Pesthauch des Dschungels Le Mort in ce Jardin

Pesthauch des Dschungels

Inhalt / Kritik

Pesthauch des Dschungels Le Mort in ce Jardin
„Pesthauch des Dschungels“ // Deutschland-Start: 31. Januar 2014 (DVD)

In einem fiktiven brasilianischem Dorf werden die Minenarbeiter von der Regierung enteignet, die wertvollen Diamanten sollen künftig nur noch durch deren Vertreter abgebaut werden dürfen. Die Arbeiter wollen sich das allerdings nicht gefallen lassen und holen zum Gegenschlag aus. Der Aufstand wird zwar zunächst blutig niedergeschlagen, dennoch bleiben die Unruhen. Inmitten der Kämpfe findet sich eine Gruppe zusammen, die aus unterschiedlichen Intentionen heraus die Flucht durch den Dschungel antritt. Söldner Shark (Georges Marchal), die Prostituierte Djin (Simone Signoret), der Minenbauer Castin (Charles Vanel), dessen taubstumme Tochter María (Michèle Girardon) und der Priester Lizardi (Michel Piccoli) kämpfen nicht nur gegen ihre Verfolger, sondern auch ums nackte Überleben.

Kampf aus dem Exil

Luis Buñuel, einer der einflussreichsten Regisseure und einer der bedeutendsten Surrealisten im Filmgeschäft. Während seines Exils in Mexiko realisierte der Regisseur etliche Filme. Neben dem 1951 in Cannes ausgezeichnetem Film Die Vergessenen, welcher ihm die Rückkehr in das internationale Filmgeschäft sicherte, eben auch das weitaus weniger beachtete Werk Pesthauch des Dschungels. Der Film, der auf einem Roman von José-André Lacour basiert und 1956 als französisch-mexikanische Coproduktion später zum Mittelteil einer Trilogie werden sollte, verknüpft erneut Politik, Surrealismus und Charakterstudie, zeigt sich gleichzeitig aber auch etwas ungewöhnlich als Abenteuerfilm.

Zunächst jedoch widmet sich Buñuel im ersten Teil von Pesthauch des Dschungels dem politischen Aspekt. Ergründet die Beweggründe der Aufständischen, versucht deren kämpferische Natur und den fast ungebrochenen Willen, sich gegen eine ausbeuterische Regierung zu stellen hervorzuheben. Damit bewegt sich der Regisseur wieder einmal in einem seiner beliebten erzählerischen Territorien, in dem er Politik und Autoritäten unverhohlen kritisiert und deren Verhalten zur Schau stellt. In diesem Werk zeichnet Buñuel allerdings ein sehr klares Bild, nutzt weniger die Umwege eines sonst von ihm auch bekannten scharfen Zynismus.

Die Beschäftigung mit sich selbst

Ähnliches gilt auch für den zweiten Teil von Pesthauch des Dschungels, der sich mit der Flucht der zusammengewürfelten Gruppe beschäftigt, die weniger aufgrund von Gemeinsamkeiten oder Sympathien zueinander aufbrechen, sondern vielmehr durch den Zufall gezwungen werden, zusammen ums Überleben zu kämpfen. Auf ihrem Weg durch den Dschungel werden die Figuren allesamt im Hinblick auf ihren Überlebenswillen auf eine harte Probe gestellt und sogar mit ihrer eigenen Heuchelei konfrontiert. Der Priester fängt an, seine Missionierung als alternatives ausbeuterisches System zu begreifen. Die Prostituierte zeigt ihr wahres Gesicht, als ihr auserkorener Mann nicht mehr nützlich genug für sie ist. Sie scheint sich nun langsam ihrer Situation bewusst zu werden, dass kaum eine blendende Zukunft vor ihr liegt.

Trotz einer gewissen Entwicklung und einer etwas mühseligen Selbstreflexion, bleiben die Charaktere und ihre Überzeugungen fragil. Denn als sich eine durchaus lukrative Gelegenheit bietet, fallen die Figuren in ihre Muster zurück und eigentlich im Dschungel unnütze Dinge erlangen erneut großen Wert. Dabei gibt es dann sogar zwei Figuren, die sich trotz der schwierigen Situation kaum verändern. So ist der Söldner Shark durchweg jemand, der seinen Egoismus, seine Grobheit und sein Unvermögen, mit anderen Menschen zu sympathisieren, ganz offen zur Schau stellt.

Ansammlung unsympathischer Figuren

Aber nicht nur bei Shark zeigt sich die Figurenzeichnung für das Publikum eher problematisch. Fast alle Charaktere in Pesthauch des Dschungels sind nämlich launisch, narzisstisch, herrschend und oft wütend wie verletzend. So wird die Beobachtung des Dschungelabenteuers im Verlauf nahezu zu einem gleichgültigen Egotrip. Im Vergleich zu Buñuels späteren Werken wie Der diskrete Charme der Bourgeoisie fällt es tatsächlich schwerer, Mitgefühl oder ernsthaftes Interesse für die Charaktere zu entwickeln. Auch hier scheint das sehr deutliche und wenig verschleierte Bild der Figureneigenschaften nicht unbedingt dem Film zuträglich.

Insgesamt ist der 1956 erschienene Film von Buñuel eine Sammlung von ihm bevorzugter Themen und reiht sich damit ein in die Liste der sozial und politikkritischen Werke, ohne dabei wirklich hervorzustechen. Auch wenn sich Pesthauch des Dschungels weitestgehend wenig nach Buñuel anfühlt, so ist doch die Handschrift des Regisseurs eindeutig erkennbar.

Credits

OT: „La Mort en ce Jardin“
Land: Mexiko, Frankreich
Jahr: 1956
Regie: Luis Buñuel
Drehbuch: Luis Alcoriza, Luis Buñuel, Raymond Queneu
Vorlage: José-André Lacour
Musik: Paul Misraki
Kamera: Jorge Stahl Jr.
Besetzung: Georges Marchal, Simone Signoret, Charles Vanel, Michèle Girardon, Michel Piccoli, Jorge Martínez de Hoyos, Raúl Ramírez

Bilder

Trailer

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Thematisch typisch für Buñuel, erzählerisch allerdings unverhofft klar strukturiert, wenig zynisch oder surrealistisch verschleiert. „Pesthauch des Dschungels“ zeigt sich als solides, aber keineswegs bahnbrechendes Werk.
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