The Father I Knew

The Father I Knew

Kritik

Krieg, Flucht und andere Ereignisse zerreißen immer wieder ganze Familien. Alleine 2015 haben wir weltweit Menschen aus Ländern wie Syrien dabei beobachtet, wie sie ihre Heimat hinter sich lassen mussten und den sehr beschwerlichen Weg nach Europa antreten mussten, nicht, weil sie es wollten, sondern weil es ihnen die Wirren des Bürgerkrieges abverlangten und die Lage in Syrien einen weiteren Aufenthalt nicht mehr zuließ. Ausgehend von den Familien, die nun durch den Krieg auseinanderbrachen, stellt sich auch die Frage, ob es die Möglichkeit eines Friedens gibt, einer Wiedervereinigung, egal, wie vage die Hoffnung darauf sein mag.

Während ihrer Recherche für ein anderes Projekt wurde die burmesische Regisseurin Aye Chan mit einem ähnlichen Schicksal konfrontiert. 2017 traf sie auf Frauen, deren Familie während des Bürgerkrieges der 1980er Jahre auseinandergerissen wurde und hörte ihre Geschichte über die damaligen Ereignisse, die zum Verschwinden des Familienoberhauptes beitrugen und ob sie noch die Hoffnung haben, irgendwann einmal wieder mit diesem vereint zu sein. Entstanden ist dabei die Kurzdokumentation The Father I Knew, die nun auf dem Filmschoolfest München zu sehen ist, eine Geschichte, die nicht nur von Krieg und Gewalt erzählt, sondern auch, wie Aye Chan in ihrem Regiestatement sagt, von der Hoffnung auf eine Veränderung zum Guten in ihrer Heimat.

Eine Spurensuche
Anhand der Aussagen der übrigen Familienmitglieder, von Fotos und anderem Archivmaterial begibt sich Aye Chan, zusammen mit dessen Tochter und Ehefrau, auf die Suche nach einem Mann, der im Jahr 1988, inmitten des Bürgerkrieges und der Studentenunruhen, vermisst ging. Aus Furcht vor Repressalien seitens des Staates versteckte er sich mit mehreren Gefährten im Dschungel, wo er eines Tages einfach verschwand und bis heute spurlos verschwunden ist. Über die individuelle Geschichte geht Aye Chan über zu der Geschichte ihrer Heimat, einer, die sinnbildlich für die Narrative so vieler Familien steht, in deren Reihen Väter, Brüder, Tanten oder Schwestern in den Wirren der Unruhen verschwunden sind oder sie dem Regime zum Opfer fielen.

Ayes Mittel ist die Recherche, die Spurensuche, die über das gesammelte Material entsteht. Der Zuschauer wird Zeuge, wie die Geschichte eines Mannes erzählt wird, eines Vaters, Ehemanns und Studentenführers. Die Entscheidung für die Verantwortung für die Gesellschaft und das Land, welches er so liebte, spiegelt sich in der Gegenwart der Familie, die sich im Zuge ihrer Suche nun selbst für die Verpflegung Flüchtiger einsetzen. Am Ende scheint die Suche nach dem Vater die Familie näher zu ihm gebracht zu haben, zu dem, was ihm am wichtigsten war und damit zu dem Vater, den sie kannten, wie es der Titel des Films impliziert.

Credits

OT: „The Father I Knew“
Land: Myanmar, Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Aye Chan
Kamera: Moe Kyaw Thu



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„The Father I Knew“ erzählt eine Geschichte über eine durch den Krieg zerrissene Familie, die über die Suche nach dem Vater dessen Idealen immer näher kam. Aye Chan gelingt eine faszinierende, Mut machende Geschichte über Hoffnung und Menschlichkeit.