Ach du lieber Harry
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Ach du lieber Harry

Kritik

Ach du lieber Harry
„Ach du lieber Harry“ // Deutschland-Start: 26. Februar 1981 (Kino) // 28. August 2020 (DVD/Blu-ray)

Harry App (Dieter Hallervorden) ist Privatdetektiv mit Leidenschaft, nur leider ohne Klienten. Da kommt die Seniorin Anni Rose (Lisa Helwig) mit ihrem Auftrag gerade recht: Mister Theo soll in die Schweiz eskortiert werden. Bei Mister Theo handelt es sich in der Tat um ein hohes Tier, schließlich hat er gute Chancen, die in Lausanne stattfindende Rasseschau für Zuchtkaninchen zu gewinnen. Bereits die Zugfahrt gestaltet sich jedoch chaotisch, vor allem als die als Priester verkleideten Gangster Paul (Jacques Marin) und Benno (Manfred Lehmann) in Erscheinung treten. Und welchen Plan verfolgt eigentlich die geheimnisvolle Jane (Iris Berben), die immer wieder mit Harry kollidiert?

Wer im Fernsehen Erfolg hat, der wird früher oder später den Sprung auf die große Leinwand tätigen. Insbesondere, wenn es sich um einen Komiker handelt. Das kann zwar durchaus funktionieren, ist meist aber nur eine ausgearbeitete Wiederverwertung des bereits vorhandenen Repertoires; eines der bekanntesten Beispiele hierfür dürfte sicher Otto – Der Film sein. Dieter Hallervorden war zwar seit 1968 immer wieder im Fernsehen zu sehen und spielte bereits in zwei 1969 erschienenen Kinofilmen die Hauptrolle, sein Durchbruch erfolgte allerdings erst im Jahre 1975 mit der Serie Nonstop Nonsense. Als diese 1980 endete, ließ Ach du lieber Harry nicht lange auf sich warten. Entgegen der eingangs angesprochenen „Tradition“ wurden hier allerdings keine alten Sketche recycelt; mit Harry App wurde eine eigenständige Figur kreiert. Lediglich die Art der Witze, insbesondere eine (ziemlich überflüssige) Sequenz des Grimmasseschneidens, erinnert des Öfteren an den Kulthit, welcher Didi berühmt machte.

Die (missverstandene) Sprache der Komik
Ach du lieber Harry vergeudet keine Zeit bei der Einführung des Titelhelden. In wenigen Minuten wird dem Zuschauer so gut wie alles an die Hand gegeben, was es über Harry App zu wissen gibt. Viele Worte sind dafür nicht nötig, der überwiegende Teil wird gekonnt durch entsprechende Bilder vermittelt. Wer nun aber einen durchgängig flotten Film erwartet, der wird im Laufe desselben leider enttäuscht. Das Pacing verliert zunehmend an Effizienz, immer wieder, immer häufiger drängen sich Längen auf; das Timing der Gags verliert teilweise an Präzision. Das mag unter anderem auch damit zusammenhängen, dass mit Jean Girault (Balduin, der Geldschrankknacker) ein Franzose für den Regiestuhl verpflichtet wurde. Ein Franzose, der kein Deutsch sprach, und der ein Ensemble führen musste, welches kaum Französisch sprach. Was sich die Bavaria bei dieser Entscheidung gedacht hat, ist klar: Girault war bekannt für seine Filme mit Louis de Funès und sollte dem Werk die Tür zum französischen Markt öffnen. Der Plan ging nur leider überhaupt nicht auf, die Tür blieb zu. Es war sicher auch nicht besonders hilfreich, dass das französische und das deutsche Team während der ersten Drehtage mit einer eigenen, von der jeweils anderen abweichenden Drehbuchfassung arbeiteten.

Das Schauspiel schwankt dann auch dementsprechend. Didi selbst und Lisa Helwig glänzen; Synchronsprecherlegende Manfred Lehmann hat sich nichts vorzuwerfen, was nicht dem Drehbuch oder der Regie geschuldet wäre. Der Franzose Marin (welcher Girault wohl in seiner Eigenschaft als Dietrich unterstützen sollte) spielt als wäre er in einem Funès-Film, was leidlich zum Ton von Ach du lieber Harry passt; er wurde von Klaus Schwarzkopf auf Deutsch nachsynchronisiert, weshalb auch alle anderen Schauspieler in Marins Szenen sich selbst nachsynchronisieren mussten, was jeweils einen deutlichen Bruch zum restlichen Film darstellt. Die Geschichte selbst ist passabel und der trotz aller Widrigkeiten niemals aufgebende Harry App wird im Laufe des Films (von einigen übergriffigen Ausnahmen abgesehen) immer sympathischer. Allein es bleibt der fahle Beigeschmack, dass das Drehbuch, die Schauspieler – kurz: der Film – von einem passenderen Regisseur deutlich profitiert hätten. Wenn auch der internationale Markt anfangs verwehrt blieb, so gehörte Ach du lieber Harry zu Hallervordens Glück im Erscheinungsjahr 1981 zu den erfolgreichsten Kinofilmen in Deutschland, weshalb alsbald weitere folgen sollten.

Credits

OT: „Ach du lieber Harry“
Land: Deutschland
Jahr: 1981
Regie: Jean Girault
Drehbuch: Jean Girault, Ralf Gregan, Dieter Hallervorden, Jacques Vilfrid
Musik: Hermann Weindorf
Kamera: Hermann Gruber
Besetzung: Dieter Hallervorden, Iris Berben, Jacques Marin, Manfred Lehmann, Lisa Helwig

Bilder

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„Ach du lieber Harry“ ist eine harmlose Komödie, deren Drehbuchpotenzial nicht ausgeschöpft wurde. Unstimmigkeiten sowie Verständigungsprobleme zwischen Regisseur und Darstellern machen sich mehr als einmal bemerkbar, ohne jedoch ernsthaft etwas zu ruinieren.
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von 10