins Romanreihe Die Chronik der Unsterblichen adaptierte, also erfahren ist bei der Roman-Comic-Umwandlung, schafft es tatsächlich, die Essenz des Buches auf engem Raum einzufangen. Und auch die Zeichnungen von Chaiko sind gelungen. Die Bilder des Illustrators sind sehr atmosphärisch geworden, fangen die düstere Stimmung sehr schön ein, wenn Poirot und ein ganzes Abteil voller Verdächtige im eingeschneiten Nirgendwo feststecken, dabei ein Mörder auf freiem Fuß ist. Wer ist es? Und was hat es mit den vielen rätselhaften Hinweisen auf sich, die nicht zusammenpassen?

Das Ergebnis ist vielleicht nicht ganz so spannend wie Das letzte Wochenende oder andere Werke von Agatha Christie, wo zu befürchten ist, dass der oder die Schuldige noch einmal zuschlägt. Hinzu kommt, dass hier recht schnell klar ist: Der Mord hängt mit einem früheren Verbrechen zusammen. Und doch schaden diese Einschränkungen dem Vergnügen nicht. Denn da sind die besagten rätselhaften Spuren, die in alle möglichen Richtungen verweisen und bei denen völlig unklar ist, wohin sie eigentlich führen. Das funktioniert nach wie vor sehr gut, mag nicht allzu glaubwürdig sein, ist aber so verblüffend, dass die Geschichte zurecht zu den ganz großen Klassikern der Autorin zählt.

Credits

OT: „Murder on the Orient Express“
Land: Schweiz
Jahr: 2017
Text: Benjamin von Eckartsberg
Zeichnungen: Chaiko
Vorlage: Agatha Christie

Noch mehr Agatha Christie

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Mord im Orient-Express (Comic)
fazit
„Mord im Orient-Express“ adaptiert den berühmten Roman von Agatha Christie im Comic-Format. Inhaltlich heißt es da Abstriche machen, zwangsläufig wurde einiges weggestrichen. Doch die Geschichte funktioniert auch in der Fassung gut, hinzu kommen die atmosphärischen Bilder, welche die Adaption sehenswert machen.
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3.5