Obwohl ich dich liebe Amour fou
© Caroline Dubois

Obwohl ich dich liebe

Inhalt / Kritik

Obwohl ich dich liebe Amour fou
„Obwohl ich dich liebe“ // Deutschland-Start: 20. Februar 2020 (Arte)

Rebecca (Clotilde Hesme) und Romain (Jérémie Renier) führen eine ruhige, harmonische Ehe. Nur eines fehlt den beiden zu ihrem Glück: ein gemeinsames Kind. So sehr sie es auch versuchen, irgendwie will das nicht so recht klappen. Dafür geht es bei Romains Bruder Mickaël (Finnegan Oldfield) und seiner Freundin Emilie (Majda Abdelmalek), die in einer Wohnung gegenüber wohnen, richtig rund. Der ist das genaue Gegenteil: aufbrausend, unbeherrscht, zudem dauernd in finanziellen Schwierigkeiten. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten bei dem Paar, weswegen Rebecca irgendwann den Verdacht äußert, Mickaël könnte Emilie sogar misshandeln. Als diese eines Tages spurlos verschwindet, befürchten sie das Schlimmste …

Liebe mit Abgründen

So richtig vielversprechend ist der Titel ja nicht. Obwohl ich dich liebe, das klingt nach irgendeiner Schmonzette, die Kitsch mit Romantik verwechselt und das Leben derart überzeichnet, bis nichts mehr davon wiederzuerkennen ist. Sonderlich realistisch ist die Arte-Serie tatsächlich nicht. Da kommt es schon zu ein paar Wendungen, die man erst einmal schlucken muss. Anders als man erwarten könnte, geht es hier aber nicht darum, tränenreich eine neue Beziehung aufzubauen. Stattdessen werden hier gleich zwei Paare dekonstruiert mit den Mitteln des Thrillers, werden Fassaden nach und nach kleingeschlagen, bis man nicht mehr weiß, wo vorne und hinten, oben und unten ist.

Dabei geht das Ganze noch vergleichsweise traditionell zu. Wenn es relativ zu Beginn wegen einer kompletten Banalität zu dem heftigen Streit zwischen Mickaël und Emilie kommt und Letztere spurlos verschwindet, dann ist das klassisches Genrematerial. Nicht nur an dieser Stelle verbeugt sich Regisseur Mathias Gokalp vor dem offensichtlichen Vorbild Alfred Hitchcock. Der Meister des Suspense hat auch anderweitig seine Spuren hinterlassen. Wenn etwas die Hauptfigur den Namen Rebecca trägt, dann kommt das nicht von ungefähr. Doch so klar die Verweise und Bezüge sind, so wenig bereitet das darauf vor, was sich hier in den drei jeweils knapp 50 Minuten langen Folgen so abspielt.

Ein Sprung durch die Zeit

Die auf Krimis spezialisierte französische Schriftstellerin Ingrid Desjours, die bei der Adaption ihres zugrundeliegenden Romans Tout pour plaire mithalf, hat eine recht ungewöhnliche Erzählstruktur verwendet. So springt Obwohl ich dich liebe mehrfach in der Zeit umher, ohne dass auf Anhieb klar würde, was da genau geschieht. Tatsächlich beginnt die zweite Folge mit einem, der einen verwirrt das Programm nachlesen lässt, ob es sich vielleicht um eine Anthologie handelt. Denn irgendwie fehlt da der Zusammenhang. Doch das ist Teil des Konzepts. Obwohl ich dich liebe verstreut scheinbar wahllos irgendwelche Puzzleteile, die auf Anhieb gar nicht zusammenpassen und auf einmal völlig andere Bilder entstehen lassen.

Zusammengehalten wird dies aber durch die starke Leistung des Hauptpaares. Clotilde Hesme (The Returned) mimt eine pflichtbewusste, verlässliche Ärztin, an der mehr dran ist, als man zunächst vermuten würde. Jérémie Renier (Der andere Liebhaber) wiederum darf einen sehr geradlinigen Mann spielen, der immer mehr in sich zusammenfällt. Auch die Beziehung selbst ist einer größeren Dynamik unterworfen. Was zunächst noch so klar erschien – das grundsolide Paar –, wird zu einer eigenartigen Mischung aus Liebe, Trauma und Schuld, bei der nicht immer klar getrennt werden kann, welches Gefühl nun echt ist und welches nur Fassade. Vor allem aber darf bei Obwohl ich dich liebe gerätselt werden, warum da wer wie handelt. Die Serie trägt im Original nicht grundlos den Titel Amour fou.

Überzogen, aber sehenswert

Das hängt zum Teil mit den angesprochenen Wendungen zusammen. Nicht alles davon ist wirklich gut nachzuvollziehen. Dafür stimmt aber die Spannung. Eben weil länger nicht klar ist, was da eigentlich gespielt wird und wer wozu imstande ist, darf man bis zum Schluss neugierig sein, worauf das alles hinausläuft. Dieser wird vermutlich nicht allen gefallen, da der zu erwartende Knall ausbleibt und man ein wenig mit allem alleingelassen wird. Doch auch wenn Obwohl ich dich liebe vielleicht nicht bis ins letzte Detail alles überzeugend zu Ende bringt und sich mit den Twists etwas überhebt, insgesamt ist die französische Serie sehenswert, schwankt zwischen tragisch und schockierend, wenn Skrupellosigkeit und Leid eng beieinander liegen.

Credits

OT: „Amour Fou“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Mathias Gokalp
Drehbuch: Ingrid Desjours, Florent Meyer, Mathias Gokalp
Vorlage: Ingrid Desjours
Musik: Flemming Nordkrog
Kamera: Christophe Orcand
Besetzung: Clotilde Hesme, Jérémie Renier, Finnegan Oldfield, Majda Abdelmalek, Adama Diop, Zéli Marbot

Bilder

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„Obwohl ich dich liebe“ erzählt von zwei auf den ersten Blick glücklich wirkenden Paaren, bis es zu einem Streit kommt und ein ungeheuerlicher Verdacht im Raum steht. Die französische Serie kombiniert dabei Drama und Mysterythriller, wenn nach und nach immer mehr Puzzleteile zusammenkommen. Glaubwürdig ist das nicht, gerade zum Schluss nehmen die Wendungen überhand. Die Spannung stimmt dafür.
7
von 10