La fleur du mal Die Blume des Bösen
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Die Blume des Bösen

Inhalt / Kritik

La fleur du mal Die Blume des Bösen
„Die Blume des Bösen“ // Deutschland-Start: 24. Juli 2003 (Kino) // 7. April 2004 (DVD)

Als François Vasseur (Benoît Magimel) nach drei Jahren Studium in den USA nach Frankreich zurückkehrt, hat sich bei der altehrwürdigen Familie nicht wahnsinnig viel getan. Während sein Vater Gérard (Bernard Le Coq) noch immer hinter den Frauen her ist, arbeitet seine Stiefmutter Anne (Nathalie Baye) an ihrer Karriere in der Lokalpolitik. Bürgermeisterin will sie werden, der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Da kann sie es gar nicht brauchen, dass ein anonymes Schreiben von schmutzigen Familiengeheimnissen berichtet, bei denen Tante Line (Suzanne Flon) nicht ganz unschuldig ist, um die Kampagne zu sabotieren. Und dann wäre da auch noch Stiefschwester Michèle (Mélanie Doutey), für die François schon lange mehr empfindet …

Die Bourgeoisie als Feindbild

In Dutzenden Filmen nahm sich die französische Regielegende Claude Chabrol immer wieder des Themas an, wie schrecklich korrupt und verdorben die Bourgeoisie ist. Eine Zeit lang geschah dies im Deckmantel des Thrillers, wenn er Genreunterhaltung mit sozialkritischen Spitzen verband. Später spielte er nur noch mit der Genrezugehörigkeit, ließ zunehmend die Grenzen verwischen. So auch bei Die Blume des Bösen. Der 50. Film des Mitbegründers der Nouvelle Vague wird mal als Krimi bezeichnet, mal als Komödie bis hin zu einer Satire. Oder auch als Drama, wenn in der Familie Charpin-Vasseur doch so manches im Argen liegt. Alles davon ist nachvollziehbar und trifft es dabei nicht so wirklich.

Natürlich gibt es da die eine oder andere Leiche im Keller, manche davon im übertragenen Sinn, andere wörtlich. Es geht Chabrol, der am Drehbuch mitgeschrieben hat, aber nicht so sehr darum aufzuklären, was da wirklich geschehen ist. Die Auflösung geschieht hier mehr als Pflichtübung. Denn da gibt es in Die Blume des Bösen auch abseits von etwaigen Morden noch genug, an dem er sich abarbeiten kann. Manches davon ist illegal oder zumindest in einem sehr grenzwertigen Bereich. Auch mit der Moral ist das bei der Familie so eine Sache. Wenn sich da eine Romanze zwischen François und Michèle entwickelt, dann ist das schon mit Fragezeichen versehen, sind sie doch nicht nur Stiefgeschwister, sondern auch als Cousin und Cousine miteinander verwandt. Und das ist wohl nicht der einzige Fall, dass man gerne mal innerhalb der eigenen Familie verkehrte.

Keine neuen Erkenntnisse

Während diese Passagen immer etwas abgehoben sind und an die Skandale und Geheimnisse einer Seifenoper erinnern, sind die Auswege zur Politik schon konkreter und näher am Alltag. Die Art und Weise, wie Anne auf Wählerjagd geht und dort alles Mögliche verspricht, da darf man sich schon an diverse reale Beispiele erinnert fühlen, wie das in dem Geschäft nun einmal läuft: Gib mir Macht, dann erzähle ich dir, was du hören willst! Sonderlich in die Tiefe geht Chabrol dabei jedoch nicht. Dafür hätte es bei Die Blume des Bösen auch ein konsequenteres Thema gebraucht. Über längere Strecken wartet man dort vergeblich darauf, dass klar würde, worum es in der Geschichte eigentlich gehen soll. Die diversen Unterthemen werden lediglich dadurch zusammengehalten, dass sie in Verbindung mit der Familie stehen.

Tatsächlich neue Erkenntnisse sollte man sich von Die Blume des Bösen daher nicht erwarten. Chabrol tat hier, was er kannte und was er konnte. Aber er tat es in einer ansprechenden Version. Die schauspielerischen Leistungen sind gut, allen voran von Nathalie Baye (Catch Me If You Can) in der Rolle der sich nur nach außen hin kümmernden Politikerin, die auf die Menschen eigentlich überhaupt keine Lust hat. Auch Suzanne Flon (Der Zug) hat ihre Momente, in dieser Mischung aus Herzlichkeit und Undurchdringlichkeit. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie in ihren Jahren doch so manches gesehen hat, immer bereit dazu, etwas unter den Teppich zu kehren, sollte es die Situation gerade erfordern. Von nichts, kommt nichts, auch kein so schönes Haus wie das der Vasseurs.

Genüssliche Sudelei

Chabrol genießt es dann auch, dieses ebenso wie die Menschen, die darin wohnen, mit Dreck zu bewerfen. Und obwohl er damit nicht lange wartet, man weiß eigentlich sofort, dass die Familie nicht so vorbildlich und respektabel ist, wie sie nach außen hin tut: Der Filmemacher hat es dabei nicht eilig. Die Handlung ist überschaubar, die Geschichte entwickelt sich nicht nennenswert weiter. Sehenswert ist das Spätwerk des Regisseurs aber schon. Die Blume des Bösen demontiert mit Humor und schönen Bildern, zeigt in Anlehnung an den berühmten Gedichtband Les Fleurs du Mal von Charles Baudelaires die Hässlichkeit des menschlichen Daseins. Ganz so tief in die tragischen Abgründe geht das hier jedoch nicht. Stattdessen ist spöttische Unterhaltung angesagt.

Credits

OT: „La fleur du mal“
Land: Frankreich
Jahr: 2003
Regie: Claude Chabrol
Drehbuch: Caroline Eliacheff, Louise L. Lambrichs, Claude Chabrol
Musik: Matthieu Chabrol
Kamera: Eduardo Serra
Besetzung: Nathalie Baye, Benoît Magimel, Suzanne Flon, Mélanie Doutey, Bernard Le Coq, Thomas Chabrol, Henri Attal

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Berlinale 2003 Goldener Bär Nominierung
Goya Awards 2004 Bester europäischer Film Nominierung

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In „Die Blume des Bösen“ nimmt sich Claude Chabrol seines Lieblingsthemas an und nimmt dabei genüsslich eine Familie der nach außen hin respektabel erscheinenden Bourgeoisie auseinander. Das hat dann nicht wirklich etwas Neues zu bieten, ist aber immer noch für sich genommen sehenswert genug.
7
von 10