Das dunkle Paradies
© ZDF/Alfons Kowatsch

Das dunkle Paradies

Kritik

Das dunkle Paradies
„Das dunkle Paradies“ // Deutschland-Start: 24. August 2020 (ZDF)

Als Postenkommandantin Franziska Heilmayr (Stefanie Reinsperger) den Anruf erhält, dass eine Edel-Prostituierte ermordet wurde und Roland Teichtner (Wolfgang Rauh) der Hauptverdächtige ist, zögert sie nicht lange und bringt sich in die Ermittlungen ein. Der leitende Kommissar Martin Merana (Manuel Rubey) ist über den Eifer nicht so wirklich begeistert, zumal sie dabei immer mal wieder Grenzen überschreitet. Was er nicht ahnt: Heilmayr tut dies aus persönlichen Gründen, ist sie doch mit Annie Lichtauer (Andrea Wenzl) liiert, der Schwester des Verdächtigen. Und er ist nicht der Einzige, der nichts davon weiß, denn die Polizistin bringt es einfach nicht übers Herz, ihren konservativen Eltern von ihrer Bisexualität zu erzählen …

Anders ist schwierig
Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten natürlich einiges getan hat in Hinblick auf Gleichstellung und gesellschaftlicher Akzeptanz von Homo- bzw. Bisexuellen, tatsächlich einfach ist es noch immer nicht. Zu groß ist nach wie vor der Druck, einer Norm zu entsprechen, nicht anders zu sein. Zu groß die Angst vor den Reaktionen der anderen. Wobei es natürlich enorme Unterschiede gibt, von Land zu Land, selbst innerhalb eines Landes kann an einem Ort problematisch ist, was woanders schon niemanden mehr interessiert. Das zeigt ein Blick auf Zell am See, einer kleinen österreichischen Stadt, wo es – zumindest nach Das dunkle Paradies – noch sehr viele Vorbehalte und Vorurteile gibt.

Wobei Regisseurin und Co-Autorin Catalina Molina in dem TV-Krimi allgemein eine Gesellschaft beschreibt, die von Vorurteilen geprägt ist, von dem schönen Schein. Im Fall von Teichtner reicht es beispielsweise aus, dass er eine kriminelle Vorgeschichte hat, um ihn gleich zu Beginn auf spektakuläre Weise festnehmen zu lassen. Und auch wenn die Indizienlage nicht so wahnsinnig viel hergibt, er passt als Täter schon zu gut, als dass man ihn so einfach laufen lassen würde. Heilmayrs Leben ist hingegen vor allem im Privaten beeinträchtigt, was ebenfalls früh klar gemacht wird. In Das dunkle Paradies ist man in erster Linie damit beschäftigt, irgendwen unter die Haube zu bekommen, über andere herzuziehen und dabei gemütlich Kuchen zu mampfen.

Der Morast hinter der Idylle
Das dunkle Paradies funktioniert dann auch am besten als eine Art Gesellschaftsporträt. Wie der Titel bereits verrät geht es hier um den Unterschied zwischen Sein und Schein, zwischen einer idyllischen, teils schicken Fassade und dem Morast, der sich dahinter befindet. Da wird gelogen ohne Ende, um irgendwie diese Fassade aufrecht zu erhalten. Man schreckt aber auch vor weitergehenden Maßnahmen nicht zurück, wie sich gegen Ende zeigt. Dass Teichtner nicht der Täter ist, davon kann man von Anfang an ausgehen, sonst gäbe es ja keine Geschichte zu erzählen. Der Film lässt einen aber lange im Dunkeln, was wirklich gespielt wurde, auch weil ein großer Fokus eben auf Heilmayrs verschlepptem Coming-out liegt. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass man als Krimifan nicht unbedingt die Reise nach Österreich antreten muss.

Das dunkle Paradies schafft es zwar, sowohl die persönlichen wie auch die kriminologischen Aspekte stimmig miteinander zu verbinden – viele Krimis stülpen das Drama dann doch nur irgendwie über –, vernachlässigt aber, dem Publikum auch ein paar echte Ansatzpunkte mitzugeben, um selbst grübeln zu können. Klar will man als Zuschauer wissen, wer denn nun wirklich dahintersteckt. Aber auch wenn die Ermittlungen kontinuierlich weitergehen, es kommt irgendwie nie was dabei raus, mit dem man etwas anfangen könnte. Entsprechend plötzlich kommt dann das Ende, das einen vor vollendete Tatsachen stellt. Bei der Figurenzeichnung wäre ebenfalls mehr schön gewesen. Der innere Konflikt von Heilmayr ist so dominant, dass für andere Charaktereigenschaften kein Platz ist, weder bei ihr, noch bei den anderen. Gerade Merana wird, obwohl eine Hauptfigur, so schwach umrissen, dass man keinen echten Eindruck von ihm gewinnt. Das ist insgesamt solide, aber doch etwas frustrierend – vor allem nach dem edlen kameratechnischen Einstieg, der sehr viel mehr erwarten ließ.

Credits

OT: „Das dunkle Paradies“
Land: Österreich
Jahr: 2019
Regie: Catalina Molina
Drehbuch: Catalina Molina, Sarah Wassermair
Musik: Patrik Lerchmüller
Kamera: Klemens Hufnagl
Besetzung: Stefanie Reinsperger, Manuel Rubey, Andrea Wenzl, Wolfgang Rauh, Ulrike Beimpold, Peter Strauss

Bilder

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In „Das dunkle Paradies“ ermittelt eine Polizistin auf eigene Faust im Fall eines Mordes an einer Prostituierten, während sie zeitgleich mit ihrem Coming-out zu kämpfen hat. Der TV-Film schafft es, Drama und Krimi prinzipiell stimmig zu verbinden. Das funktioniert jedoch besser als Gesellschaftsporträt, Hobby-Detektive bekommen hier zu wenig.
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von 10